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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Billewicze Wälle zum Schutze des Schlosses und der Stadt aufwerfen.
    Während dessen setzte der Hetman die Verfolgung der entflohenen Obersten fort. Wolodyjowski und seine Soldaten befanden sich in einer höchst bedenklichen Lage: Aus Birze zogen ihnen große Abteilungen schwedischer Truppen entgegen; im Osten standen die Regimenter des Zaren, und auf der Kiejdaner Straße wartete ihrer der Hetman.
    Pan Zagloba war sehr unzufrieden und wandte sich stündlich an Wolodyjowski mit der Frage:
    »Wie wird es werden? – Werden wir uns durchschlagen oder nicht?«
    »Daran kann kein Gedanke sein!« antworte Wolodyjowski. »Sie wissen, ich bin kein Feigling und nehme es selbst mit dem Teufel auf, aber gegen den Hetman können wir nicht aufkommen. Ich werde alles tun, um uns aus dieser Lage herauszubringen, kommt es aber zum Kampfe, so sind wir verloren.«
    »Und dann wird er uns aufknüpfen und den Hunden vorwerfen lassen. – Wäre es nicht ratsamer, uns jetzt zu dem Pan Sapieha zu begeben?«
    »Dazu ist es schon zu spät; die Schweden versperren uns den Weg.«
    Pan Michail aber verlor trotzdem nicht die Hoffnung. Die Schlachta und die Bauern der Umgegend trugen ihm alle Bewegungen des Hetman zu, denn sie waren alle gegen den Fürsten aufgebracht. Der kleine Oberst hoffte, sich und die Soldaten durch eine Kriegslist zu retten. Als Kmicic' Reiterei noch die Truppen des Hetman verstärkte, war für Wolodyjowski kein Entrinnen mehr möglich. Er befand sich inmitten eines Halbkreises, den die feindlichen Truppen um ihn gezogen hatten, und der auf der anderen Seite durch einen Fluß begrenzt wurde. Immer enger zog sich die feindliche Armee um ihn zusammen, deren Zentrum der Hetman selbst anführte. Da verhinderte ein Orkan und ein furchtbarer Gewitterregen bei hereinbrechender Nacht den weiteren Vormarsch des Hetman.
    Am anderen Morgen, als der kaum dämmernde Tag die Gegend etwas beleuchtete, setzten sich die fürstlichen Truppen wieder in Bewegung. Sie gelangten an den Fluß und blieben starr vor Staunen stehen.
    Pan Wolodyjowski und seine Soldaten waren wie vom Erdboden verschwunden. Auf der ganzen umliegenden Wiese, die spärlich mit Gestrüpp bedeckt war, sah man keine lebende Seele. Der Hetman selbst geriet außer sich; ein Unwetter ergoß sich über die Offiziere, die das Flußufer zu bewachen hatten. Und Fürst Radziwill bekam einen seiner gefürchteten Asthma-Anfälle, die stets seinem Leben ein Ende zu setzen drohten. – Aber was half's, Wolodyjowski und sein Banner waren verschwunden. – Es stellte sich heraus, daß sie die Nacht und den Gewittersturm benutzt hatten und solange stromabwärts geschwommen waren, bis sie den rechten Flügel des Radziwillschen Heeres umgehen konnten.
    Aus den hinterlassenen Spuren sah der Fürst, daß der kleine Ritter die Richtung nach Kiejdane eingeschlagen hatte, und er schloß daraus, daß er sich mit Horotkiewicz und Jacob Kmicic vereinigen werde.
    »Würde Wolodyjowski an Kiejdane vorbeiziehen, ohne die Stadt anzuzünden und das Schloß zu plündern?«
    Eine schreckliche Furcht für das Schicksal Kiejdanes schnürte das Herz des Fürsten zusammen: Der größte Teil seiner Geldmittel und Preziosen befand sich in Kiejdane. Auf jeden Fall mußte er eilen, Kiejdane zu retten. In rasender Hast stürmte der Fürst an der Spitze seiner Truppen nach Kiejdane zu.
    Als er dort anlangte, fand er zwar Kmicic nicht mehr vor; aber er sah mit Freuden die aufgeworfenen Schanzen und die aufgestellten Kanonen, die bei einem Überfall dem Schlosse einen großen Schutz gewähren mußten. Er besichtigte alles in Begleitung Ganchoffs und äußerte sich sehr zufrieden über Kmicic:
    »Ohne meinen Befehl hat er dieses Schloß verschanzt, daß es gut eine Zeitlang einem Artillerieangriff standhalten kann. Wahrlich, wenn dieser Mensch sich nicht früh das Genick bricht, so wird er es noch weit bringen.«
    Und noch einen gab es, dem der Fürst widerwillig und mit verhaltener Wut seine Bewunderung nicht versagen konnte. Dieser Mann war Pan Michail Wolodyjowski.
    »Ich würde diese Rebellion schnell im Keime erstickt haben, wenn mir auch dieser Wolodyjowski treu geblieben wäre,« sagte er zu Ganchoff. »Kmicic ist vielleicht geschickter, aber er hat nicht die Erfahrung. Jener war in der Schule Jeremias und hat die Kämpfe mit den Kosaken und Tataren mitgemacht.«

6. Kapitel.
    Nachdem Kmicic Kiejdane befestigt und vor einem unerwarteten Überfall genügend gesichert hatte, konnte er seine Fahrt nach

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