Skagboys 01
und denke kurz an die arme Janey, die in den nächsten paar Monaten jede Menge Stofftiere in der Frauenhaftanstalt Corton Vale zusammenbasteln wird. Der Richter meinte, dass ein Exempel an denjenigen statuiert werden muss, die sich mit betrügerischen Praktiken an den Ressourcen für die wirklich Bedürftigen bedienen. Ich glaube fast, dass er damit eins zu eins das Innenministerium zitiert hat. Janey wird dort sehr viel Neues lernen und mehr Muschis lecken als ein Postangestellter Briefmarken. Momentan lernt auch ihre Tochter jede Menge Neues – und zwar von mir. Diese langen, feuchten Küsse werden von Mal zu Mal besser. All meine Schmerzen scheinen wie weggeblasen, denn jetzt gehört sie mir! Ich löse meine Lippen von den ihren und schaue in die attraktiven, zugedröhnten Augen der traurigen Maria. — Ich werde dich niemals verlassen. Nicht so wie die anderen. Alles wird gut.
Ein trübsinniges Lächeln legt sich auf ihr Gesicht. — Meinst du das wirklich, Simon?
— Aye, sage ich, und es war mir in meinem ganzen verdammten Leben noch nie so ernst mit einer Sache. — Das tue ich. Auf jeden Fall.
Noch mal dasselbe
A ls ich gerade am oberen Ende der Easter Road vor dem Persevere Pub aus dem Einser aussteigen will, sehe ich Lizzie McIntosh zum Bus sprinten. Unterm Arm schleppt sie eine große Mappe von der Kunsthochschule, die dem scharfen Wind jede Menge Angriffsfläche bietet. Sie sieht unglaublich gut aus: sexy schwarze Boots über Wollstrumpfhosen, ein kurzer Rock mit rot-schwarz-gelben Streifen, der aber auch ein Kleid sein könnte, und obenrum ein großer brauner Mantel, Schal und Handschuhe. Ihre langen braunen Haare sind einen Tick dunkler als der Mantel. — Wart mal kurz, Kumpel, sag ich zum Busfahrer, der gerade losfahren will, und schiebe meine Sporttasche in den Eingang, damit er nicht die Türen schließen kann. Er sagt nichts, wirft mir aber einen bösen Blick zu.
Das nehm ich gern in Kauf, da Lizzie aus der Nähe betrachtet noch atemberaubender aussieht: Sie trägt kaum Make-up, hat nur etwas Eyeliner und einen kirschroten Lippenstift aufgelegt. — Danke, Tommy, japst sie und schiebt sich an Fearless Tommy Gun vorbei in den Bus, um ihr Ticket im Automaten zu lösen. — Bin spät dran. Ich will doch zu dieser Party … Sie lächelt mich an, und ich schmelze dahin. Was für ein Lächeln!
Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, oder wie sagt der Volksmund doch so schön? Also Angriff! — Dafür schuldest du mir einen Drink, Lizzie, versuche ich mein Glück, als die Türen vor meiner Nase zuschlagen und der Fahrer mit einem Murren in meine Richtung den Gang einlegt und davonfährt.
Draußen herrscht eine Eiseskälte. Es ist zwar erst Oktober, aber heute Morgen war schon Frost auf dem Boden. Wahrscheinlich ist auch der Rasen gefroren. Aus fußballerischer Sicht ist der fiese Wind allerdings viel schlimmer. Rents kommt übers Wochenende aus Aberdeen runter: Heute Abend gehen wir aus, und morgen steht das Derby in Easter Road an. Ich mach mich auf den Weg zu meiner Schwester Paula, um die Tasche abzustellen und mir etwas zwischen die Kiemen zu schieben. Sie hat mich zum Tee eingeladen, aber ich weiß nich so recht. Ihr Ehemann is so ein ständig jammernder Waschlappen aus Coventry. Schiebt die ganze Zeit voll den Deprifilm, der Typ. Sicher, wir haben alle mal solche Phasen, aber man kann sich davon doch nicht so runterziehen lassen. Kopf hoch, auch wenn der Hals dreckig ist!
Aber diese Lizzie … boah …
Bei meiner Schwester stelle ich meine Tasche ab und schlinge fix was runter, bevor ich mich auf den Weg ins Volley mache. Dachte, dass ich der Erste sein würde, aber Fehlanzeige: Die Jungs sitzen schon in einer Ecke, und Begbie hält Hof. — Tommy Boy, alter Wichser! Begbie scheint ernsthaft erfreut, mich zu sehen.
— Alles klar, Jungs? Ich nicke Rents zu, der ein rot-schwarz gestreiftes Shirt im Stil von Dennis the Menace trägt. Dann begrüße ich Nelly. Der Spinner hat sich ein neues Tattoo in die Fresse hacken lassen: ein Anker auf der Wange! — Machste dich hübsch fürn nächsten Knastaufenthalt, oder was?, witzele ich und zeige auf das Tattoo. Ich werfe diesem durchgedrehten Wichser Larry einen misstrauischen Blick zur Begrüßung zu und sag zum Schluss Davie Mitchell Hallo. Davie ist ein alter Fußballkollege von mir, der jetzt mit Mark bei Gillsland ackert. Wir trinken ein paar Bier, bringen uns gegenseitig auf den neuesten Stand, machen dumme Witze. — Haste dir oben in Aberdeen
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