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Sister Sox

Titel: Sister Sox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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nicht ausdrücken, was in mir vorging: die Hölle. Julius, dermich beobachtete, stellte das Löten ein. Er rührte sich nicht, blieb wie erstarrt sitzen, traute sich nicht mal, das Fenster zu schließen.
    Das auf dem Bildschirm war ein übler Porno. Einer von der Art, wo es ein Mann zwei Frauen gegen ihren Willen besorgt. Die Frauen waren lethargisch, irgendwie willenlos, kaum mehr bei Bewusstsein, gerade noch lebendig. Der Mann, der sie wie Puppen in Stellung brachte, war vierschrötig, fast kastenförmig. Sein Gesicht war nicht zu erkennen, er trug eine Clownsmaske. Sein Schwanz allerdings stach hervor: Er war tätowiert. Eine Schlange ringelte sich um ihn wie um einen Äskulapstab. Die eine Frau war weiß, die andere kaffeebraun. Kein Zweifel, das waren Sascha und Pia.
    Ich erkannte nach und nach, dass das alles in Pias Haus stattgefunden hatte. Im Hintergrund schimmerte die apricotfarbene Sitzgruppe durch, und schließlich erkannte ich auch das Bett zweifelsfrei. Es war Pias Schlafzimmer, und dahinter lag das angrenzende Mädchenzimmer. Beide hatte ich gestern Nacht in verwüstetem Zustand vorgefunden. Ich war sicher, dass diese Vergewaltigungsorgie zu Saschas Tod und Pias Verschwinden geführt hatte.
    Ich klickte Stopp. Eine ganze Weile saß ich stumm da, bis mich ein kühler Luftzug aus dem offenen Fenster hinter mir frösteln ließ. Ich drehte mich um. Wie ein Flash mutete das Bild einer triefnassen Gestalt an, die hinter dem Fenster stehend abtauchte. Ich sprang auf und schaute hinaus. Jemand lief durch den Hof in den Hausgang, riss die Tür auf und verschwand auf die Straße. Ich fasste nach dem Totschläger im Hosenbund, aber Hinterherlaufen hatte keinen Sinn. Juliuswar in seiner Küchennische verschwunden und werkelte herum. Dann stellte er mir wortlos eine Tasse Tee auf den Tisch.

16
    – Der Hammer, oder?
    Auch Julius war nicht für die großen Worte geschaffen, aber es genügte ja, wenn man verstand, was der andere meinte. Ich nickte und schlürfte den Tee.
    – Was trinke ich denn da?
    – Hopfenblüte, erwiderte Julius. Das gleist dich wieder ein.
    Julius schloss das Fenster. Mit einem scheuen, etwas unsteten Blick sah er mich an.
    – Gossec, ich muss jetzt gleich weg. Zum Kunden.
    – Was denn? Jetzt noch?
    – Logisch. Ist ein größerer Auftrag. Ich soll bei Mario das neue Netzwerk hochziehen. Wann denn, wenn nicht nachts? Tagsüber brauchen die doch ihre Rechner.
    Ich pfiff durch die Zähne. Da hatte Julius ja wirklich mal ein Ding an Land gezogen. Mario war eine große Nummer im Viertel und verbreitete etwas vom Glanz eines Padrone . Er hatte durch die in der Mitte abgeknickte Nase die Fresse eines Boxers, dazu glattes, sorgfältig gescheiteltes dunkles Haar, schon ein wenig meliert. Als habe man einen Typen wie Lino Ventura nachbestellt. Mittags sperrte Mario seinen Laden zu, den Schlüssel trug er an einem Goldkettchen in derHosentasche, und ließ sich ins Borsalino hinüber fahren. Ein bisschen Pasta, ein bisschen Fisch, dazu Wein und hinterher reichlich Espresso. Sein bleiches, narbiges Gesicht gab ihm im Halbdunkel der Kneipe etwas Verwegenes, was durch ein weißes Jackett, das er gerne trug, und schwere Siegelringe an den Händen unterstrichen wurde. Auch seine Hosen waren aus feinem Tuch, meist blau, und sein Vorrat an braunen Schuhen schier unerschöpflich.
    Sein Laden allerdings war eine Absurdität. Er lag direkt neben einer Großmetzgerei in der Adlzreiterstraße. Import und Export von italienischen Lederwaren sowie Kaschmirjacken und -mänteln. An dem Geschäft und der Auslage gab es nichts zu mosern, nur an der Lage, denn in der Adlzreiterstraße erwartet man Fachgeschäfte für Hammelnierchen und gebrühte Kalbsköpfe, allenfalls Autowerkstätten. Ich hatte spaßeshalber einmal versucht, mir dort einen Gürtel zu kaufen. Mario fing mich schon an der Tür ab: Nur für Wiederverkäufer! Andere erhielten den Bescheid: Heute geschlossen! Im Laden stand öfter mal ein Grüppchen von Herren beisammen, die viel mit den Händen redeten, Espresso tranken, wie die Tiere rauchten und dabei so gut betucht wirkten, als ob jeder von ihnen der Besitzer eines feinen Ladens sei. Manchmal waren die Schaufenster mit Packpapier verhängt, kurz darauf wieder anmutig dekoriert.
    – Gratulation, sagte ich.
    Julius war schon ganz hibbelig und hatte keinen Nerv mehr für so etwas. Er packte seine Tasche zusammen.
    – Willst du jetzt noch ein paar Infos, oder machen wir das morgen?
    – Leg los!
    –

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