Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe
und der Männer und Frauen, die man verbrannte, weil sie von ihrer Gabe Gebrauch machten.«
»Meinst du etwa die Hexenprozesse von Salem?«
»Ich schätze, so nennt ihr sie. Aber an der gesamten Ostküste, nicht nur in Salem, fanden Hexenprozesse statt, eigentlich sogar auf der ganzenWelt. Die Hexenprozesse von Salem sind nur die einzigen, die in euren Schulbüchern erwähnt werden.« Sie sagte euren , als wäre es ein Schimpfwort, und vielleicht war es das an einemTag wie heute ja auch.
Wir fuhren am Stop & Steal vorbei. Boo saß an der Ecke beim Stoppschild und wartete. Er sah den Leichenwagen und trottete langsam hinterher. »Wir sollten den Hund im Auto mitnehmen. Er muss doch müde sein, wenn er dirTag und Nacht nachläuft.«
Lena sah in den R ückspiegel. »Er würde nie ins Auto einsteigen.«
Sie hatte recht, das war mir klar. Und als ich mich wieder nach Boo umdrehte, hätte ich schwören können, dass er nickte.
Auf dem Parkplatz sah ich als Erstes Link. Er trug eine blonde Perücke und hatte einen blauen Pullover an, auf dem das Abzeichen der Wildcats aufgenäht war. Sogar Pompons hatte er dabei. Er sah verwegen aus und ein bisschen wie seine Mutter. Das Basketballteam hatte nämlich beschlossen, dieses Jahr als Cheerleader zu gehen. Nach allem, was passiert war, hatte ich das komplett vergessen – wenigstens redete ich mir das ein. Ich würde deswegen ziemlichen Ärger bekommen, und Earl wartete förmlich darauf, mich fertigzumachen. Seit ich mit Lena zusammen war, hatte ich auf dem Spielfeld ein gutes Händchen gehabt. Jetzt spielte ich an Earls Stelle den Center in der Startaufstellung und natürlich war er davon alles andere als begeistert.
Lena schwor, dass es nichts mit Magie zu tun hätte, zumindest nicht mit Caster-Magie. Einmal sah sie bei einem Spiel zu und jederWurf von mir ging in den Korb. Der Nachteil war, dass sie mich während des ganzen Spiels mit Fragen löcherte; ihre Stimme in meinem Kopf fragte mich tausend Dinge, über Freiwürfe undVorlagen und die Drei-Sekunden- R egel. Wie sich herausstellte, war sie noch nie bei einem Spiel gewesen. Es war schlimmer, als mit den Schwestern auf den Jahrmarkt in die Stadt zu gehen. Danach kam sie nicht mehr zu den Spielen. Aber ich weiß, sie hörte aus der Ferne zu, wenn ich spielte. Ich spürte, dass sie da war.
Und womöglich war sie ja nicht ganz unschuldig daran, dass es die Cheerleader in diesem Jahr schwerer hatten als sonst. Emily plagte sich ziemlich ab, um ganz oben auf der Wildcats-Pyramide zu bleiben. Aber ich stellte Lena keine Fragen.
Heute war es gar nicht so leicht, die Jungs vomTeam rauszufischen, man musste ihnen schon auf die Pelle rücken, damit man die Haare an den Beinen und in den Gesichtern sah. Link kam auf uns zu. Aus der Nähe sah er noch schlimmer aus. Er hatte versucht, Make-up aufzulegen, sich mit pinkfarbenem Lippenstift bemalt und dergleichen mehr. Er hob seinen R o ck und zupfte an der Strumpfhose, die er darunter trug.
»He, du Arschgeige«, rief er quer über den Parkplatz. »Wo ist deineVerkleidung?«
»Tut mir leid, Mann. Hab’s vergessen.«
»Quatsch mit Soße, du hast einfach keine Lust, diesen ganzen Scheiß anzuziehen. Ich kenn dich doch,Wate. Du hast gekniffen.«
»Ich schwör’s dir. Ich hab’s vergessen.«
Lena lächelte Link an. »Du siehst toll aus.«
»Ich kapier nicht, wie ihr Mädchen euch so ein Zeug ins Gesicht schmieren könnt. Das juckt wie die Hölle.«
Lena verzog das Gesicht. Sie trug fast nie Make-up, sie brauchte keines. »Weißt du, nicht alle von uns unterschreiben einenVertrag mit Maybelline, wenn wir dreizehn werden.«
Link fuhr sich über die Perücke und stopfte sich noch einen Socken unter seinen Pullover. »Sag das mal Savannah.«
Wir stiegen dieTreppen hinauf, während Boo sich auf dem Rasen neben dem Fahnenmast niederließ. Fast hätte ich gefragt, wie es sein konnte, dass dieser Hund früher in der Schule war als wir, aber inzwischen wusste ich, dass es keinen Sinn hatte, sich darüber zu wundern.
Die Leute drängelten sich in den Gängen, als hätte die halbe Schule die erste Stunde geschwänzt. Die anderen von der Basketballmannschaft lungerten vor Links Umkleideschrank herum, alle im gleichen Fummel, es war ein Riesenknüller. Nur ich nicht.
»Wo sind deine Puschel,Wate?« Emory schüttelte einen direkt vor meinem Gesicht. »Was ist los? Sehen deine Hühnerbeine nicht gut aus in einem R o ck?«
Shawn zog seinen Pullover über. »Ich wette, kein
Weitere Kostenlose Bücher