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Sinuhe, Sohn der Sykomore 1

Sinuhe, Sohn der Sykomore 1

Titel: Sinuhe, Sohn der Sykomore 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Brueckmann
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geben, wenn ihre Kinder aus dem Haus gehen, auch ein paar Leckereien eingepackt. Mit klopfendem Herzen trat er durch das Tor des großen Gebäudes.
    Er war einer von etwa dreißig Jungen seines Alters, die aus allen Teilen der Beiden Länder stammten. Sie alle folgten mit unsicheren oder aufgeregten Mienen ihrem Ausbilder und versammelten sich in einem Saal. Im hinteren Teil des Raums standen bereits einige ältere Rekruten lässig herum und grinsten. Sesostris wurde das Gefühl nicht los, dass sie etwas wussten, das den Neulingen noch nicht bekannt war, und sie daher mit hämischer Vorfreude erfüllte.
    Gleich zu Beginn mussten die Jungsoldaten sich ordentlich aufstellen. Ein Hüne mit wettergegerbtem Gesicht und einem Körper voller Narben betrat den Raum und schlenderte die Reihen entlang.
    »Ich bin Sethnacht, euer Ausbilder.« Lässig klopfte er mit einer Gerte auf seinen Schenkel. Dann drehte er sich ruckartig um: »Name? Familie?«
    Unsicher schauten die Neulinge sich an.
    »Na wird’s bald! Du da – vortreten!« Sethnacht deutete mit dem Stock auf einen Jüngling in der ersten Reihe.
    Der lief knallrot an und begann, seinen Namen zu stottern.
    »Vielleicht schicken wir dich besser heim zu deiner Mutter, he? Vielleicht lernst du erst einmal sprechen«, blökte der Ausbilder.
    Die jungen Männer im Hintergrund prusteten hämisch. Das erfüllte Sesostris mit Zorn.
    Mutig trat er vor: »Sesostris, Sohn des Amenemhet. Und da heute unser erster Tag ist und wir alle hier«, sein Arm umschrieb die Reihen der Anfänger, »noch nicht wissen können, was von uns verlangt wird, könnte man uns ruhig etwas freundlicher begrüßen.«
    »Sesostris. Sohn des Amenemhet. Sieh an, sieh an«, grinste der Ausbilder versonnen und sah aus wie eine Katze, der man gerade ein Schälchen Milch vorgesetzt hatte. Dann verbeugte er sich bis zum Boden, während es hinten im Saal totenstill geworden war. »Den ehrwürdigen Sohn des Pharaos begrüßen wir natürlich besonders freundlich, was Jungs? Er ist ja etwas Besonderes und verdient eine Sonderbehandlung!«
    Höhnisches Gelächter und Pfiffe ertönten. Dann drehten sich die älteren Jahrgänge mit dem Rücken zu den Anfängern und beugten sich ebenfalls tief nach unten, sodass ihre blanken Hintern unter den kurzen Soldatenschurzen hervorblitzten. Sesostris fühlte heiße Scham und Ärger aufwallen.
    »Wenn du glaubst, nur weil du ein verwöhntes Jüngelchen bist und deine Familie etwas zu sagen hat«, brüllte nun der Riese, »dass dein Wort hier etwas zählt, dann irrt der hohe Herr. Hier bist du ein Nichts. Hier muss man sich Respekt verdienen, man bekommt ihn nicht von Papa im Bündel mitgegeben. Aber«, der harte Mund verzog sich zu einer Grimasse, die wohl ein Lächeln sein sollte, »damit auch keiner von euch Frischlingen vergisst, welche Ehre uns zuteilwurde durch so hohen Besuch – Abmarsch, zwanzig Runden auf dem Exerzierplatz! Und dass mir keiner schlappmacht. Der lernt sonst meinen Stock kennen!« Dann drehte er sich um und bellte die älteren Rekruten an: »Das gilt auch für euch! Unser Kronprinz verdient doch eine Ehrengarde.«
    Aller Augen waren auf Sesostris gerichtet, und sie waren voller Hass und Abneigung, als die Rekruten nun gemeinsam auf den sonnenüberfluteten Platz liefen.
    An diesem Tag fraß Sesostris Staub und lernte, was es hieß, so lange zu rennen, bis man sich übergeben musste. Des Sethnachts Gerte dagegen hielt ein Festmahl und tanzte auf den Rücken der Jungsoldaten, bis sie feucht von Schweiß und Blut glänzte. Allerdings Sesostris musste auch erfahren, dass seine Kameraden abends nicht zu erschöpft waren, um ihm die erlittene Pein heimzuzahlen.
    Waren es in den ersten Tagen noch eher harmlose Knüffe, plötzlich ausgestreckte Beine, über die er unter Hohngelächter stolperte, oder Streiche wie verschwundene Sandalen, so zeigten die älteren Rekruten ihm auch die Härte ihrer Fäuste.
    Endlich war das Ende der ersten Woche herangekommen. Sesostris hatte gerade sein Bündel gepackt und freute sich auf das erste Treffen mit Sinuhe nach – wie es ihm schien – endloser Zeit. Die beiden Freunde hatten sich für den heutigen Abend an ihrem Platz verabredet. Zudem sehnte sich sein Körper nach der Weiche der heimatlichen Matratze, sein ausgedörrter Gaumen lechzte nach anderem als Soldatenessen und brackigem Wasser.
    Kurz bevor er das Tor ins Freie durchschreiten konnte, kamen sie. Eine ganze Gruppe der Älteren umringte ihn, einer legte ihm den

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