Sixty Shades of Blood. Episode I: Rote Lust (Erotik-Satire oder so) (German Edition)
verflucht, mein Kind.« knarrte ihre Stimme. »Kein sterblicher Mann wird jemals dein Hymen durchstoßen. Du wirst auf ewig eine unbefriedigte Jungfer bleiben und langsam verdummen und vertrocknen.«
Meine Freundin Samantha hatte mir ein paar Tage zuvor e r klärt, was es mit dem Hymen und dem Durchstoßen auf sich hatte. Ihre Erklärungen ergaben zwar nur teilweise einen Sinn – beispielsweise verstand ich den Teil mit den Bienen und den Blüten nicht – aber es musste sich um etwas handeln, bei dem Jungs beteiligt waren. Also kicherte ich angemessen hysterisch.
»Ist das eine übernatürliche Strafe für Verfehlungen in einem früheren Leben?« wollte ich wissen, eingedenk der aktue l len Lehrmeinung meiner Granny.
»Nein.« gab die geisterhafte Stimme zurück. »Das liegt d a ran, dass dein Jungfernhäutchen die Konsistenz von dreifach gegerbten Elefantenleder hat. Ein genetischer Defekt, liegt in der Familie. Deine Mutter hat eine ganztägige Operation im Bethesda gebraucht, um es los zu werden.«
»Ah.« nickte ich. »Das erklärt auch, warum Johnny Rawls aus der Klasse über mir es kürzlich nicht schaffte. Er wollte mir ein spezielles Spiel zeigen. Wir zogen uns aus und er legte sich auf mich. Er hat geschnauft und gestoßen und gezerrt, aber er kam nicht dorthin, wo er wollte. Dann ist er erschauert und alles war nass. Er war total enttäuscht. Das lag wohl am Fluch.«
»Falsch.« polterte Granny. »Das war eine stinknormale vo r zeitige Ejakulation. Johnny Rawls ist verflucht! Wie jeder Fünfzehnjährige. Denen geht doch allen einer ab, sobald sie auch nur einen Quadratzentimeter nackter, weiblicher Haut erblicken. Das sind doch alles dumme, sexistische, filzlausve r seuchte, kleine…«
An dem Abend bekam ich kein vernünftiges Wort mehr aus meiner Granny heraus. Immer nur schweben und verheißen und künden und toben. Gegen zwei Uhr wurde sie speigrün im G e sicht und begann, die Küche vollzukotzen und den Satan zu beschwören. Ich holte die große Schleuder aus Andys Zimmer und schoss sie herunter. Am nächsten Morgen dachte sie glüc k licherweise, sie hätte sich das Handgelenk im Suff gebrochen.
Das mit dem Fluch ist natürlich reiner Quatsch. Es gibt keine Magie, keine Prophezeiungen, keine dunkle Seite der Macht. Ich weiß es, denn ich habe es ausprobiert. Experimentell!
Jene Nacht mit der schwerelosen Granny hatte mich doch beeindruckt. Also klaute ich ihr ein paar Bücher und las mich ein. Am erfolgversprechendsten erschien mir »Voodoo for Dummies«, weil es keine Vorkenntnisse voraussetzte. Ich ba s telte eine Puppe von Mr. Selkirk, dem verhassten Mathe-Lehrer, und hielt nach Ende der Schulstunde ein Feuerzeug daran.
Entgegen den Behauptungen im Buch ging Mr. Selkirk nicht in Flammen auf. Er sah mein Püppchen brennen, stürzte sich auf mich, entriss mir das Ding, und warf es ins Waschbecken, um ein Ausbreiten des Feuers zu verhindern. Leider traf er nicht das Waschbecken, sondern den Papierkorb, wo das Feuer sofort die weggeworfenen Spickzettel der letzten Mathe-Arbeit erfas s te. Mit einem »Wusch« fuhr eine Stichflamme hoch. Die D e ckenverkleidung begann zu glimmen. Mr. Selkirk schrie nach der Feuerwehr und rannte hinaus auf die Straße, um den Feue r melder gegenüber einzuschlagen. Dabei erwischte ihn ein Tan k laster aus Nebraska. Die großen Doppelreifen walzten ihn so platt, dass der Bestatter die herkömmlichen Methoden der re s taurativen Chirurgie nicht einsetzen konnte. Man rollte ihn schließlich zusammen und bestattete ihn in einem soliden Stück 12-Zoll-Abflussrohr.
Seit dieser Erfahrung ist mir völlig klar, dass es keine Zauberei in unserer Welt gibt. Folglich kann ich auch nicht ve r flucht sein. Richtig? Richtig!
Mir fällt auf, dass ich trotz meines geringen Alters ein ganz schön bewegtes Leben habe. Gleich morgen werde ich meine Memoiren schreiben, die Filmrechte nach Hollywood verka u fen, und den Rest meines Lebens beim Sonnenbaden am Pool verbringen.
Doch dann erinnere ich mich, dass Sonnenbaden heutzutage gefährlich ist. Nicht wegen dem Ozonloch, und auch nicht, weil Mr. Bellamy im Haus gegenüber immer mit seinem superve r größernden, hochgezüchteten, hypermodernen, restlichtverstä r kenden, Röntgenblick-tauglichen Fernglas zu uns herüber spannt. Sondern wegen der politischen Korrektheit unserer gr o ßen Nation. Wenn aufgrund der Brustwarze von Janet Jackson DefCon 2 ausgelöst wurde, dann möchte ich nicht wissen was passiert, wenn mich der
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