SISSI - Die Vampirjägerin
bleiben wollen und zurückkehren werden, wenn es ihnen passt. Danach fahrt ihr nach Possenhofen. Sagt allen dort, wie romantisch Kaiser Franz-Josef seine Sissi begrüßt hat.«
Der Kutscher nickte. »Da Kaiser hod sei Sissi sehr romantisch begrüßt. Des wern ma in Possenhofen verzoih’n. Und dene Posten in der Hofburg werma sogn, dass der Kaiser und sei Sissi hoamkomma werdn, wann’s eahna beliebt.«
Die Wachen in den Außenbereichen des Palastes waren Menschen. Sie würden nicht bemerken, dass die Männer betört worden waren. Selbst Vampire konnten den Unterschied zwischen einem normalen und einem betörten Menschen nicht immer feststellen.
Franz-Josef trat einen Schritt zurück. »Dann fahrt jetzt. Ihr müsst euch nicht beeilen.«
Der bucklige Kutscher schnalzte ohne ein weiteres Wort mit der Zunge. Die Pferde legten sich ins Geschirr und die Kutsche rumpelte langsam an Franz-Josef vorbei die Straße hinunter. Er sah ihr nach, bis sie hinter der nächsten Kurve verschwand.
Sissi stöhnte leise in seinen Armen.
Und was jetzt?, dachte er.
Dass ein Arzt in der Nähe wohnte, war eine Lüge. So weit vor den Toren Wiens gab es nur Felder, Weiden, Wald und kleine Dörfer. In den Palast zurückzukehren und Sissi dort zu verstecken, war zu riskant. Er musste einen Unterschlupf irgendwo in der Nähe finden und das, bevor die Sonne aufging.
Vorsichtig setzte Franz-Josef Sissi auf sein Pferd und stieg dann selbst in den Sattel. Den länglichen Gegenstand schnallte er hinter sich fest. Er musste Sissi mit einer Hand festhalten, damit sie nicht herunterfiel. Selbst durch den Stoff ihrer Kleidung spürte er, wie heiß ihre Haut war.
Er ritt zuerst langsam, doch als er sicher war, dass Sissi ihm nicht entgleiten konnte, ließ er das Pferd traben. Ab und zu warf er einen Blick zum Himmel. Noch war es dunkel, aber er wusste, dass die Sonne bald aufgehen würde. Die innere Uhr eines Vampirs täuschte sich nie.
Franz-Josef bog von der Hauptstraße in einen schmaleren Weg ein. In der Ferne sah er Bauernhöfe und kleine Dörfer, deren Häuser sich dicht aneinanderdrängten. Dort konnte er sich nur verstecken, wenn er alle Einwohner umbrachte und davor schreckte er noch zurück. Er ahnte jedoch, dass sich das ändern würde, wenn der Morgen nahte und seine Verzweiflung und sein Hunger wuchsen.
Ein halb verfallenes, hinter Gestrüpp und hohen Bäumen verborgenes Haus bewahrte ihn schließlich vor dieser Entscheidung. Franz-Josef lenkte sein Pferd auf den Weg, der dorthin führte, und hielt vor dem Eingang an.
Das Haus war größer, als er vermutet hatte, und zweistöckig. An einigen Stellen war das Dach eingestürzt, aber die Mauern wirkten stabil. Über der Tür hing ein Schild in einer verwitterten, nicht mehr lesbaren Schrift. Das Glas in den kleinen Fenstern war zerbrochen, Efeu rankte sich über die Wände bis zum Dach.
Franz-Josef stieg vom Pferd und ließ Sissi in seine Arme gleiten. Eine Kette, die von einem schweren, längst verrosteten Schloss zusammengehalten wurde, sicherte die Tür. Mit einem Tritt sprengte er sie auf. Die Tür krachte gegen die Wand und flog aus den Angeln. Staub wirbelte auf. Sissi stöhnte leise und murmelte etwas, was Franz-Josef nicht verstand.
Das Haus roch alt und verlassen. Er betrat den Raum hinter der Tür und sah sich um. Eine breite Holztreppe führte hier in den ersten Stock. Rechts und links von ihm lagen Zimmer, deren Türen offen standen. Unter den Sohlen seiner Stiefel knirschten Scherben und Schmutz. Überall lag der Kot von Mäusen und Ratten. Er hörte es in den Mauern rascheln, roch aber keine größeren Tiere.
Was soll hier auch schon sein?, fragte er sich. Seine Vorsicht erschien ihm lächerlich. Vielleicht ein Löwe?
Etwas knurrte über ihm. Franz-Josef hätte Sissi vor Schreck beinah fallen lassen, bevor ihm klar wurde, dass es nur ein Fenster war, das im Wind knarrte.
Ich bin so ein Idiot, dachte er.
Das erste Zimmer, das er betrat, war leer bis auf ein großes Holzkreuz, das an der hinteren Wand hing, und einen kaputten Stuhl unter dem Fenster. Im zweiten und dritten Zimmer standen mehrere Betten unter Kreuzen. Schimmel bedeckte Wände und Decke, Wasser hatte sich in Pfützen am Boden gesammelt. In einer lag eine tote Ente.
Erst im vierten Zimmer, auf der anderen Seite der Treppe, wurde Franz-Josef fündig. Das Dach musste an dieser Stelle noch intakt sein, denn der Raum war trocken und staubig. Vier Pritschen standen nebeneinander, über jeder hing ein
Weitere Kostenlose Bücher