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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Schenke geboren war und mich als zu reich und vornehm erachtete. Im Grunde aber glaube ich, daß sie sich nur ihre Freiheit wahren wollte, damit ich ihr Freund bleibe.

    4

    Am folgenden Tag wurde ich in dem goldenen Haus von der Königinmutter erwartet, die ganz Theben bereits so unzweideutig Zauberin und Negerhexe schimpfte, daß jeder wußte, wer mit dieser Bezeichnung gemeint war. Ich glaube auch, daß sie trotz ihrer Klugheit und ihren Fähigkeiten diesen’Namen verdiente; denn sie war eine grausame und ränkesüchtige alte Frau, und die große Macht, die sie besaß, hatte alles Gute in ihr abgetötet. Doch als ich mich an Bord meines Schiffes in königliches Linnen gekleidet und alle Abzeichen meiner Würde angelegt hatte, kam meine Köchin Muti aus dem einstigen Hause des Kupferschmiedes gelaufen und sprach zornig zu mir:
    »Gesegnet sei der Tag, der dich nach Hause brachte, Herr. Aber ist das ein Benehmen, die Nacht in Freudenhäusern herumzulungern und nicht einmal zum Frühstück heimzukommen, obwohl ich mir deinetwegen viel Mühe mit dem Kochen gegeben habe und die ganze Nacht aufgewesen bin, um zu backen, zu braten und träge Sklaven mit dem Stock zu schlagen, damit sie mit dem Aufräumen vorwärtsmachten, so daß mein rechter Arm vor Ermüdung schmerzt? Ich bin eine alte Frau und glaube nicht mehr an die Männer; dein Benehmen gestern abend und in der Nacht und heute morgen ist nicht dazu angetan, mir eine bessere Meinung von ihnen beizubringen. Mach, daß du nach Hause kommst, um das Frühstück, das ich dir bereitet habe, zu verzehren, und bring meinetwegen das Weib mit, wenn du keinen einzigen Tag mehr ohne dieses leben kannst!«
    So schwatzte sie, obwohl ich wußte, daß sie Merit sehr verehrte und bewunderte. Es war nun einmal so ihre Art, und ich hatte mich schon einst als Armenarzt im früheren Haus des Kupferschmiedes so sehr daran gewöhnt, daß ihre Sticheleien jetzt süß in meinen Ohren klangen und ich mich wieder zu Hause fühlte. Deshalb folgte ich ihr gern und sandte auch einen Boten in den »Krokodilschwanz«, um Merit holen zu lassen; und während Muti sich neben meiner Sänfte vorwärts schleppte, murrte sie immer noch:
    »Ich habe wahrlich geglaubt, du seist jetzt ein gesetzter Mann und hättest ein anständiges Leben zu führen begonnen, seitdem du bei den Königlichen wohnst. Aber nach allem hast du nichts gelernt, sondern bist noch ebenso zügellos wie früher, obgleich ich gestern Ruhe und Beherrschung in deinem Gesicht zu lesen vermeinte. Auch freute ich mich von Herzen, als ich die Rundung deiner Wangen wahrnahm; denn wenn ein Mann zunimmt, wird er auch ruhiger. Es soll wahrlich nicht meine Schuld sein, wenn du hier in Theben magerer wirst, sondern ausschließlich diejenige deiner hitzigen Natur!«
    So schwatzte sie unablässig und erinnerte mich dadurch an meine Mutter Kipa; ich würde sicherlich vor Rührung zu weinen angefangen haben, wenn ich sie nicht schließlich mit den Worten angeschnauzt hätte: »Halt dein Maul, Weib! Dein Geplapper stört mich in meinen Gedanken und klingt wie Fliegengesumm in meinen Ohren!« Sie schwieg augenblicklich, froh darüber, daß ich sie angefahren und damit hatte fühlen lassen, daß ihr Herr heimgekehrt war.
    Sie hatte zu meinem Empfang das Haus schön hergerichtet: Blumensträuße hingen an den Verandasäulen, der Hof und auch die Straße davor waren gekehrt, und eine tote Katze, die vor meinem Haus gelegen, war den Nachbarn vor die Tür geschleudert worden. Auch hatte Muti Kinder angestellt, die auf der Straße standen und riefen: »Gesegnet sei der Tag, der unsern Herrn nach Hause bringt!« Aber dies hatte sie getan, weil es sie sehr ärgerte, daß ich kinderlos war. Denn sie hätte es gerne gesehen, wenn mir Kinder beschieden gewesen wären, vorausgesetzt, daß ich sie mir ohne eine Frau verschafft hätte; doch wie das hätte zugehen sollen, kann ich nicht ausfindig machen. Ich gab den Kindern Kupfer, und Muti verteilte Honigkuchen. Auch Merit kam, schön angezogen und mit Blumen im Haar, welches so sehr von Salben glänzte, daß Muti aufschluchzte und sich die Nase schneuzte, während sie uns Wasser über die Hände goß. Das Mahl mundete meinem Gaumen köstlich; denn es war auf die Thebener Art zubereitet, und in Achetaton hatte ich vergessen, daß man nirgends so gut ißt wie in Theben.
    Ich dankte Muti und lobte ihre Kunst; auch Merit schmeichelte ihr, und sie war außerordentlich zufrieden, obwohl sie die Stirn runzelte und

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