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SISSI - Die Vampirjägerin

SISSI - Die Vampirjägerin

Titel: SISSI - Die Vampirjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Tische standen unter Decken an den Wänden. Daneben stapelten sich Stühle mannshoch. Die Vorhänge der gewaltigen Fenster waren zugezogen. Eimer voller Schnee standen auf dem Boden. Franz-Josef wusste nicht, aus welchem Grund sie dort standen, aber er nahm an, dass die wilden Vampire sie mitgebracht hatten.
    Franz-Josef kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf, kämpfte um die Herrschaft über seinen Geist.
    Der Vampir warf ihm einen kurzen Blick zu. »Lass das.«
    Er ließ es.
    Ein lautloser Befehl zwang alle, sich auf den Boden zu setzen, auch ihn. Nur die wilden Vampire reagierten nicht darauf. Einer von ihnen sprang aus dem Stand auf einen Stapel Stühle und blieb wie ein Wächter mit vor der Brust verschränkten Armen stehen. Stolz streckte er das Kinn vor.
    »Was verschafft mir die unerwartete Ehre Ihres Besuchs?« Sophies Stimme hallte durch den Saal.
    Franz-Josef drehte den Kopf und nahm sie verschwommen in der Tür stehend wahr. Sie war unbewaffnet, aber Karl, der sie halb mit seinem Körper deckte, hielt eine Armbrust in der Hand. Sie war gespannt. Ferdinands riesiger Kopf ragte hinter seinem empor. Rhythmisch wackelte er hin und her.
    Der wilde Vampir neben Franz-Josef drehte sich zu Sophie um. »Du weißt, weshalb«, sagte er. »Die Zeit ist abgelaufen. Ich bin hier, um eine Entscheidung zu fordern.«
    Sophie betrat den Saal. Karl und Ferdinand blieben an ihrer Seite. Franz-Josef bemerkte erleichtert, dass der alte Vampir keine Waffe trug.
    »Haben Sie deshalb den halben Hofstaat betört? Damit in Ihrem Sinne entschieden wird? Warum betören Sie mich nicht auch, damit Ihnen jede mögliche Opposition erspart bleibt?«
    »Deine klaren Worte habe ich immer geschätzt, Sophie.« Der Vampir ging einige Schritte auf sie zu und hielt dann inne, als würde er auf etwas lauschen. »Deine unangemessenen Unterstellungen jedoch weniger«, fuhr er fort. »Jeder der hier Anwesenden wird sich frei entscheiden können, ob er mir folgen will oder dir.«
    Karl warf Sophie einen kurzen Blick zu, als wolle er sie zu etwas drängen. Zu Franz-Josefs großer Überraschung knickste sie tief und neigte den Kopf.
    »Das wird nicht nötig sein, Eminenz«, sagte sie. Ihre Stimme klang gepresst. Jedes Wort schien sie sich abzuringen. »In Ihrer Abwesenheit war es mir eine Freude, Sie zu vertreten, doch nun, nach Ihrer Rückkehr, werde ich mich selbstverständlich zurückziehen. Meine Untertanen sind die ihren.«
    »Na, bravo!« Ferdinand lief auf den verdreckten Vampir zu und umarmte ihn. Die Scherben, die in dessen Körper steckten, knirschten.
    Seine Eminenz, dachte Franz-Josef angestrengt. Es ist also wahr. Er existiert.
    »Ferdinand.« Seine Eminenz löste die Umarmung und trat einen Schritt zurück. Der Blick aus seinem einen gesunden Auge musterte sein Gegenüber. »Du hast dich verändert.«
    »Ich habe meinen Chinesen verloren«, sagte Ferdinand.
    Seine Eminenz runzelte die Stirn des Vampirs, der ihm als unfreiwilliger Vertreter diente.
    Franz-Josef betrachtete ihn aus den Augenwinkeln, fragte sich erneut in einem langsamen Gedankengang, wie es möglich war, dass ein Vampir allein über eine solche Macht verfügte. Er war nicht einmal an diesem Ort, doch durch den Vampir, den er übernommen hatte, war er trotzdem in der Lage, sie alle zu betören. Nur Sophie, Karl und Ferdinand schienen nicht betroffen zu sein. Ob Seine Eminenz sie nicht betören wollte oder konnte, war Franz-Josef unklar.
    Vorsichtig zerrte er wieder an den Fesseln, die seinen Geist umschlossen. Sie gaben nicht nach, saßen so fest, als wären sie ein Teil seiner selbst.
    Seine Eminenz wandte den Blick von Ferdinand ab, ging zu Sophie und verbeugte sich leicht vor ihr.
    Karl ließ die Armbrust sinken.
    »Ich weiß deine Entscheidung zu schätzen«, sagte Seine Eminenz, während er seine Hand unter Sophies Ellenbogen schob und ihr aufhalf.
    Der Anblick wirkte grotesk auf Franz-Josef. Ein nackter, dreckverkrusteter Vampir, der sich wie ein wohlerzogener Höfling benahm.
    »Sie ist dir bestimmt nicht leichtgefallen.« Seine Eminenz trat zwischen Sophie und Karl, als wolle er sie voneinander trennen.
    Karl machte ihm nur widerwillig Platz.
    Seine Eminenz warf einen Blick in die Menge. »Ist hier jemand, der mit Sophies Entscheidung nicht einverstanden ist?«
    Franz-Josef spürte, wie sich die Fesseln um seinen Geist lockerten. Seine Eminenz hatte nicht gelogen; sie konnten sich weigern, wenn sie wollten.
    Doch niemand tat es, auch er nicht.
    »Gut.

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