Sintflut
wollte durch einen Hieb den Gegner vom Pferde stürzen, aber Pan Wolodyjowski zog mit Blitzesschnelle einen Halbkreis mit seinem Säbel, und das Rapier des Schweden flog in die Luft. Der Offizier bückte sich, um aus seiner Satteltasche die Pistole herauszuholen, aber im Gesicht verwundet, ließ er die Zügel fallen.
»Leben lassen und gefangen nehmen!« rief Wolodyjowski den Butryms zu.
Die beiden bemächtigten sich des Offiziers, und der kleine Oberst kämpfte weiter mit anderen Schweden. Der größere Teil mußte der in der Fechtkunst erfahrenen Laudaer Schlachta weichen. Viele übergaben den Laudaern ihre Rapiere und warfen mit dem Rufe »Pardon!« ihre Waffen zu Boden.
So endigte der erste Zusammenstoß der Litauer mit den Schweden. –
Während dieser Zeit mußte Pan Zagloba, der im Birkenwäldchen neben dem Wagen, in dem Pan Roch lag, Wache hielt, die bittersten Vorwürfe über sich ergehen lassen.
»Sie haben mich ins Verderben gestürzt, Onkel. – In Kiejdane erwartet mich der Tod, und mein Name wird auf ewige Zeiten geschändet sein. Von nun an wird man jeden Dummkopf »Roch Kowalski« heißen.«
»Und glaube mir, es wird sich kaum jemand finden, der dem widersprechen wird,« entgegnete Zagloba. »Der beste Beweis deiner Dummheit ist dein Erstaunen darüber, daß du dich von mir hast an der Nase herumführen lassen, von mir, der ich mit dem Chan der Krim wie mit einer Puppe spielte. Was hast du dir denn eigentlich gedacht, Unglücklicher? Glaubtest du, daß ich dir gestatten würde, uns nach Birze zu bringen, in den Rachen der Schweden, – uns, die größten Männer der Republik?«
»Ich habe sie doch nicht aus eigenem Antriebe hingefahren!«
»Aber du warst ein Henkersknecht, pfui! eine schimpfliche Rolle für einen Edelmann.«
»Ich habe dem Hetman gedient.«
»Und der Hetman – dem Teufel! Da hast du es! Du bist dumm, Roch, merke dir das ein für alle Male. Tritt niemals in Diskussionen ein. So du dich aber an meinen Rockschößen halten wirst, so wirst du Karriere machen. Auf diese Weise ist schon mehr als einer ein vernünftiger Mensch geworden.«
Von der Ferne her ertönten Schüsse herüber: die Schlacht im Dorfe hatte begonnen.
»Dort ist Pan Michail schon bei der Arbeit,« sagte Pan Zagloba. »Er ist nur klein, aber bissig wie eine Schlange. Er wird diese überseeischen Teufel aushülsen wie Erbsen. Ich möchte wohl gerne dabei sein; aber deinetwegen muß ich hier sitzen und dem Widerhall des Kampfes untätig zuhören. Das ist deine Dankbarkeit! Ziemt es sich, einen alten Verwandten so zu behandeln?«
»Und wofür sollte ich denn dankbar sein?«
»Dafür, daß es dem Verräter nicht gelungen ist, dich wie einen Stier einzuspannen, obwohl du dich dazu am allerbesten eignest; denn du bist dumm und stark, verstehst du? He? Dort hinten, da entbrennt der Kampf immer hitziger, hörst du? Dort brüllen die Schweden wie Kühe auf der Weide.«
Plötzlich blickte Zagloba Pan Roch durchdringend an und fragte ihn:
»Wem wünschest du den Sieg?«
»Natürlich den unsrigen!«
»Siehst du, und warum nicht den Schweden?«
»Weil ich es vorziehen würde, sie zu bekämpfen. Die unsrigen bleiben eben die unsrigen.«
»Hm, in dir erwacht das Gewissen. – Wie aber wolltest du deine Stammgenossen den Schweden ausliefern?«
»Ich habe doch den Befehl erhalten.«
»Aber jetzt hast du keinen solchen Befehl mehr.«
»Jetzt nicht.«
»Dein Vorgesetzter ist jetzt Pan Wolodyjowski.«
»Wieso denn eigentlich?«
»Nun, du mußt doch jetzt den Befehlen Pan Wolodyjowskis gehorchen.«
»Gut.«
»Er wird dir zu allererst befehlen, dich von Radziwill loszusagen und dem Vaterlande zu dienen.«
»Wieso denn?« wiederholte Pan Roch und kratzte sich am Hinterkopf.
»Weil er's befiehlt,« schrie Zagloba ihn an.
»Ich gehorche,« antwortete Pan Roch.
»Gut also, du wirst bei der ersten Gelegenheit die Schweden verhauen!«
»Befehl ist Befehl,« entgegnete Pan Kowalski und holte tief Atem, als wenn er sich von einer ungeheuren Last befreit fühlte.
Zagloba war auch zufrieden; denn er hatte mit dem Pan Roch seine besonderen Absichten. Sie begannen dem zu ihnen dringenden Schall des Gefechtes zu lauschen, bis alles still wurde.
Zagloba wurde immer unruhiger.
»Was, wenn man sie geschlagen hat?«
»Sie, Onkel, ein alter Soldat, und sagen solche Torheiten. Hätte man sie geschlagen, so würden sie vereinzelt zurückkommen.«
»Das ist wahr, Roch. Ich merke, daß auch dein Geist zu etwas
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