Sintflut
taugt.«
»Hören Sie die Hufschläge? Sie kommen zurück, sie werden wohl die Schweden besiegt haben.«
»Und was, wenn das nicht die unsrigen sind? Soll ich ihnen nicht entgegenreiten?«
Pan Zagloba nahm seine Pistole zur Hand und ritt dem Dorfe zu. Bald sah er eine dunkle Masse auf sich zukommen. Die Soldaten an der Spitze unterhielten sich laut, er hörte Pan Michails Stimme:
»Großartige Kerle! Ich weiß nicht, wie die Infanterie ist, aber ihre Reiterei ist prächtig!«
Zagloba gab seinem Pferde die Sporen.
»Nun, wie? was? Ich brannte schon vor Ungeduld, und wollte euch am liebsten zur Hilfe eilen! Ist niemand verwundet?« rief er den Ankommenden entgegen.
»Alles gesund, Gott sei Dank!« antworte Pan Michail. »Aber zwanzig Soldaten haben wir doch verloren.«
»Und die Schweden?«
»Fast alle getötet!«
»Haben Sie viele Gefangenen mit sich?«
»Einen Rittmeister und sieben Soldaten.«
»Und was wollen Sie mit ihnen tun?«
»Ich will sie aufknüpfen lassen, weil sie wie Raubmörder ein armes Dorf überfallen und die Einwohner niedergemetzelt haben; aber Jan rät, es nicht zu tun.«
»Hört nur, was mir eingefallen ist. Wir wollen sie nicht hängen, sondern sie sich nach allen vier Seiten zerstreuen lassen.«
»Und warum das?«
»Bisher kennt Ihr mich nur als Soldaten, jetzt sollt Ihr mich auch als Diplomaten kennen lernen. Die Schweden lassen wir laufen und sagen ihnen, wir seien Anhänger Radziwills und hätten auf Befehl des Hetman gehandelt, und würden mit allen Schweden, denen wir begegnen, ebenso verfahren; denn der Hetman sei nur zum Schein auf die Seite der Schweden getreten. Auf diese Weise werden wir den Kredit des Hetman erschüttern, das wird ein Schreckschuß nach zwei Seiten sein. – Birze ist von Kiejdane weit entfernt, und die Sache wird sich nicht so bald aufklären. Wir veruneinigen die Verräter mit den Raubmördern, Panowie, und die Republik wird daraus den Vorteil ziehen.«
»Der Rat ist gut,« sagte Stankiewicz.
»Natürlich muß es so gemacht werden,« fügte Pan Michail hinzu. »Ich werde sie morgen früh frei lassen; denn heute bin ich furchtbar ermüdet und will von nichts mehr wissen. Der Offizier könnte so wie so nicht reiten, er ist ja im Gesicht verwundet.«
»Wie aber werden wir uns mit ihnen verständigen?« fragte Skrzetuski.
»Ich habe schon daran gedacht. Kowalski sagte mir, daß unter seinen Leuten zwei Preußen wären. Die werden den Schweden das alles auseinandersetzen. Soviel deutsch werden sie schon verstehen, sie waren ja mehrere Jahre in Deutschland. Kowalski ist uns übrigens sehr ergeben; er wird uns noch gute Dienste leisten.«
»Gut,« sagte Wolodyjowski, »so soll einer von euch das übernehmen. Ich bin jetzt für nichts mehr zu gebrauchen. Wir werden bis morgen hier im Walde bleiben, Essen wird man uns aus dem Dorfe herbringen, und jetzt laßt uns schlafen!«
»Nicht weit von hier steht eine Miete,« sagte Zagloba. »Gehen wir hin und legen uns dort schlafen. – In diesen Wald kommen wir erst dann wieder, wenn wir mit Pan Sapieha gegen Radziwill losziehen.«
5. Kapitel.
In Litauen wütete der innere Krieg und machte das Unglück des Landes voll, das schon unter dem Überfall zweier Feinde litt.
Das litauische reguläre Heer, schon so wie so nicht groß an Zahl, zerteilte sich in zwei Lager. Ein Teil, und zwar zumeist die ausländischen Truppen, blieben Radziwill treu. Der andere erklärte den Fürsten für einen Verräter und protestierte mit den Waffen in der Hand gegen das Bündnis mit den Schweden. So herrschte in ganz Litauen ein furchtbarer Wirrwarr. Radziwill, der sich in seinen Hoffnungen, in betreffs des Heeres, arg getäuscht sah, entschloß sich, die Regimenter mit Gewalt zum Gehorsam zu zwingen.
Pan Wolodyjowski befand sich nach dem Gefechte beim Dorfe Klawany in Poniewiez, als zu ihm die Nachricht drang, daß die Banner von Mirski und Stankiewicz völlig vernichtet seien. Einen Teil dieser Banner hatte Radziwill mit Gewalt seinem Heere einverleibt, andere hatte er niedermetzeln lassen, und wieder andere liefen in alle Welt zerstreut als Flüchtlinge umher. Sie verbargen sich in Wäldern und Dörfern, vor der Rache und Verfolgung des Hetman Schutz suchend.
Täglich vermehrte sich Pan Michails Banner durch solche Flüchtlinge, die allerlei Nachrichten mit sich brachten. Die wichtigste war die von der Meuterei der regulären Truppen, die in Podlachien um Bialystok und Tykocin standen. Diese Truppen, die nach der Besetzung
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