Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe
Ängste, Erinnerungen – nichts, was du vermissen würdest.« Er sprach dieseWorte so beschwörend wie einen Zauberspruch. Ich merkte, dass ich Mühe hatte, ihm zu folgen, dass ich mich anstrengen musste, um zu verstehen, was er sagte. Ich kam mir vor, als wäre mein Gehirn in eine dickeWolldecke gehüllt.
Aber auf einmal begriff ich. Alles passte zusammen. »DieTräume – Sie haben kleine Stücke von ihnen genommen? Sie haben sie aus meinem Kopf gesogen? Und deshalb kann ich mich nicht mehr an den vollständigenTraum erinnern?«
Er lächelte und drückte seine Zigarre auf der leeren Coladose aus, die auf meinem Schreibtisch stand. »Ich bekenne mich schuldig. Allerdings verwahre ich mich gegen dasWort ›saugen‹. Das könnte man auch höflicher ausdrücken.«
»Wenn Sie derjenige sind, der meineTräume aussaugt oder stiehlt oder wie auch immer, dann kennen Sie ja den R est. Dann wissen Sie, was am Schluss geschieht. Sie können es uns sagen und wir können dem ein Ende bereiten.«
»Ich fürchte, nein. Die Stücke undTraumfetzen, die ich an mich genommen habe, waren ganz zufällig gewählt.«
»Weshalb wollen Sie nicht, dass wir wissen, was geschieht?Wenn wir auch den Schluss desTraums kennen, können wir vielleicht verhindern, dass er wahr wird.«
»Mir scheint, du weißt schon viel zu viel. Nicht einmal ich selbst verstehe alles.«
»Hören Sie auf, in Rätseln zu sprechen. Sie behaupten, ich könnte Lena beschützen, ich hätte die Kraft dazu.Warum zumTeufel sagen Sie mir dann nicht, was wirklich vor sich geht, Mr Ravenwood, denn ich habe es ein für alle Mal satt, an der Nase herumgeführt zu werden.«
»Was ich nicht weiß, mein Sohn, kann ich dir nicht sagen. Du bist, wenn ich das so sagen darf, ein Buch mit sieben Siegeln für mich.«
»Ich bin nicht Ihr Sohn.«
»Melchizedek Ravenwood!« Ammas Stimme dröhnte wie eine Sturmglocke durchs Haus.
Macon zuckte zusammen und war drauf und dran, die Fassung zu verlieren.
»Wie kannst du es wagen, ohne meine Erlaubnis dieses Haus zu betreten?« Sie stand da in ihrem Morgenmantel und hielt eine lange Perlenkette in der Hand.Wenn man es nicht besser wüsste, hätte man sie für einen einfachen Halsschmuck gehalten. Amma schüttelte das Perlenamulett wütend in der Faust. »Wir haben eine Abmachung. In diesem Haus hast du nichts verloren. Suche dir einen anderen Platz für deine schmutzigen Geschäfte.«
»So einfach ist das nicht, Amarie. Der Junge sieht Dinge in seinenTräumen, Dinge, die für sie beide gefährlich sind.«
Ammas Augen blitzten wütend. »Nährst du dich von meinem Jungen? Ist es das? Meinst du, das beruhigt mich?«
» R eg dich nicht auf und nimm doch nicht alles so wörtlich. Ich tue nur, was getan werden muss, um beide zu beschützen.«
»Ich weiß, was du tust und wer du bist, Melchizedek, und wenn es sein muss, dann lässt du dich auch mit demTeufel ein. Bring das Böse nicht in mein Haus.«
»Ich habe vor langer Zeit eine Entscheidung getroffen, Amarie. Ich habe gegen meine Natur angekämpft. Jede Nacht, die ich erlebe, kämpfe ich diesen Kampf erneut. Ich gehe nicht auf die Dunkle Seite, nicht solange ich mich um das Kind kümmern muss.«
»Das ändert nichts daran, was du bist. Diese Entscheidung triffst du nicht selbst.«
Macons Augen wurden schmal wie Schlitze. Die Abmachung zwischen den beiden war offensichtlich heikel, und er hatte sie aufs Spiel gesetzt, indem er hierhergekommen war. Ich fragte mich, wie oft er schon da gewesen war.
»Warum sagen Sie mir nicht einfach, wie derTraum ausgeht? Ich habe ein R echt darauf, es zu wissen. Es ist meinTraum.«
»Es ist ein mächtigerTraum, ein verwirrenderTraum, und es ist nicht nötig, dass Lena davon weiß. Sie ist noch nicht bereit dazu. Ihr beide kommuniziert auf so unerklärlicheWeise miteinander. Sie sieht, was du siehst. Deshalb musste ich diesenTraum an mich nehmen, das verstehst du doch sicher.«
Wut kochte in mir hoch. Ich war so wütend, noch wütender als damals, als Mrs Lincoln aufgestanden war und vor dem Disziplinarausschuss Lügen über Lena verbreitet hatte, wütender als damals, als ich die vollgekritzelten Blätter im Arbeitszimmer meinesVaters gefunden hatte.
»Nein, das verstehe ich nicht. Falls Sie etwas wissen, das ihr helfen kann, warum sagen Sie es uns dann nicht? Und falls nicht, dann hören Sie auf, Ihre Jedi-Spielchen mit mir zu treiben, und lassen Sie mich meinenTraum sehen.«
»Ich will Lena nur schützen. Ich liebe Lena und ich würde
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