Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe
und tätschelte eines der Tierchen.
Ich stellte mir vor, wie sich einer dieser kleinen Schädlinge im Nacken einer der Schwestern verbiss und ich sie in die Notaufnahme fahren musste, wo sie die zwanzig Spritzen in den Bauch bekam, die man bekommt, wenn man von einem tollwütigen Tier gebissen wird. Spritzen, die sie in ihrem Alter leicht umbringen konnten.
Ich versuchte, sie zurVernunft zu bringen, aber es war reine Zeitverschwendung. »Das kann man nie so genau wissen. Es sind und bleiben wilde Tiere.«
»EthanWate, du bist eindeutig kein Tierfreund. Diese Kleinen werden uns ganz bestimmt nichts zuleide tun.«Tante Grace warf mir einen ungnädigen Blick zu. »Und was sollen wir deiner Meinung nach mit ihnen machen? Ihre Mama ist tot.Wenn wir uns nicht um sie kümmern, werden sie nicht überleben.«
»Ich könnte sie zum Tierschutzverein bringen.«
Tante Mercy drückte sie schützend an die Brust. »Der Tierschutzverein! Diese Mörder. Die bringen sie ganz gewiss um!«
»Genug vom Tierschutzverein. Ethan, gib mir mal bitte die kleine Pipette da drüben.«
»Wozu?«
»Wir müssen sie alle vier Stunden füttern«, erklärteTante Grace.Tante Prue hielt eines der Eichhörnchen in der Hand, während es wie wild an der Pipette saugte. »Und einmal amTag müssen wir ihnen das kleine Hinterteil mitWattestäbchen sauber machen, damit sie selbst lernen, sauber zu werden.« Das war ein Anblick, auf den ich gerne verzichten konnte.
»Woher wisst ihr das alles?«
»Wir haben im Enternet nachgesehen.«Tante Mercy lächelte stolz.
Ich hatte nicht die geringsteVorstellung, woher meineTanten überhaupt vom Internet wussten. Die Schwestern hatten ja nicht einmal einenToaster. »Und wie seid ihr ins Internet gekommen?«
»Thelma hat uns in die Bibliothek mitgenommen und Miss Marian hat uns geholfen. Die haben Computer dort. Hast du das gewusst?«
»Und man kann damit alles anschauen, sogar schmutzige Bilder. Ab und zu erscheinen auf dem Bildschirm die schmutzigsten Bilder, die du je gesehen hast.Was sagst du dazu?!« Mit »schmutzig« meinteTante Grace wahrscheinlich nackt, was ihnen normalerweise genügt hätte, um für alle Zeiten die Finger vom Internet zu lassen.
»Ich wollte nur sagen: Das ist keine gute Idee. Ihr könnt sie nicht auf Dauer behalten. Sie werden größer und angriffslustiger.«
»Selbstverständlich haben wir nicht vor, für immer und ewig auf sie aufzupassen.«Tante Prue schüttelte den Kopf, als hätte sie noch nie etwas so Albernes gehört. »Wir lassen sie hinter dem Haus frei, sobald sie für sich selbst sorgen können.«
»Aber woher sollen sie wissen, wie sie Futter finden? Genau deshalb ist es keine gute Idee, wilde Tiere aufzunehmen. Sobald man sie freilässt, verhungern sie.« Das schien mir ein schlagendes Argument, das die Schwestern überzeugen musste und mir die Fahrt in die Notaufnahme ersparen würde.
»Und genau hier irrst du dich. Es steht alles im Enternet«, entgegneteTante Grace.Wo zumTeufel war dieseWebseite, auf der man nachlesen konnte, wie man wilde Eichhörnchen aufzog und ihr Hinterteil mitWattestäbchen säuberte?
»Man muss ihnen beibringen, wie man Nüsse sammelt. Man muss einfach die Nüsse im Garten vergraben und dann mit ihnen üben, wie man sie findet.«
Ich begriff sofort, worauf das hinauslief.Wenig später stand ich im Garten hinter dem Haus und vergrub Partynüsse für kleine Eichhörnchen. Ich überlegte, wie viele Löcher ich graben müsste, bis die Schwestern zufrieden waren.
Nach einer halben Stunde Erdnüsse v erstecken hatte ich schon das eine oder andere gefunden. Einen Fingerhut, einen Silberlöffel und einen Amethystring, der nicht besonders wertvoll aussah, mir aber eine gute Ausrede verschaffte, mit dem Buddeln aufzuhören. Als ich wieder ins Haus kam, hatteTante Prue ihre extrastarke Lesebrille aufgesetzt und wühlte in einem Packen vergilbter Papiere.
»Was liest du da?«
»Ich suche nur einige Sachen für die Mutter deines Freundes Link zusammen. Die TAR braucht ein paar Dokumente über die Geschichte von Gatlin für den R eiseführer ›Schätze der Südstaaten‹.« Sie durchwühlte einen Stapel. »Aber man findet nicht leicht etwas Interessantes über Gatlin, das nichts mit Ravenwood zu tun hat.« Na klar, dieser Name war der letzte, den die TAR hören wollte.
»Wie meinst du das?«
»Nun, ich nehme an, ohne die Ravenwoods würde es Gatlin gar nicht geben. Deshalb ist es schwierig, eine Geschichte von Gatlin zu schreiben, in der die
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