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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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daß meine Matte ungeduldig deiner harrt. Jawohl, ich fühle es deutlich, wie ungeduldig die Matte in meinem Zimmer auf dich wartet, obwohl ich eigentlich nicht begreife warum: denn deine Glieder, Sinuhe, sind weich, dein Fleisch schlaff, und auch deine Liebkosungen sind nicht besonders ausgesucht. Trotzdem mutest du mich anders an als alle anderen Männer, was mir die Ungeduld meiner Matte erklärt.«
    Sie hängte mir die Abzeichen meiner Würde um den Hals, setzte mir die Arztperücke auf und streichelte mir dabei so liebevoll die Wangen, daß ich nicht die geringste Lust verspürte, sie zu verlassen und mich in das goldene Haus zu begeben, obwohl mir der Gedanke an die königliche Mutter große Angst einflößte. So hieß ich denn meine Sklaven sich beeilen und trieb sie mit dem Stock und mit Silber an; ebenso stachelte ich die Ruderer meines Bootes auf dem Wege zum goldenen Haus mit dem Stock und mit Silber an. Und gerade in dem Augenblick, als die Sonne hinter den Bergen im Westen unterging und die Sterne sich entzündeten, legte mein Boot an der Landungsbrücke an, so daß ich keine Schande über mich brachte.
    Doch bevor ich mein Gespräch mit der Königinmutter wiedergebe, muß ich erwähnen, daß sie in all diesen Jahren ihren Sohn nur zweimal in der Stadt Achetaton aufgesucht und ihm dabei jedesmal seine Verrücktheit vorgeworfen hatte, worüber Pharao Echnaton aufs tiefste betrübt gewesen war. Denn er liebte seine Mutter und war für ihre Fehler blind, wie dies oft bei Söhnen der Fall ist, bis sie sich verheiraten und ihre Frauen ihnen die Augen öffnen. Aber Nofretete hatte um ihres Vaters willen Echnaton die Augen nicht geöffnet. Ich muß nämlich ohne Umschweife zugeben, daß der Priester Eje und die Königinmutter Teje zu jener Zeit kein Geheimnis mehr aus ihren Beziehungen machten, sondern sich überall zusammen zeigten und einander auf Schritt und Tritt begleiteten, als wollten sie sich gegenseitig bewachen. Ich weiß nicht, ob das Königshaus je zuvor eine derartige öffentliche Schmach erlitten hatte. Aber das ist nicht ausgeschlossen; denn solche Dinge werden nicht aufgezeichnet und fallen nach dem Tod der Zeugen in Vergessenheit. Ober die Herkunft des Pharao Echnaton jedoch will ich mich hier nicht auslassen, weil ich immer noch an seine göttliche Abstammung glaube. Wäre in seinen Adern nicht das königliche Blut seines Vaters geflossen, so würde er überhaupt kein königliches Blut gehabt haben, da er von seiner Mutter keines geerbt hatte. Dann wäre er, wie die Priester behaupteten, wirklich ein falscher Pharao, und alles, was sich ereignete, noch ungerechter, sinnloser und wahnsinniger gewesen. Deshalb glaube ich auch nicht den Priestern, sondern eher meinem Verstand und Herzen.
    Jedenfalls empfing mich die königliche Mutter Teje in einem ihrer Privaträume, wo in Käfigen eine Menge von Vögelchen mit gestutzten Flügeln umherhüpften und zwitscherten. Sie hatte nämlich ihren einstigen Beruf durchaus nicht vergessen, sondern ging immer noch gern im Garten des Palastes mit Hilfe von Netzen oder Leimruten der Vogelfängerei nach. Bei meinem Eintritt war sie mit dem Flechten einer Matte aus gefärbten Binsen beschäftigt; sie empfing mich mit zornigen Vorwürfen wegen meiner Verspätung und fragte: »Hat sich der Wahnsinn meines Sohnes gelegt, oder ist es nicht bald an der Zeit, ihm den Schädel zu öffnen? Er macht viel zuviel Aufhebens von seinem Aton und beunruhigt das Volk, wozu gar kein Grund mehr vorliegt, nachdem der falsche Gott gestürzt worden ist und niemand dem Pharao die Macht streitig macht.«
    Ich erzählte ihr vom Befinden des Pharao und von den kleinen Prinzessinnen, schilderte deren Spiele, Gazellen, Hündchen und Ruderbootfahrten auf dem heiligen See, bis ich die königliche Mutter beschwichtigt hatte und sie mich aufforderte, ihr zu Füßen Platz zu nehmen und Bier zu trinken. Doch bot sie mir diesen Trunk nicht etwa aus Geiz an, sondern weil sie wie das Volk das Bier dem Weine vorzog. Ihr Bier war stark und süß, und sie trank davon jeden Tag so viele Krüge, daß ihr Leib aufgebläht und ihr Gesicht abstoßend aufgedunsen war und demjenigen eines Negers glich, obgleich es nicht völlig schwarz war. Bei ihrem Anblick hätte niemand geahnt, daß dieses alternde, dicke Weib einst die Liebe eines großen Pharao durch ihre Schönheit gewonnen hatte. Deshalb behauptete das Volk auch, sie habe die Gunst des Pharao durch Negerzauberei erworben. Es gehört schließlich zu

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