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Sirenenfluch

Sirenenfluch

Titel: Sirenenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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Hälfte mit Spülwasser gefüllt, und als Lisette den Kaffeebecher hineinwarf, bekam ihre Hand ein paar Spritzer ab. Sie zog scharf die Luft ein, das Gesicht schmerzverzerrt.
    »Alles klar?«, fragte Angel.
    »Ja – das Wasser ist nur brühend heiß.« Lisette schüttelte ihre Hand.
    Angel sah sie stirnrunzelnd an. »Ich will heute keine weiteren Unfälle, verstanden? Keine Streitigkeiten, kein Garnichts. Ab jetzt will ich, dass alles still und friedlich bleibt.« Er drehte sich zu Asia um, die in der Nähe stand. »Und das gilt genauso für dich.«
    Asia nickte kommentarlos und ging dann an einen ihrer Tische.
    »Und du machst eine Viertelstunde Pause«, lautete Angels Anweisung an Zoe, bevor er zurück hinter seinen Grill stürmte.
    »Meiner Hand geht es schon viel besser. Danke der Nachfrage!«, rief Lisette ihm hinterher. Sie rollte genervt mit den Augen. »Der Typ macht einen echt fertig.«
    Dann wandte sie sich wieder ihren Gästen zu und Zoe ging zur Toilette. Sie schaltete das Neonlicht ein und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Nachdem sie es mit einem Stück hartem braunem Papiertuch notdürftig abgetrocknet hatte, betrachtete sie ihr Spiegelbild und versuchte zu begreifen, was soeben geschehen war. Sie hatte Jason am Handgelenk gepackt. Es war gar nicht ihre Absicht gewesen, ihn so grob anzufassen, doch die Blase an seiner Hand bewies, dass sie ihn sogar richtig verletzt hatte. Und dann, als er sich auf sie stürzen wollte, hatte Asia ihn irgendwie davon abhalten können.
    Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell man jegliche Kontrolle verliert, dachte Zoe. Wie sich in einem einzigen Augenblick die Dinge ändern können.
    Das mit Jason war endgültig vorbei. Sie fand es schockierend, wie befreiend diese Erkenntnis für sie war.
    Kurz darauf klopfte es an der Tür. »Einen Moment noch«, rief Zoe, richtete ihre Frisur und strich ihre Kellnerinnen-Uniform glatt.
    Und so, dachte sie und öffnete die Tür, geht das Leben weiter.
     
    Er kam sich vor wie der miserabelste Spion der Welt, als er vor dem Bella’s auf sie wartete. Schleichend hatte die anbrechende Nacht die Stadt in Dunkelheit gehüllt und die Restaurants waren alle hell erleuchtet. Obwohl es erst Donnerstag war, wimmelte es darin nur so von den Schönen und Reichen. Will beobachtete sie, wie sie an ihren kleinen, runden Tischen saßen und winzige Portionen von fangfrischen Jakobsmuscheln oder Lachs an einer Balsamico-Reduktion auf Silbergäbelchen aufspießten. Er war zutiefst beeindruckt davon, wie sauber alles an ihnen war und wie frisch sie wirkten. Ihre Kleidung war tadellos faltenfrei. Ihre Haut sonnengebräunt und zart, ihr Haar weich und duftig. Sie aßen mit Bedacht. Sie tranken Cola oder Eistee oder Mineralwasser aus umweltfreundlichen Flaschen.
    Wenn Wills Familie überhaupt einmal essen ging, tranken sie alle nur Leitungswasser. Alles andere betrachtete sein Vater als »rausgeschmissenes Geld«. Vorspeisen fielen in dieselbe Kategorie, ebenso wie Desserts. Das Einzige, wofür er, wenn auch nur unter Murren, bereit war zu zahlen, war die Hauptspeise. Wills Vater beschwerte sich häufig darüber, dass nichts auch nur annähernd so gut schmeckte, wie wenn Evelyn selbst kochte. Grundsätzlich war Will da ganz seiner Meinung. Er hasste es, auswärts zu essen – insbesondere wenn es in einem dieser schicken Restaurants war. Er hasste es, von all diesen tadellos sauberen Menschen umgeben zu sein.
    Der rot gepflasterte Gehweg wurde von den Restaurantbeleuchtungen um Will herum in ein warmes gelbes Licht getaucht. Die Straße hingegen war von dem Schriftzug über dem Schnellrestaurant grellpink und giftgrün angestrahlt und durch die großen Fenster erhellte blaues Neonlicht die Nacht. Die Stammkunden, ältere Herrschaften mit vollgeschlagenen Bäuchen, hatten das Licht im Rücken, sodass jedes Detail sichtbar wurde, was nicht unbedingt vorteilhaft war. Will jedoch hatte nur Augen für Asia.
    Je länger er sie beobachtete, desto faszinierter war er von ihrer Anmut. Ihre Bewegungen waren fließend und schöner als ein Tanz. Auf ihrer zarten Hand balancierte sie ein weißes Tablett. Wenn sie ihren Kopf drehte, neigte sich ihr Hals grazil wie bei einem Schwan. Geschickt manövrierte sie sich an einer der anderen Kellnerinnen vorbei, ganz so, als hätte sie deren plötzlichen Richtungswechsel bereits erahnt. Neben ihr wirkten alle anderen Kellnerinnen plump und schwerfällig. Fast, als würden sie unterschiedlichen Elementen entstammen. Oder

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