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Sirenenfluch

Sirenenfluch

Titel: Sirenenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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Und zwar in zwei Reihen. Nur ihre Köpfe schauten aus dem Wasser und ihr langes Haar warum sie gebreitet wie Seetang. Und sie sangen. Schluchzend gestand er, dass er sie selbst in diesem Augenblick noch hören konnte. Er raufte sich die Haare und knirschte mit den Zähnen wie ein tollwütiges Tier.
    Ich packte ihn an den Schulten und schüttelte ihn kräftig, um ihn zur Vernunft zu bringen.
    Er duckte sich ängstlich und blickte zu mir auf. Seine Stimme war nur noch ein klägliches Wimmern, als er wiederholte, dass er sie noch immer hörte.
    Wir haben abnehmenden Mond, weshalb das Licht nicht sehr hell war. Hell genug jedoch, um zu sehen, wie bleich Moore war. Er sah aus wie ein kraftloses Abbild seiner selbst, als wäre der Moore, den ich kannte, jahrelang im Kerker eingesperrt gewesen.
    Mehr und mehr komme ich zu dem Schluss, dass Moore ebenso wie Akers den Verstand verloren haben muss. Ich bin vollkommen ratlos. Wie kann ich da noch ruhig schlafen? Moore könnte mich in meinem eigenen Bett erdrosseln. Ich muss die Mannschaft vor ihm schützen. Allerdings scheint es ganz so, als greife dieser Wahnsinn um sich. Niemand weiß, wer ihm als Nächstes zum Opfer fallen wird.
    Wir müssen den Rest der Überfahrt so rasch wie möglich hinter uns bringen. Ich bete zu Gott um kräftige Winde.
     
    1. August
    42° 25’ N, 69° 41’ W
    Wind und Wellen haben sich gegen uns verschworen. Das Segel ist so schlaff und unbewegt wie der Bezug auf einem Federbett. Die Männer hingegen sind rastlos. Ich spüre ihre Blicke auf mir, wenn ich an Deck herumlaufe. Sie sehen ausgemergelt und erschöpft aus. Wir sind nun zu Vier-Stunden-Schichten übergegangen. Was bedeutet, dass sie nicht länger als vier Stunden am Stück schlafen können, bevor sie vier weitere Stunden arbeiten müssen, und das Ganze bei halber Ration.
    Ich tue mein Bestes, um mit gutem Beispiel voranzugehen. Wenn sie auch nur die geringste Schwäche in mir sehen, werden sie sich gegen mich wenden wie gefährlich knurrende Tiere.
     
    2. August
    42° 29’ N, 70° 02’ W
    Gott im Himmel steh mir bei! Auf diesem Schiff befindet sich niemand mehr außer meiner selbst und zwei Irren. Ich hatte Moore unter dem Vorwand, ich bräuchte seinen Schutz, dazu überreden können, in meiner Kajüte zu nächtigen. Doch während wir schliefen – nein, wohl eher – während er schlief und ich Wache hielt, verschwanden vier weitere Matrosen.
    Als ich bei Sonnenaufgang auf Deck ging, um den Schichtwechsel zu überwachen, fand ich das Schiff verlassen vor. Außer dem Ächzen der Masten und dem Geräusch der an die Schiffsseiten schwappenden Wellen war kein Laut zu hören.
    Es war unheimlich, wie auf einem Geisterschiff.
    Ich rief nach meinen Männern, doch ich bekam keine Antwort. Also ging ich unter Deck, wo Akers einsam in der Ecke festgekettet saß. Er summte die gleiche Klagemelodie vor sich hin, welche auch Braithwaite vor einigen Tagen gesungen hatte. Ich fragte Akers, wo die Männer abgeblieben waren.
    Er antwortete: »Das Kind hat sie sich geholt.«
    Sein Gesicht war vollkommen ausdruckslos – so leer wie das Blatt, auf dem ich schreibe. Ich konnte in seinen Augen keine Furcht erkennen – sie waren schlicht ohne jeglichen Ausdruck. Als hätte die Furcht ihn ganz verschlungen und nichts von ihm übrig gelassen. Er prophezeite mir, das Kind würde uns alle holen.
    Es war niemand mehr da, der hätte sehen können, wie ich die Treppenstufen hinaufrannte. Mir war speiübel, als müsste ich mich gleich übergeben.
    Ich kann dieses Schiff unmöglich allein segeln!
    Als ich am Bug hinunterblickte, sah ich Wasser aufspritzen. War das eben ein Kopf? Oder doch nur ein Fisch, der aus dem Wasser gesprungen ist?
    Mein Gott, dieser Wahnsinn greift langsam auch auf mich über. Ich fürchte, nicht mehr lang und …
     
    3. August
    42° 29’ N, 70° 01’ W
    Der Himmel steh mir bei – nun habe ich es auch gesehen. Ich weiß nicht, ob auch ich dem Wahnsinn verfalle – es ist gut möglich. Doch ich muss hier aufschreiben, was ich sah. Dieses Wesen auf dem Wasser ist kein Kind.
    Möglicherweise ein Geist, ich bin mir nicht sicher. Es erstrahlt in hellem Licht – die Männer konnten sein Gesicht im schwachen Licht des Halbmondes deshalb so gut erkennen, weil es aus sich selbst heraus leuchtet. Als ich zum Bug des Schiffes trat, rief es nach mir. Es sang mit engelsgleicher Stimme – während es direkt unter der Wasseroberfläche im Wasser schwebte, ganz wie Akers es beschrieben hatte. Die Musik

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