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Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute

Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute

Titel: Sizilien - eine Geschichte von den Anfaengen bis heute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt , Michael Sommer
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aller hellenischen, von denen wir Kunde haben: das glänzendste für die Sieger, das unheilvollste für die Vernichteten. Denn in jeder Hinsicht und auf jede Weise waren sie unterlegen, in keinem Sinne waren es geringe Leiden, die sie zu erdulden hatten. In völliger Vernichtung, wie man so sagt, gingen Landheer und Schiffe und ohne Ausnahme alles zugrunde, und nur wenige von vielen kehrten in die Heimat zurück. Das war es, was sich in Sizilien zutrug“ – mit diesen Worten setzt unser Chronist Thukydides (VII. 87) den Akteuren ein in seiner Schlichtheit ergreifendes Denkmal. Für Athen bedeutete die Katastrophe vor Syrakus den Anfang vom Ende. Zwölf lange Kriegsjahre später kapitulierte die Stadt. Der Traum von der Weltmacht war ausgeträumt.
    Die Rückkehr der Tyrannen
    Die Syrakusaner hatten, wie Thukydides treffend feststellt, einen glänzenden Sieg errungen. Inneren Frieden brachte er ihnen nicht: In der Stadt rangen wie eh und je die Begüterten mit der Masse der Bevölkerung, welche die Hauptlast |64| des Krieges getragen hatte, um Macht und Einfluss. Der Demos setzte eine Reihe von Reformen durch, die Syrakus noch weiter dem Modell der extremen attischen Demokratie annäherten. Während Hermokrates, einer der Führer der oligarchischen Partei, eine Flotte in der Ägäis befehligte, wurde ihm das Kommando entzogen, er selbst verbannt.
    Unterdessen schwelte im Westen der Konflikt zwischen Selinus und Segesta weiter. Nach der Kapitulation ihrer attischen Bundesgenossen waren die Elymer von Segesta wieder auf sich allein gestellt. Als Segesta auf ihr Verhandlungsangebot nicht einging, wandten sie sich abermals an Karthago, und diesmal hatten sie Erfolg (410). Karthago gab seine passive Sizilien-Politik der letzten 70 Jahre auf und mischte sich ein. Der Sufet – so nannten sich die karthagischen Oberbeamten – Hannibal, der für die Aktion verantwortlich war, setzte auf eine wohlberechnete Doppelstrategie. Er wollte Krieg, aber mit Selinus, nicht mit Syrakus. Also wurde er bei den Syrakusanern vorstellig und bat sie darum, den Streit zwischen Selinus und Segesta per Schiedsspruch zu schlichten. Wie er erwartet hatte, waren die Selinusier nicht bereit, sich einem syrakusanischen Schiedsspruch zu beugen: Vor aller Welt standen jetzt sie, nicht Karthago, als Kriegstreiber da. Freilich brach Syrakus nicht alle Brücken zu Selinus ab. Dennoch sandte jetzt Karthago ein kleines Expeditionskorps, mit dessen Hilfe Segesta auch tatsächlich einen ersten Sieg über Selinus errang.
    Damit erreichte der Krieg seine nächste Eskalationsstufe. Syrakus, Akragas und Gela erklärten den Bündnisfall für gegeben und sagten Hilfe zu. Karthago indes stockte sein sizilisches Kontingent erheblich auf, und Hannibal konnte nach kurzer Belagerung als Sieger in Selinus einziehen. Dessen „Verbündete“ hatten keinen Finger gerührt: Zu einschüchternd hatte offensichtlich Hannibals Heerwurm gewirkt, zu verführerisch war die Option gewesen, den Dingen weit im Westen ihren Lauf zu lassen. Doch machte der Krieg hier nicht halt: Nachdem Hannibal Selinus geplündert und an den Bewohnern ein Massaker verübt hatte, wandte er sich Himera zu. Dort stand ein syrakusanisches Heer; obwohl es den Karthagern schwer zusetzte, konnte es die Belagerung und Eroberung von Himera nicht verhindern. Abermals statuierte Hannibal an den Bewohnern, soweit sie nicht geflüchtet waren, ein Exempel. Der karthagische Feldherr, der auf ganzer Linie gesiegt hatte, entließ sein Heer und kehrte in die Heimat zurück.
    Das Machtvakuum nutzte der verbannte Syrakusaner Hermokrates, den inzwischen die Perser großzügig mit Geldmitteln versehen hatten, um nach Sizilien zurückzukehren (408 v. Chr.). Er richtete sich mit einem Heer, das er noch im Osten angeworben hatte und das sich auf sizilischem Boden stetig verstärkte, |65| häuslich in den Ruinen von Selinus ein und tyrannisierte die Umgebung, die zum Territorium der phönizischen Städte Motye und Panormos gehörte, deren Schutzmacht Karthago war. Die punische Metropole fühlte sich herausgefordert – und entsandte Truppen. Abermals eskalierte die Gewalt: Hannibal, der sich zum Ziel gesetzt hatte, Sizilien ein für allemal zu erobern, stieß zunächst nach Akragas vor, das er belagerte (406). Nach einigen Monaten – Hannibal war inzwischen gestorben und Himilko, ein Verwandter, hatte das Oberkommando übernommen – gaben die Griechen ihre Stadt auf und zogen nach Leontinoi ab. Wenig später wiederholte

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