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SISSI - Die Vampirjägerin

SISSI - Die Vampirjägerin

Titel: SISSI - Die Vampirjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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die Hände und antwortete etwas, was Sissi nur bruchstückhaft verstand. Er durfte anscheinend nicht mit einer Hoheit reden, weil er nur ein … Wassermann? … nein, ein Spüljunge war.
    »Egal«, sagte sie. »Komm.«
    Die anderen drängten ihn aus der Gruppe, schoben ihn vor, bis er allein vor ihnen stand. Sie waren wohl froh, dass Sissis Wahl nicht auf einen von ihnen gefallen war.
    »Komm.«
    Der Junge nahm eine Kerze, folgte ihr aus der Küche und blieb am Treppenabsatz stehen.
    »Zeigen. Ballsaal.«
    Er nickte, sagte etwas, was sie nicht verstand, und stieg vor Sissi die Treppe hinauf. Trotz der Kälte trug er keine Schuhe.
    Im Kerzenlicht liefen sie durch Gänge und über Treppen. Ab und zu drehte sich der Junge zu Sissi um, als wolle er sicherstellen, dass sie Schritt halten konnte. Er musste die Messer in ihrem Gürtel bemerkt haben, aber er fragte sie nicht danach.
    Wahrscheinlich hatten die Dienstboten in diesem seltsamen Palast gelernt, dass es besser war, keine Fragen zu stellen. Sissi konnte sich kaum vorstellen, dass sie nicht zumindest ahnten, was hinter den verschlossenen Türen der Privattrakte vorging. Sie konnten nicht alle ständig betört werden.
    Man sieht, was man sehen will, dachte sie.
    »Wir sind gleich da«, sagte der Junge schließlich.
    »Halt.« Sissi hielt ihn an seiner dünnen Jacke fest und zeigte in den Gang, der vor ihnen lag. »Da?«
    Er nickte und sagte irgendetwas, in dem die Worte geradeaus und Tür vorkamen. Den Rest konnte Sissi sich zusammenreimen. Sie nahm ihm die Kerze aus der Hand.
    »Finden zurück?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Dann geh.«
    Der Junge zögerte. »Da drin böse?« Er schien es aufgegeben zu haben, in ganzen Sätzen mit ihr zu reden.
    Kluger Junge, dachte Sissi. »Ja«, sagte sie. »Da drin böse.«
    Er bekreuzigte sich und sah sie ein letztes Mal an, bevor er sich umdrehte und in der Dunkelheit verschwand.
    Sissi ging weiter. Sie hielt die Hand schützend vor die kleine Flamme der Kerze. Ohne sie würde sie nie wieder zurückfinden.
    Als sie die Geräusche zum ersten Mal hörte, dachte sie, es wäre der Wind, der durch die Ritzen im Holz pfiff, doch aus dem Säuseln wurde ein Murmeln, dann ein Stöhnen, disharmonisch und ausgestoßen von Dutzenden Kehlen.
    Sissi sah die Tür zum Ballsaal im Kerzenlicht. Sie hatte ihr Ziel erreicht.
    Schreie mischten sich in das Stöhnen. Ab und zu kratzte etwas an der Wand entlang, Sissi hörte Poltern und schlurfende Schritte.
    Was geschieht dort nur? Sie dachte an Franz-Josef. Ihr Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken, dass eine der Stimmen vielleicht seine war.
    Sie stellte die Kerze auf den Boden und trat an die Tür. Es gab nur eine Klinke, kein Schlüsselloch, durch das sie hätte blicken können.
    Vorsichtig zog sie die Tür einen Spalt auf.
    Der Anblick dahinter raubte ihr fast den Verstand.

 
    KAPITEL NEUNUNDZWANZIG
    Manche Vampire sind besessen von Tätigkeiten, die Menschen alltäglich erscheinen. Mir ist die Geschichte eines Adligen bekannt, der für jeden Tag des Jahres einen anderen Koch beschäftigte und seine menschlichen Gäste beobachtete und befragte, wenn sie deren Speisen aßen. Als die Revolution seiner Existenz ein Ende setzte, hatte er über tausend Köche in seinen Diensten und Paris zur kulinarischen Hauptstadt Europas gemacht.
    – Die geheime Geschichte der Welt von MJB
    Sie taten es alle.
    Sophie war die Erste, die vortrat, die Finger beider Hände hinter ihre Augäpfel schob und sie mit einem Ruck herausriss. Schwarzes Blut lief wie Tränen über ihre Wangen. Ihre Lippen waren zusammengepresst, aber Franz-Josef sah, wie sie zitterten. Sophie taumelte und wäre wohl gestürzt, wenn Karl sie nicht festgehalten hätte.
    »Was für ein Eifer«, sagte Seine Eminenz. Es klang ironisch.
    »Willst du uns damit prüfen?«, rief Karl. Er hielt Sophie weiterhin aufrecht. »Glaubst du, ein Vampir ist dir mehr ergeben, wenn er sich das Augenlicht nimmt?«
    Seine Eminenz antwortete nicht.
    Sophie tastete nach Karls Wange und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Karl sah in ihre leeren Augenhöhlen, als hätte sie den Verstand verloren, dann antwortete er etwas ebenso leise.
    Sophie nickte.
    Karl ließ sie los und zog zwei Stühle von einem Stapel neben der Tür. Ruhig stellte er sie hin, führte Sophie zu dem einen und setzte sich selbst auf den zweiten. Nach einem letzten Kopfschütteln bohrte er die Finger in seine Augen.
    Ferdinand war der nächste. Er schien keinen Schmerz zu spüren, im Gegensatz zu Edgar,

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