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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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verstanden, aber ich war voll drauf und genoss mein High so sehr, dass mir derartige Überlegungen reichlich trivial vorkamen.
    — Da kommt der Stoff nämlich her. Er hielt ein kleines Plastiktütchen mit weißen Krümeln hoch zur Decke, in Richtung der schmucklosen Glühbirne. — Da machen se das Zeug: mitten im wunderschönen Gorgie. Kennste Seeker?
    Keine Ahnung, was dieses Gelaber über Gorgie sollte, schließlich war ich ein Leith-Boy. — Hab ma von ihm gehört.
    — Isn finstrer Geselle. Halt dich lieba fern von diesm Wahnsinnigen.
    Ich lächelte beim Gedanken an die Zwecklosigkeit dieser Warnung. Es schien unvermeidlich, dass Seeker und ich irgendwann Gefährten werden würden. Eigentlich war es eher überraschend, dass das nicht schon längst passiert war. Don laberte in einer Tour weiter, während ich schweigend dasaß und zusah, wie sich das Zimmer mit Dunkelheit füllte. Der Arsch hätte von dem Welpen labern können, den er seinem Neffen geschenkt hatte, oder von den Leichen, die unter seinen Fußbodendielen verscharrt lagen. Ich interessierte mich einen Scheiß dafür, was er erzählte, genoss aber den besänftigenden Rhythmus seiner Stimme.
    Als ich mich wieder bewegen konnte, kratzte ich die Kurve und ging zurück ins Wohnheim. Fiona hatte mir eine Nachricht unter der Tür durchgeschoben.
    M
    Wollt dich besuchen, aber kein sexy Luxus-Leith-Laddie da. Schnief!
    Sehen uns morgen in der Renaissance-Vorlesung. Kannst aber auch heut noch rumkommen, wenn du magst. Auf einen Tee … inklusive süßer Überraschung?
    Deine,
    F. xxxx
    Die Hand, in der ich den Zettel hielt, begann zu zittern. Ich liebte dieses Mädchen. Ich liebte sie wirklich. Ein schrecklicher Krampf zog durch meinen Körper, als mir klar wurde, dass sie mir schon bald weniger bedeuten würde als dieser abgehalfterte Wichser, den ich gerade erst kennengelernt hatte und eigentlich nicht abkonnte. Aber dieser Gedanke war nicht viel mehr als ein schwaches Flüstern, das vom euphorischen Jubelgesang des Skag übertönt wurde: »Alles bestens. Du bist okay. Alles andere is auch okay.«
    Ich ging nicht mehr zu Fi rüber. Stattdessen legte ich mich auf mein Bett und starrte das Deckenmuster an. Irgendwann driftete ich in einen unruhigen, anämischen Schlaf ab und wachte am nächsten Morgen von Hungerkrämpfen geplagt im kläglichen Licht des neuen Tages auf. Mir wurde bewusst, dass ich am Vortag keinen Bissen zu mir genommen hatte. Auf dem Boden vor dem Bett lagen meine Klamotten herum. Irgendwie musste ich es geschafft haben, sie in der Nacht auszuziehen. An meiner Ellenbeuge prangte ein gelblicher Bluterguss. Ich entschied, die Renaissance-Vorlesung sausen zu lassen.
    Stattdessen ging ich spazieren. Es war kalt. Für nicht viel mehr als eine Minute riss der graue Himmel auf, und helle Sonnenstrahlen strömten durch die Wolken hindurch auf die Stadt herunter, wo sie von den glitzernden Granitflächen der Silver City reflektiert wurden. Das Blut begann in meinem Kopf zu pulsieren, und ich wünschte mir, woanders zu sein. Ein paar Augenblicke später war die Sonne wieder verschwunden, und der graue Mantel legte sich erneut über die Stadt. Ich mochte es lieber so, bevorzugte diese graue Hülle, liebte das Gefühl, wie sich mein Geist bei Spaziergängen unter diesem trüben Himmel verlangsamte, bis ich schließlich ganz gefühlstaub und gedankenlos – befreit von der erdrückenden Last endloser Serien banaler Alltagsentscheidungen – nur noch stoisch einen Fuß vor den anderen setzte.
    Im Grunde genommen war ich von einer kalt-feuchten Gruft in die nächste gestolpert. Die neue lag nur etwas weiter oben an der Küste. Aber das war okay so, Aberdeen passte ganz gut zu mir. Ich mochte die Stadt und auch die meisten Leute hier. Sie waren im Allgemeinen ziemlich cool und entspannt. Keine dieser aufdringlichen, am eigenen Mythos werkelnden Maulhelden und Wichtigtuer – wie es so viele im Süden Schottlands gibt –, die sich ständig als die großen Macher verkaufen, aber in Wirklichkeit ausnahmslos erbärmliche Langweiler sind.
    Anstatt mich in Studentenkreisen zu bewegen, zog ich es vor, mit alten Knackern zu saufen, die mir Geschichten von der Schleppnetzfischerei und den Docks erzählten, und hing mit Fußballfans ab, die von großen Spielen und legendären Prügeleien berichteten. Diese Typen spielten sich nie groß auf, sondern waren bodenständig und bescheiden. Meist war ich der einzige Student in diesen Runden.
    Ironischerweise lagen meine

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