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SISSI - Die Vampirjägerin

SISSI - Die Vampirjägerin

Titel: SISSI - Die Vampirjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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ab.
    »Prinzessin?«
    Sissi drehte sich auf den Rücken, als sie die Stimme des Vampirs hörte. Er hockte wie ein Raubvogel über ihr auf einem Ast, den Oberkörper vorgeneigt, die Arme nach hinten ausgestreckt. »Ich habe seit Beginn meiner Existenz schon oft gegen euch Pfähler gekämpft …«
    Sissi tastete nach einem der Pflöcke in ihrem Gürtel.
    »… aber ich schwöre, dass ich noch nie gesehen habe …«
    Ihre Finger schlossen sich um den Pflock. Sie zog ihn aus seiner Lederschlaufe und schob ihren Arm langsam zurück.
    »… wie sich zwei von euch beinah gegenseitig umbringen.«
    Sein Lachen hallte durch den Wald. Er schüttelte den Kopf und ruderte mit den Armen, als er um sein Gleichgewicht kämpfte.
    »Diese Geschichte«, fuhr er fort, »werde ich …«
    Mit einem Ruck richtete Sissi sich auf, holte gleichzeitig aus und schleuderte den Pflock. Sie sah die Überraschung auf dem Gesicht des Vampirs. Im nächsten Moment war er nur noch eine Wolke aus Staub und Blut und Schleim.
    Sissi rollte sich zur Seite, hörte das feuchte Klatschen, mit dem die Überreste des Vampirs neben sie, und zu ihrem Entsetzen, auch auf sie fielen. Schleim lief ihr über das Gesicht.
    »Meine Haare!«
    Das Stöhnen ihres Vaters beantwortete ihren Schrei. Er setzte sich auf, zog die Knie an und stützte den Kopf in die Hände. Eine breite rote Schwellung zog sich über seine Stirn.
    »Hör mir zu …«, sagte er.
    Sissi zog eine Handvoll Schleim aus ihren Haaren und schüttelte ihn angeekelt ab. »Das ist so widerlich. Ich werde mir die Haare bestimmt fünfzig Mal …«
    »Elisabeth!«, sagte ihr Vater schärfer.
    Sie ließ die Hände sinken und sah ihn an. Seit Jahren hatte er sie nicht mehr so genannt.
    Herzog Max hob den Kopf. »Was hier gerade passiert ist, bleibt unser Geheimnis. Wir werden niemandem davon erzählen. Niemandem auf der Welt.«
    Sissi runzelte die Stirn. »Auch nicht Mutter?«
    »Ist Mutter auf der Welt?«
    »Natürlich.«
    Ihr Vater sah sie schweigend an.
    Sissi senkte den Blick. »Ach so.«
    Sie half ihm auf die Beine. Eine Weile blieb er schwankend stehen und stützte sich mit einer Hand an einem Baumstamm ab.
    »Und morgen«, sagte er dann, als sei keine Zeit vergangen, »üben wir, wie man zu zweit das gleiche Ziel angreift.«
    Sissi hob ihre Axt auf und lächelte. »Ja, Vater.«

 
    KAPITEL FÜNF
    Die Kinder Echnatons leben in gefährlichen Zeiten. Die großen Männer, die sie einst anführten – Cromwell, Washington, Robespierre –, liegen schon lange in ihren Gräbern und es scheint niemanden zu geben, der ihre Stelle einnehmen könnte. Die Revolutionen im Deutschen Bund und in Österreich sind gescheitert, viele Kämpfer gefallen. Die Überlebenden agieren im Verborgenen, werden gejagt von den Schergen des Kaisers. Doch eines ganz und gar nicht fernen Tages werden ihre Pläne aufgehen. Bis dahin dürfen sie nicht, wie so viele andere vor ihnen, der Ungeduld verfallen. Sie müssen warten, bis ihre Stunde gekommen ist.
    – Die geheime Geschichte der Welt von MJB
    »Der Kaiser! Der Kaiser!«
    Sissi öffnete die Augen und setzte sich ruckartig in ihrem Himmelbett auf. Im ersten Moment dachte sie, die Stimme in einem Traum gehört zu haben, doch dann hallte sie erneut durch das Treppenhaus.
    »Der Kaiser!«
    Sissi sprang aus dem Bett, einem – wie ihre Mutter einmal gesagt hatte – stoffgewordenen Albtraum aus Altrosa, warf sich den Morgenmantel im gleichen Farbton über und lief barfuß über den dicken altrosa Teppich. Das Schlafzimmer war ein Geschenk von Erzherzogin Sophie. Etwas daran zu verändern, hätte Konsequenzen nach sich gezogen. Sophie verteilte Geschenke wie Befehle und strafte ihre Missachtung.
    Als Sissi auf den Gang trat, hörte sie polternde Schritte im Treppenhaus. Irgendwo wurde eine Tür zugeschlagen.
    »Was ist denn hier los?«
    Es war die Stimme ihres Vaters. Sissi beugte sich über das Treppengeländer und sah Herzog Max auf den Stufen unter ihr stehen. Er trug einen Morgenmantel in Marineblau – ebenfalls ein Geschenk von Sophie – und hatte seine Schlafmütze tief ins Gesicht gezogen. Trotzdem bezweifelte Sissi, dass er seine Verletzung lange würde verbergen können. Ihre Mutter durchschaute jeden.
    Es polterte erneut, dann kam Néné die Stufen zu ihrem Vater herauf. Prinzessin Ludovika blieb am Treppenabsatz stehen.
    »Der Kaiser lädt mich zu sich ein.« Néné wedelte mit einem Brief. Sissi erkannte das kaiserliche Siegel auf dem Briefkopf. »Mich! Der

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