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SISSI - Die Vampirjägerin

SISSI - Die Vampirjägerin

Titel: SISSI - Die Vampirjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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aus dem Stapel. »Du hast recht. Die sind nicht unterschrieben und …« Er sah Sissi an, »das sind alles Todesurteile.«
    Sie hob die Schultern. »Die lasse ich dich nie unterschreiben.«
    Er antwortete nicht darauf, sondern stand auf und ging die Kürzelreihe durch, bis er zum September kam. Sissi fand das richtige Datum und griff nach dem mit einem W und einem U gekennzeichneten Stapel – wichtig und unterschrieben.
    »Hier«, sagte sie nach einem Moment. »Das sind die Papiere.«
    Franz-Josef ging neben ihr auf ein Knie. Sissi hielt die Kerze hoch, damit auch sie lesen konnte, was er unterschrieben hatte. Damals hatte sie nur einen Blick darauf geworfen. Es war zwar gerade erst drei Monate her, aber sie konnte sich kaum noch daran erinnern.
    So viel ist seitdem passiert, dachte sie.
    Franz-Josef blätterte die Papiere durch. »Du hast recht«, sagte er, während sein Blick noch über die Buchstaben glitt. »Es geht um ein Heißluftballonrennen. Ich werde gebeten, zu Weihnachten den Platz vor dem Stephansdom als Ziel freizugeben und eine …«, er pfiff durch die Zähne, »… unverschämt hohe Spende zu leisten.«
    »Weihnachten? Das ist in drei Wochen.« Sissi beugte sich vor. Franz-Josefs Schatten fiel so ungünstig, dass er das Papier verdunkelte.
    »Wo startet das Rennen?«
    Er blätterte um. »In Versailles.« Langsam ließ er die Papiere sinken. »Edgar muss eine Weile auf eine Gelegenheit gewartet haben, denn Sophie hätte mich niemals etwas unterschreiben lassen, wodurch Franzosen zu Geld kommen. Sie hasst Frankreich wegen der Revolution. Ich glaube nicht, dass irgendein europäischer Vampir seit 1789 auch nur einen Fuß in dieses Land gesetzt hat.«
    Sie ahnte, dass sie die Tragweite der Papiere noch nicht verstanden. Wieso hatte Edgar sie mit etwas erpresst, was auf den ersten Blick so trivial erschien?
    »Wir müssen mit ihm sprechen«, sagte sie. Es war nicht nötig, seinen Namen zu erwähnen. Franz-Josef wusste, wen sie meinte.
    »Ja. Daran geht wohl …«
    »Du bist also zurückgekommen«, ertönte eine Stimme.
    Erschrocken sprang Sissi auf. Ludwig stand im Türrahmen der Bibliothek. Sein Schatten fiel lang in den Raum. Dass ein Leibdiener seinen Herrn duzte, erschien ihr ungewöhnlich unverschämt.
    Franz-Josef stopfte die Papiere in die Innentasche seiner Jacke und erhob sich ebenfalls. »Hast du etwas anderes erwartet?«, fragte er. Langsam ging er auf die Treppe zu. Sissi folgte ihm. Sie sah, wie Ludwig den Kopf schräg legte.
    »Und deine Menschenschlampe ist auch dabei. Rührend. Weiß sie, mit was für einem Feigling sie verlobt ist?«
    »Ja, ich habe es ihr gesagt.« Seit seinem Ausbruch auf dem Dach wirkte Franz-Josef entspannt und ruhig.
    Ludwig tastete sich mit ausgestreckten Armen durch den Raum bis zur Treppe. Als der Kerzenschein sein Gesicht erhellte, sah Sissi, dass seine Augen bereits nachwuchsen. Es wirkte, als steckten weiße Eierschalen in seinen Augäpfeln.
    Sie nahm das Katana in beide Hände und folgte Franz-Josef die Treppe hinunter.
    Ludwig blieb stehen. »Ich kann es kaum erwarten, bis du weg bist«, sagte er, »und ich endlich jemandem diene, der meine Ergebenheit verdient.«
    »Du warst mir nie ergeben, nur Sophie.«
    Sissi konnte nicht länger schweigen. »Was soll das heißen, weg?«
    »Das weiß Franz-Josef ganz genau. Oder hast du etwa geglaubt, dass dein Ungehorsam keine Konsequenzen haben würde?«
    »Franz?« Sissi blieb neben ihm am Treppenabsatz stehen. »Was meint er damit?«
    Sie konnte sehen, dass er tatsächlich nicht wusste, wovon Ludwig sprach.
    Der Leibdiener lachte. »Ich meine, dass dein Verlobter nicht länger der Kaiser von Österreich ist. Auf ihn wartet das Exil.«
    »Was?« Franz-Josef stieß das Wort hervor.
    »Seine Eminenz wollte weniger gnädig sein, aber Sophie hat aus Respekt für deinen Vater um Milde gebeten.« Ludwig hob den Kopf. »Ich wünschte, ich könnte jetzt dein Gesicht sehen.«
    Franz-Josef ergriff Sissis Hand. »Komm«, sagte er, dann verließ er den Raum so schnell, dass sie kaum mithalten konnte.
    »Nordsibirien«, rief Ludwig hinter ihnen her. »Die weißen Nächte sollen extrem schmerzhaft sein.«
    Sie hetzten durch den Gang. Die Ruhe, die Franz-Josef so kurz zuvor noch ausgestrahlt hatte, war verschwunden. Sissi brachte ihn erst zum Stehen, als er die Tür zu seinen Privatgemächern hinter sich zuschlug.
    »Hast du das gewusst?«, fragte sie atemlos.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich dachte, es würde Ärger geben, aber

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