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Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute

Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute

Titel: Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt , Michael Sommer
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Stadtgründungen auf Sizilien war Herakleia Minoa, das zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im 6. Jh. v. Chr. von Selinus aus gegründet wurde. Der westsizilischen Stadt diente es primär als Vorposten gegen das rivalisierende Akragas, von dem es im 5. Jh. erobert und annektiert wurde. In den Konflikten zwischen Akragas bzw. Syrakus und Karthago wurde es erstmals 409 von den Puniern erobert und wechselte danach mehrfach den Besitzer. Im Zweiten Punischen Krieg fiel die Stadt endgültig an Rom.
    Die Kolonie erhob sich auf zum Meer hin abfallenden Terrassen nahe der Mündung des Flusses Halykos (Platani). Außer der Stadtmauer hat praktisch nichts von der archaischen Siedlung überdauert. Die rasterförmige Stadtanlage mit rechteckigen Blöcken und das Theater stammen aus dem 4. und 3. Jh. v. Chr.
    Polis
    Im Gepäck hatten die Siedler aus Griechenland, die Naxos, Syrakus und die übrigen Kolonien auf Sizilien – und anderswo in der westlichen und östlichen Diaspora der Hellenen – gründeten, die Begriffe und Erfahrungen ihres Herkunftslandes. Selbstverständlich versuchten sie, möglichst viel von dem Gewohnten in die neue Heimat hinüberzuretten. Ebenso selbstverständlich aber konfrontierte das Abenteuer Kolonisation sie mit neuen Erfahrungen, mit unweigerlichen Rückwirkungen auf die Organisation des politischen und sozialen Lebens in den Tochterstädten.
    Die Ankunft in einer neuen Welt stellte die Siedler vor eine Situation, in der unzählige Herausforderungen zu meistern waren: Nahrung, Kleidung und Baumaterial waren zu beschaffen; dem Frauenmangel war abzuhelfen; die Einheimischen waren als Partner zu gewinnen oder, wenn das nicht möglich war, durch Gewalt oder Androhung von Gewalt in Schach zu halten; Kämpfer mussten gedrillt werden und für den Ernstfall bereitstehen. Ackerland war unter den Kolonisten aufzuteilen, den Göttern mussten Heiligtümer gebaut und – vor allem – politisches und militärisches Führungspersonal rekrutiert werden.
    |51| Die Kolonisten, die nun Antworten auf diese – und andere – Fragen zu finden hatten, kamen aus einer Welt, in der keineswegs Lösungen für alle Probleme bereitstanden. Im Gegenteil: Als die ersten Siedler Euboia verließen, um fern der Heimat ihr Glück zu suchen, hatte der Prozess der Poliswerdung in Griechenland gerade erst begonnen: Im 8. Jh. hatte sich die griechische Gesellschaft sozial enorm differenziert. Macht hatte, wer über viel Land verfügte, und Land war ungleicher verteilt als zuvor. Schritt für Schritt mühte sich die Großgrundbesitzeraristokratie darum, ihrer Macht institutionelle Festigkeit zu verleihen. Und allmählich wurden auch die nicht so reichen, aber immer noch besitzenden Bauern, die als Hopliten in der Phalanx dienten, seit dem 7. Jh. das Rückgrat griechischer Heere, zu Teilhabern an der Macht: Die Polis war die Summe ihrer Bürger, ein autonomer Personenverband, der entsprechend als „die Athener“ oder „die Spartaner“ firmierte. Bis dahin aber war es ein weiter Weg: Ein etabliertes Modell, auf das sich die Auswanderer beziehen konnten, gab es deshalb nur sehr bedingt. Sie mussten improvisieren. Und das taten sie, mit enormer Kreativität und einigem Erfolg.
    Wie in den Mutterpoleis entstanden „Räte“, regelmäßig tagende kollektive Institutionen, in denen sich die Aristokraten trafen und über drängende Probleme sprachen, anstatt Streitigkeiten sogleich mit der Waffe in der Hand auszutragen. Doch ging der Regelungsbedarf weit über die Möglichkeiten solcher Gremien hinaus. Ohne dass man sich an einen Grundstock von Konventionen und Regeln halten konnte, war dafür zu sorgen, dass es bei der Landverteilung gerecht zuging; der ersten Siedlergeneration folgten Nachzügler, die ebenfalls mit Land zu versorgen waren und in die koloniale Gesellschaft integriert werden mussten. Gesetze mussten her. Nicht von ungefähr gingen die ersten Versuche, Recht zu kodifizieren, von der griechischen Diaspora aus. Zaleukos, der erste Grieche, der Gesetze aufgeschrieben haben soll, wirkte im 7. Jh. im kalabrischen Lokroi. Berühmt wurde sein jüngerer Zeitgenosse Charondas von Katane, der seinen Gesetzen dadurch Dauer zu verleihen suchte, dass er festlegte, ein jeder, der Änderungsanträge stelle, solle mit einem Strick um den Hals erscheinen, um im Fall der Ablehnung noch an Ort und Stelle erdrosselt zu werden (Diodor. XII. 11– 21).
    Charondas soll auch, so informiert uns Aristoteles (pol. II. 1, 2), Geldstrafen für all

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