Sirup: Roman (German Edition)
Hängebacken und grauen Anzügen statt rotweißer Arbeitskleidung.
Vor dem Tisch steht mit einem Stapel Papier und etlichen Graphiken in der Hand niemand anderer als 6. Auf einer der Abbildungen ist eine sorgfältig komponierte Fukk-Cola-Dose zu sehen.
»Tut mir leid, daß ich zu spät dran bin«, sage ich in den Raum. »Wahnsinniger Verkehr draußen.«
Es entsteht eine längere Pause, während die zwölf Männer, von denen jeder einzelne zweifellos viele Millionen Dollar wert ist, nach Worten ringen.
6 hat sich gleich wieder im Griff. Sie durchschaut die Situation so blitzschnell, daß ich weiß, daß sie mit einem solchen Auftritt gerechnet hat. »Tut mir leid«, sagt sie zu den Vorständen, »darf ich Ihnen Mr. Scat vorstellen.« Sie schaut mich an, und ihre Augen sind wie schwarze Messer. »Er ist ein Berater, der uns bei der Entwicklung von Fukk zugearbeitet hat.«
Ich bin ebenfalls vorbereitet, deshalb fange ich an zu lachen. »Genaugenommen«, sage ich – weil ein Berater einen Anspruch auf ein Stundenhonorar und einen kleinen Gewinnanteil hat –, »beruht Fukk auf meiner Idee .«
Diese Auskunft löst bei den Vorständen betretene Gesichter und allerlei Gemurmel aus, und die Atmosphäre wird eisig und abweisend. Schließlich fängt einer der Männer an zu sprechen, und seine Stimme klingt so tief und voll, wie man es von dem Vorstand eines multinationalen Unternehmens erwartet. »Ms. 6, wir waren bisher der Auffassung, daß es sich bei Fukk um eine hausinterne Entwicklung handelt.« 6 tritt von einem Fuß auf den anderen, doch ihr Ausdruck bleibt unverändert. »Sie sind sich doch sicher darüber im klaren, daß die Vermarktung eines Fremdkonzepts mit gewissen Komplikationen verbunden ist.«
Worauf du Gift nehmen kannst. Komplikationen wie etwa die Verpflichtung, von jeder Dose einen gewissen Gewinnanteil abzuführen, was sich im Coca-Cola-Maßstab schnell mal auf Dutzende von Millionen Dollar pro Jahr beläuft. Plötzlich fühle ich mich sehr, sehr gut.
»Sollte das der Fall sein«, fährt der Mann fort, »können wir die Entwicklung dieses Produkts sofort wieder einstellen.«
Mein Mund ist plötzlich total trocken. Ich fühle mich, als ob man mir gerade einen Riesenscheck in die Hand gedrückt und dann erklärt hätte: »Tut uns leid, ein Irrtum – der ist natürlich nicht für Sie. Aber trinken Sie doch zur Feier des Tages auf Kosten des Hauses eine Tasse Kaffee.« Ich stehe schon im Begriff, etwas wirklich Dummes zu tun, mich aufs Betteln zu verlegen oder den gesamten Vorstand als Ansammlung faschistischer Arschlöcher zu beschimpfen, als 6 sich in Position bringt. Sie ist völlig ruhig.
»Entschuldigen Sie nochmals, Mr. Croft. Ich fürchte, mein Partner hat sich nicht deutlich ausgedrückt.«
»Partner?«
»Mr. Scat und ich haben Fukk gemeinsam entwickelt«, sagt 6. Sie ist so überzeugend, daß ihre Auskunft selbst in meinem Gehirn keinen Alarm auslöst und ich eine Sekunde brauche, bevor ich begreife, daß sie lügt. »Und er wäre bereit, seine Urheberrechte gegen eine einmalige Abfindung von drei Millionen Dollar abzutreten.«
und sie lebten fortan glücklich und zufrieden
Und so geht die Geschichte weiter:
Scat begreift rasch, daß er nur die Wahl hat: entweder drei Millionen Dollar oder gar nichts. Und obwohl er unter diesen Umständen nicht an jeder Dose Fukk im derzeit bekannten Universum mit einem Cent beteiligt sein wird, kann man eine solche Regelung auch nicht gerade als Schlag ins Gesicht bezeichnen. Immerhin reicht die Knete, um ein riesiges Haus zu kaufen und Klamotten und ein Auto und sogar von den richtigen Leuten wahrgenommen zu werden. Deshalb nickt Scat und tut lächelnd kund, daß er willens ist, seine Rechte für drei Millionen Dollar zu verkaufen, und daß 6 im übrigen hervorragende Arbeit geleistet hat und nach seinem bescheidenen Dafürhalten eine Beförderung verdient hat. Strahlende Gesichter ringsum. Natürlich müssen noch etliche Papiere unterzeichnet werden, aber das braucht halt noch einige Tage, und plötzlich zündet sich Scat seine Zigaretten mit Hundertdollarscheinen an und kauft ganze CD-Sammlungen, einfach nur, weil er es sich leisten kann, und läßt sämtliche Investitionshaie, die seine drei Millionen Dollar unbedingt für ihn anlegen wollen, mit einem höhnischen Lächeln abblitzen.
Ja, so geht die Geschichte weiter.
Jedenfalls beinahe.
warum scat doch hätte jura studieren sollen
Natürlich kann man Ideen als solche nicht verkaufen. Man
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