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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Zeit und Muße, die Schwester meines Herzens zu betrachten. Sie war älter, als ich sie in Erinnerung hatte, und ihre Augen lächelten nicht mehr, sondern schienen hart wie grüne Steine. Ihre Augen lächelten nicht, obwohl ihr Mund lächelte, und ihr erster Blick fiel auf die goldene Kette am Halse Haremhabs. Dennoch wurden meine Knie schwach, als ich sie betrachtete.
    Die Wände des Saales waren von den besten Künstlern bemalt, und bunte Lilienpfeiler trugen die Decke. Hier gab es noch andere Gäste. Verheiratete und unverheiratete Frauen wogten durcheinander, alle trugen Kleider aus dünnstem Leinen, Perücken und eine Menge Schmuck und lachten die Männer an, die sie umringten. Die Männer waren jung und alt, schön und häßlich, und auch sie trugen goldenes Geschmeide, und ihre Kragen waren schwer von Gold und Edelsteinen. Alle riefen durcheinander und lachten laut, und auf dem Boden lagen umgeworfene Weinkrüge und Becher und zertretene Blumen. Syrische Musikanten rasselten mit ihren Instrumenten, so daß man kein Wort verstehen konnte. Die Gäste mußten schon viel Wein getrunken haben, denn einer Frau wurde übel. Der Diener reichte ihr das Gefäß zu spät, so daß sie ihr Gewand befleckte, und alle lachten über sie.
    Kefta, der Kreter, umarmte auch mich und beschmierte mein Gesicht mit einer Salbe und nannte mich seinen Freund. Aber Nefernefernefer sah mich an und sagte: »Sinuhe! Ich kannte einst einen Sinuhe. Auch er wollte Arzt werden.«
    »Ich bin dieser Sinuhe«, sagte ich und sah ihr in die Augen und bebte, als ich ihrem Blick begegnete.
    »Nein, du bist nicht der Sinuhe«, sagte sie mit wegwerfender Gebärde. »Jener Sinuhe, den ich kannte, war ein junger Knabe, und seine Augen waren klar wie die Augen einer Gazelle. Du aber bist nach Aussehen und Auftreten bereits ein Mann. Zwischen deinen Augenbrauen sind zwei Falten, und dein Gesicht ist nicht mehr glatt, wie es das seinige war.«
    Da zeigte ich ihr den Ring mit dem grünen Stein an meinem Finger. Sie aber schüttelte das Haupt, tat erstaunt und sagte: »Ein Räuber hat mein Haus betreten, denn gewiß hast du jenen Sinuhe getötet und ihm den Ring entwendet, den ich ihm einst von meinem Daumen zur Erinnerung an unsere Freundschaft gab. Sogar seinen Namen hast du gestohlen, und der Sinuhe, an dem ich Gefallen fand, ist nicht mehr am Leben.« Sie hob die Hand zum Zeichen der Trauer. Da fühlte ich Bitterkeit im Herzen, und Kummer durchströmte meine Glieder. Ich streifte den Ring vom Finger, reichte ihn ihr und sagte: »So nimm deinen Ring zurück! Ich gehe, um deine Freude nicht zu stören, denn ich will dir kein Ungemach bereiten.« Sie aber sprach: »Geh nicht!« Leicht wie einst zuvor legte sie ihre Hand auf meinen Arm und wiederholte leise: »Geh nicht!« Und da wußte ich, daß ihre Liebe mich schlimmer als Feuer brennen und daß ich ohne sie nie mehr glücklich sein würde. Aber die Diener brachten uns Wein. Wir tranken, um unsere Herzen zu erquicken, und nie hat der Wein mir herrlicher gemundet.
    Die Frau, der übel gewesen war, trocknete ihre Lippen und trank weiter. Dann riß sie ihr beflecktes Gewand vom Leib und schleuderte es von sich, ebenso nahm sie die Perücke ab, und als sie ganz entblößt dastand, preßte sie die Brüste mit den Händen zusammen, befahl den Dienern, Wein zwischen ihre Brüste zu gießen, und laut lachend durch den Saal schwankend, bot sie jedem der Lust hatte, zu trinken an. Sie war jung und schön und ungezügelt, und auch vor Haremhab blieb sie stehen und bot ihm von dem Wein zwischen ihren Brüsten an. Haremhab beugte sein Haupt und trank, und wie er das Haupt von neuem hob, war sein Gesicht dunkelrot, und er blickte der Frau in die Augen, nahm ihren kahlrasierten Kopf zwischen seine Hände und küßte sie. Alle lachten, auch die Frau, aber sie wurde plötzlich befangen und begehrte ein neues Gewand. Die Diener kleideten sie an, und sie setzte die Perücke wieder auf, nahm Platz neben Haremhab und trank nicht mehr. Die syrischen Musikanten spielten auf, und ich spürte das Fieber Thebens in meinem Blut und meinen Gliedern, und ich wußte, daß ich geboren wurde, um im Sonnenuntergang der Welt zu leben, und daß nichts mehr von Bedeutung war, wenn ich nur neben der Schwester meines Herzens sitzen und das Grün ihrer Augen und das Rot ihrer Lippen betrachten durfte.
    So begegnete ich, durch Haremhabs Laune, meiner geliebten Nefernefernefer wieder. Besser wäre es gewesen, ich hätte sie nie mehr

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