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Sister Sox

Titel: Sister Sox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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war am Apparat.
    – Gossec, das musst du dir ansehen. Die DVD, meine ich. Wahnsinn.
    – Ich komme!

15
    Ich klemmte mir den Totschläger in den Hosenbund. Bei den tropischen Temperaturen, bei denen einem alles am Leib klebte, sah das beschissen aus, mit dem darüber gezogenen T-Shirt sogar peinlich.
    – Che bella figura, sagte Carmello.
    Ich sah ihn zum ersten Mal lächeln. Er deutete auf Ernie. Ernie ist ein schwer auf Antik getrimmter, hölzerner Priapos. Er steht seit Jahren in meinem Laden. Sein Riesenständer war einmal rot bemalt, ist inzwischen jedoch schon etwas abgewetzt. Ein Glücksbringer, absolut unverkäuflich. Durch Rubbeln werden Wünsche wahr. Ich schaute an mir herunter, Carmello hatte Recht.
    – Un cazzo mortale, capito?
    Zwanzig Minuten später sollte mir dieser blöde Scherz Leid tun. Aber so ist das im Leben. Wer so scheppernd aufs Blech haut, bekommt eins auf die Mütze. Die Frage ist nur, wann. Carmello stand bereit, mit mir zu gehen.
    – Junge, du bleibst hier. Einer hält die Stellung.
    Carmello schüttelte den Kopf. Ich packte ihn am Unterarm.
    – Wenn du Wert auf einen guten Onkel legst, machst du, was ich dir sage. Wenn nicht, verpisst du dich. Und zwar subito!
    Widerwillig ließ sich Carmello auf die Liege zurückfallen. Diese kleine Kröte wurde langsam pampig, aber wahrscheinlich ahnte er, wovor ich ihn schützen wollte. Vorsichtshalber verschloss ich von außen den Laden.
    Aus dem Schatten der Markise in die Sonne zu tretenwar, als lasse man sich mit heißen Tüchern auspeitschen. Die Hitze war inzwischen so stickig, dass man kaum Luft bekam. Ich schaute zum Himmel. Seit gestern war dieses Wetter am Machen. Was sich an grau-gelben Wolken um München herum auftürmte, sah aus, als sei das Umland bereits vom Hagel verschüttet oder in Regenschauern abgesoffen. Nur direkt über mir war noch blauer Himmel und strahlende Sonne, ein Guckloch, durch das der liebe Gott beobachten konnte, was sein München machte.
    Die Türen zu Julius’ Werkstatt sind immer offen. Seitdem der Hausmeister von der Leiter gestürzt war, blieb der Hofdurchgang dunkel. Aber um zu PC-Balser zu gelangen, musste man nur der Nase nach, dorthin, wo sich Lötzinn-, Transistoren- und Silikondämpfe in staubigem Milieu verdichteten. Aber heute war noch etwas anderes im Spiel.
    – Sind wir jetzt bei den Kuffnucken, oder was?
    Julius war sofort beleidigt.
    – Mein bester Freund ist Türke, du Rassist.
    – Rede keinen Scheiß, darum geht’s nicht. Seit ich in deiner Werkstatt stehe, atme ich nur noch durch den Mund.
    – Hab dich nicht so. Erstunken ist noch keiner.
    – Du dünstest wie ein Kebab in Knoblauchsoße.
    – Souflaki mit einem Klacks Tsatsiki. Bei Nikos.
    Julius zog eine Schnute. Alle fünfzig Nudelterrinen drehte er kulinarisch durch.
    – Auch das noch. Vom Schmuddelgriechen. Die frischen ihre überständigen Tunken mit Zitrone auf.
    Julius klappte seine Schutzbrille nach unten und beugte sich wortlos über ein Mainboard, um weiter zu arbeiten.
    – Julius, Schatz, hör zu, du stinkst. Aber das vergeht wieder und ist kein Grund, beleidigt zu sein, ja? Tu mir den Gefallen und mach das Fenster auf.
    Julius sah mich bekümmert durch seine beschlagene Schutzbrille an. Ich verstand, dass bittere Gedanken hinter seiner Stirn wogten. Aber dann ging alles doch noch einmal gut. Er stand auf und öffnete das Fenster. Schließlich wies er mir einen Platz an seinem großen Arbeitstisch zu, ihm gegenüber jenseits des Elektronikteile-Gebirges. Dort war ein Rechner mit Flachbildschirm aufgebaut.
    – Was muss ich tun?
    – Start, Pause, Stopp klicken. Ich habe dir alles zusammengesucht.
    Ich klickte Start. Sicher war es nur ein Zufall, dass genau in diesem Moment draußen der erste Blitz zuckte und ein mächtiger Donner krachte. Vielleicht war die Gleichzeitigkeit auch nur Einbildung.
    Einmal hatte ich versucht, Iris eine Liebeserklärung zu machen, hatte mich aber in den Worten verheddert und war über sämtliche Floskeln gestolpert. Da hatte sie in unnachahmlicher Weise das Problem auf den Punkt gebracht.
    – Ein Gefühl ist ein Gefühl, das ist da oder nicht da und geht, wann es will, und wenn du das partout in Worten ausdrücken willst, dann ist das, als würdest du Wasser mit ’nem Sieb schöpfen wollen. Klar, du Schlaumeier?
    Jedenfalls brach etwas los, als ich Start klickte. Wut, Hass, auf solche Worte ist doch geschissen. Da draußen tobte ein Unwetter wie das wilde Heer, und besser kann man das gar

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