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Sirenenfluch

Sirenenfluch

Titel: Sirenenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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Version von Oskar aus der Mülltonne.
    »Ach, jetzt halt mal die Luft an, Angel!«, entgegnete Lisette schnippisch und sauste zu ihrem Tisch davon.
    Zoe klappte den Skizzenblock zu und blickte zu der Dame in der Ecke hinüber. Sie war übergewichtig und hatte einen Wust grauer Haare auf ihrem Kopf, die in drei verschiedenen Blondtönen gesträhnt waren. Ihre Haut sah aus wie der zerknitterte Bettbezug über einem bauschigen Federbett und die verkniffenen Lippen hatte sie grellpink geschminkt. Schnipp, schnipp, schnipp. Als die Frau merkte, dass sie Zoes Aufmerksamkeit erregt hatte, hielt sie ihren Kaffeebecher hoch und tippte demonstrativ mit einem pink lackierten Fingernagel darauf.
    Zoe eilte zu ihr an den Tisch.
    »Dieser Kaffee ist kalt.« Mit steifer Miene stellte sie den Becher auf der Papierunterlage ab, die auf der goldgesprenkelten Tischplatte lag.
    Zoe nahm ihr den Kaffeebecher – der noch erstaunlich warm war – aus der Hand.
    »Außerdem schmeckt er abgestanden. Sie könnten ruhig mal einen frischen aufbrühen.« Sie sah in die Zeitung, die vor ihr auf dem Tisch aufgeschlagen war.
    »Diesen Kaffee habe ich eigenhändig aufgebrüht, und zwar fünf Minuten bevor ich ihn serviert habe«, protestierte Zoe.
    Der Strähnchenunfall bedachte sie mit einem vernichtenden Blick.
    »Dann sollten Sie sich lieber um eine neue Kaffeesorte bemühen, dieses Gebräu hier schmeckt jedenfalls wie Spülwasser.«
    Zoe spürte eine Flamme des Zorns in sich auflodern.
    Sie war kurz davor, der Kundin gehörig ihre Meinung zu sagen, als sich ihr eine kühle Hand auf den Arm legte, erfrischend wie eine Sommerbrise.
    »Ist etwas nicht in Ordnung?«, fragte eine samtweiche Stimme. Asias unverwandter Blick lag auf der Kundin, die sich fast unmerklich duckte wie eine Schildkröte, die sich unter ihren Panzer zurückzieht. »Hallo, Mrs Cuthbert«, sagte Asia mit samtweicher Stimme. »Wie geht es Ihnen denn heute?«
    Irgendwie verursachte Asias ruhige Art bei Zoe ein Schwindelgefühl, so als würde sie versuchen, sie aus weiter Ferne zu betrachten. Und das, obwohl die andere Kellnerin gar nicht sonderlich groß war. Sie strahlte einfach eine besondere Ruhe aus. Mit ihrem langen schwarzen Haar, das sie zu einem Knoten im Nacken aufgesteckt trug, und ihren feinen Gesichtszügen erinnerte sie irgendwie an eine griechische Statue.
    »Ach, mein Knie macht mir nach wie vor zu schaffen«, klagte Mrs Cuthbert und zog ein verdrießliches Gesicht. »Es hat mich die ganze Nacht über wach gehalten.«
    Asia beugte sich leicht vor und flüsterte Mrs Cuthbert etwas ins Ohr – oder doch nicht? Zoe hatte jedenfalls nicht gesehen, dass ihre Lippen sich bewegten. Doch die alte Dame lächelte.
    »Ich danke Ihnen, Liebes.« Sie warf Zoe noch einen Blick zu, doch die Härte darin war verschwunden.
    Ohne ein weiteres Wort nahm Asia den Kaffeebecher und führte Zoe, die in Erwartung eines Streits immer noch ganz angespannt war, vom Tisch fort.
    Als sich Zoe noch einmal umdrehte, sah sie Mrs Cuthbert am Tisch sitzen und aus dem Fenster schauen. Sie hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen und ihr Kopf schaukelte sachte vor und zurück, wie von einer sanften Brise bewegt, die außer ihr selbst niemand wahrnahm.
    Asia verschwand eilig hinter der Theke.
    »Willst du den Kaffee etwa wegschütten? Der ist doch völlig in Ordnung«, meinte Zoe. »Ich habe ihn frisch aufgebrüht. Und heiß ist er auch noch.« Das Bella’s war berühmt für seinen Kaffee: Er hatte ein köstliches Aroma und war so stark, dass es einem die Schuhe auszog.
    Asia nickte und lächelte. »Ja, ich weiß.«
    »Warum …?«
    »Ich bleibe jetzt hier stehen, zähle bis sechzig und werde ihr dann einfach denselben Becher noch einmal bringen. Diesmal wird er ihr schmecken.« Zoe blickte skeptisch drein, doch Asia schenkte ihr ein zuversichtliches Lächeln und berührte sie sacht am Arm. »Du wirst schon sehen.«
    Zoe beobachtete sie, als sie auf Mrs Cuthberts Tisch zusteuerte. Die alte Dame wandte sich vom Fenster weg und Asia reichte ihr den Kaffeebecher. Sie nahm einen Schluck und strahlte die Kellnerin dann an.
    »Na, ist Asia wieder als Schlangenbeschwörerin unterwegs?«, fragte Lisette, die über der Theke lehnte, um an eine Senftube heranzukommen.
    »Sieht ganz so aus«, entgegnete Zoe.
    »Das Mädel würde es sogar hinkriegen, den Meckerschlumpf zum Strahlen zu bringen.« Lisette hielt die Senftube empor und rollte mit den Augen. »Ja, ja, jetzt mach dir mal nicht ins Hemd!«, rief sie

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