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Sirenenfluch

Sirenenfluch

Titel: Sirenenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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sich unter ihr Bikini-Oberteil, woraufhin Zoe ihn von sich wegstieß. »Jason!«, sagte sie warnend.
    »Was denn?« Er zog sie näher an sich, doch sie wehrte ihn ab.
    »Die Gärtner.«
    Jason blickte hoch und sah aus, als hätte er die ganze Zeit über gar nicht registriert, dass außer ihnen noch andere Menschen anwesend waren. Sie hielten sich am anderen Ende der Rasenfläche auf, einer von ihnen stand mit einer elektrischen Heckenschere in der Hand hoch oben auf einer langen Leiter. Jason spielte mit einer ihrer Haarsträhnen. »Das ist denen doch egal«, sagte er mit heiserer Stimme.
    »Mir ist es aber nicht egal«, sagte Zoe und merkte, wie sie rot wurde.
    Jasons Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Dann zog er sie an den Haaren. Zu fest für einen Spaß. Trotzdem schwamm er breit grinsend davon. »Dann halt nicht.« Auch diese Worte klangen zwar lässig, doch er spritzte ihr eine Wasserfontäne ins Gesicht und schwamm dann zum Beckenrand.
    »Wo willst du denn hin?«, fragte Zoe, als Jason sich aus dem Wasser stemmte.
    »Ich hol mir ’nen Eistee«, rief er ihr zu, ohne sie eines Blickes zu würdigen. »Bin gleich zurück.«
    Zoe stand noch immer in der Mitte des Pools und kam sich blöd vor. Warum musste ich die ganze Stimmung vermiesen?, fragte sie sich. Andererseits war es doch Jason, der sich wie ein totaler Idiot benommen hatte. Warum also fühlte sie sich jetzt so schlecht? Immer mal wieder kam es vor, dass etwas von der Wut, die sich in Jason angestaut hatte, herausgeschossen kam und die traf, die ihm am nächsten standen. Zoe hatte ganz vergessen, wie unangenehm ihr das im vergangenen Sommer gewesen war und wie oft Jasons Verhalten sie verstört und manchmal auch verängstigt hatte. Meistens waren es Kleinigkeiten, die den Anstoß gaben. Zu wenig Eis in der Limonade. Die Klimaanlage war unerträglich. Leute mit Handy am Ohr. War es wirklich so übertrieben, wenn man Hemmungen hatte, vor anderen wild herumzumachen? War das wirklich ein Grund, gleich sauer zu werden?
    Er hatte sie noch nicht einmal gefragt, ob sie auch einen Eistee wollte.
     
    »Ich hätte gerne den Mahi Mahi mit Avocado und Mango.« Angus grinste Zoe an und schwang sich auf den Vinyl-Barhocker am Tresen. »Und einen Rosmarintee.«
    »Ist leider aus. Wie wär’s mit ’nem Becher Kaffee? Stark genug, um dich aus den Latschen zu kippen.«
    »Okay, umso besser. Und dazu bitte noch einen Kürbis-Muffin.«
    Zoe goss ihm einen Kaffee ein und stellte den Becher vor ihm auf den Tresen. Dann schnappte sie sich ein Stück Wachspapier und hob die Glasglocke hoch, unter der die Muffins lagen. Sorgfältig wählte sie einen aus und legte ihn auf einen Teller, den sie dann Angus reichte.
    Angus trommelte mit seinen langen Fingern auf den Tresen. »Das habe ich genau gesehen«, sagte er. »Du hast mir extra den größten Muffin gegeben.« Er wackelte vielsagend mit den Augenbrauen und nahm einen großen Schluck Kaffee und seine Augen traten hervor. »Mannomann!«
    »Ich hab dich ja gewarnt.«
    »Hast du da Aufputschmittel reingetan oder was?«
    Zoe musste lachen. »Nein, nur Kaffee. Der kriegt jeden wach, so viel ist sicher.« Sie griff sich eine Handvoll Kondensmilchdöschen, und als sie sich wieder umdrehte, sah sie, dass Angus sich ihren Skizzenblock geschnappt hatte und darin herumblätterte.
    »Die sind nicht besonders gut«, sagte sie und wollte ihm den Block wegnehmen, doch er gab ihr einen sanften Klaps auf die Hand und sah sie stirnrunzelnd an. »Ich weiß Kunst durchaus zu schätzen«, sagte er betont ernst.
    Zoe hielt verlegen den Blick auf den Tresen gesenkt. Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Irgendwie kam sie sich jedes Mal so nackt vor, wenn Leute ihre Zeichnungen anschauten. Als sie hochsah, bemerkte sie, dass sie beobachtet wurde. Kirk Worstler hatte sich vor geraumer Zeit an einen Eckplatz verzogen und saß – mit einer Limonade in der Hand und seinem irren Blick – seit nunmehr anderthalb Stunden dort herum. Zoe musste sich zwingen, nicht mehr hinzuschauen.
    »Das hier ist echt der Hammer.« Angus trank noch einen Schluck und schüttelte sich leicht. »Schon allein die Federn …« Er deutete auf die Zeichnung. Darauf war eine Frau im Profil zu sehen, einen Arm zum Himmel emporgestreckt. Ihr bloßer Rücken war größtenteils von zwei gigantischen weißen Flügeln verdeckt. Lange dunkle Haare umwehten ihren Kopf, wie von einem Windstoß zerzaust. Im Hintergrund waren steile Uferfelsen und schäumende Wellen

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