Sintflut
Wilnas durch die Moskowiter die Grenzen der Kronprovinzen schützen sollten, schlossen, sobald sie vom Verrate des Hetman hörten, eine Konföderation, an deren Spitze die beiden Obersten Horotkiewicz und Jacob Kmicic standen. Dieser letztere war ein Onkel des treuesten Parteigängers Radziwills, Andreas Kmicic, dessen Namen man überall mit Haß und Abscheu aussprach; denn er trug die Hauptschuld an dem Untergange der Banner Mirskis und Stankiewicz', da er alle Gefangenen erbarmungslos hatte erschießen lassen. Der Hetman vertraute ihm blindlings und hatte ihn auch gegen das aufständische Banner Niewiarowskis entsandt.
Angesichts dieser Lage berief Pan Wolodyjowski seine Kameraden zu einer Beratung zusammen.
»Was meint ihr, Panowie, wenn wir jetzt anstatt zum Witebsker Wojewoden zu marschieren, nach Podlachien zu den Konföderierten gehen würden?«
»Sie haben mir das sozusagen aus dem Munde genommen,« meinte Zagloba.
Auch Oskierka und Stankiewicz pflichteten diesem Vorschlage bei.
»Es ist keine leichte Sache,« sagte der kleine Ritter. »Um nach Podlachien zu gelangen, müssen wir direkt an der Nase des Hetman vorbeischlüpfen, aber wir wollen es trotzdem versuchen.«
Pan Wolodyjowski hatte recht geurteilt; es war durchaus nicht so einfach, nach Podlachien zu kommen. Die Straßen und Waldwege, Dörfer und Städte ringsherum waren von den Truppen Radziwills besetzt. Unweit von Kiejdane stand Kmicic mit einem Teile der Infanterie und Artillerie. Der Hetman, der schon von der Flucht der Obersten, dem Abfall des Wolodyjowskischen Banners und von dem Gefecht bei Klawany gehört hatte, erstickte fast vor grimmigem Zorn gegen die aufrührerischen Anführer. Und er hatte Grund genug, verzweifelt zu sein. Dieses unselige Gefecht hatte ihn in eine äußerst unangenehme Situation gebracht. Denn die Bauern und die Schlachta, ermutigt durch Wolodyjowskis Sieg, fingen an, kleine schwedische Abteilungen abzufangen und zu vernichten. Und all dieses Unheil schrieben die Schweden auf Radziwills Rechnung. Der Fürst erhielt vom Kommandanten von Birze einen unwilligen Brief, und einige Tage später schrieb ihm Paulus de la Gardie, der Höchstkommandierende der schwedischen Armee, folgende Zeilen:
»Entweder haben Euer Durchlaucht wirklich keine Macht und Bedeutung, oder Sie wollen verräterischerweise das königliche Heer ins Verderben stürzen. Wenn dem so ist, so werden Sie bald hart bestraft werden, es sei denn, daß Sie schnell durch treue Dienste Ihre Schuld gutmachen und Ihre Ergebenheit beweisen.«
Radziwill schickte sofort einen Boten mit einer Erklärung zum schwedischen Kommandanten; aber die Eigenliebe des stolzen Magnaten war stark verletzt. Er, dessen Wort noch unlängst Gesetz für dieses Land war, der sich dem Monarchen ebenbürtig erachtete, mußte jetzt Drohungen und Belehrungen über sich ergehen lassen. Die ganze Fülle seines Zornes richtete sich gegen die Urheber dieser Demütigung, gegen Wolodyjowski und seine Kameraden. Er schwor sie zu vernichten, und begann sie rastlos zu verfolgen.
Als der Fürst hörte, daß Kmicic das Banner Niewiarowskis vernichtet und einen Teil der Gefangenen in sein Banner einverleibt hatte, forderte er ihn auf, ihm sofort einen Teil seiner Soldaten nachzuschicken.
»Die Obersten,« so schrieb er, »für deren Rettung du so gebeten, sind während ihrer Verschickung nach Birze entflohen. Diesen Treulosen werde ich es verdanken, wenn meine ganze Sache verloren geht. Hättest du sie nicht beschützt, so hätte ich sie, bei Gott, alle köpfen lassen.
Nun müssen wir unsere Barmherzigkeit schwer büßen. Zwar hoffe ich, daß ich sie bald einfangen und der gerechten Strafe ausliefern werde. – Da Gerüchte zu mir gedrungen sind, daß sich die Schlachta in Billewicze beim Rosiener Miecznik versammelt und eine Verschwörung gegen uns anzettelt, so ist es Zeit, daß du dich mit einigen Dragonern nach Billewicze begibst und den Miecznik nebst seiner Verwandten hierher holst. Wenn ich die in Händen habe, so ist mir das ganze Laudagebiet sicher, das nach Wolodyjowskis Beispiel zu rebellieren anfängt. Schicke mir die Kavallerie her, die Infanterie lasse zum Schutze des Schlosses in Kiejdane. – Dir stets wohlgeneigt bleibend, empfehle ich dich der Gnade Gottes.«
Als Kmicic den Brief gelesen hatte, war er sehr froh, daß es den Obersten gelungen war, sich aus den Händen der Schweden zu befreien.
Er führte alle Befehle des Fürsten aus und ließ vor seiner Abreise nach
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