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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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herunterzählen … Gong … Gong … Gong …
    Ich versuche, etwas von dem Hackfleisch runterzukriegen, aber mein Schluckmechanismus ist im Eimer. Ich spüre, wie die Pampe in meiner Speiseröhre nach unten läuft, ohne dass meine Muskeln arbeiten. Der Speisebrei staut sich quasi zurück nach oben, sodass ich nach jeder Gabel ein bisschen mehr ersticke. Irgendwann verspüre ich aber ein Gefühl der Erleichterung, als der Brei in meinen verkrampften Tennisballmagen tropft. Meiner Mutter, die mich die ganze Zeit über eingehend gemustert hat, scheint etwas eingefallen zu sein, denn plötzlich springt sie wie von der Tarantel gestochen hoch und hastet zur Kommode. Alle sind von ihrer Hektik genervt. Sie greift einen Umschlag und reicht ihn mir. — Das ist für dich angekommen, meint sie vorwurfsvoll.
    Der Poststempel ist aus Glasgow, aber ich habe keine Ahnung, von wem der Brief sein oder worum es gehen könnte. Als ich bemerke, dass mich sechs neugierig glühende Augen anstarren, fällt mir auf, dass ich den Brief nicht einfach wegstecken und für später aufheben kann. Also öffne ich ihn. Es ist eine Einladung.
    Mr. und Mrs. Ronald Dunsmuir
    laden ganz herzlich
    Mr. Mark Renton
    zur Hochzeit ihrer Tochter
    Joanne April mit Mr. Paul Richard Bisset
    ein.
    Die Trauung findet am Samstag, dem 4. Mai 1985 um 13.00 Uhr in der St. Columba Church of Scotland statt.
    (Duchal Road, Kilmacolm, Renfrewshire, PA13 4 AU)
    Anschließend wird im Bowfield Hotel and Country Club gefeiert.
    (Bowfield Road, Howwood, in der Nähe des Glasgow Airport, Renfrewshire, PA9 1DB)
    U. A. w. g.: 115 Crookston Terrace, Paisley, PA1 3PF
    — Und, was ist es?, fragt meine Ma.
    — Nichts Besonderes. Eine Einladung. Mein alter Kumpel Bisto von der Uni heiratet. Ich bin ziemlich überrascht: erstens darüber, dass sie sich trauen lassen, und zweitens, dass sie mich einladen. Joanne muss schwanger sein. Eine andere Möglichkeit gibt es gar nicht, da beide noch ein Jahr in Aberdeen vor sich haben. Das letzte Mal bin ich Joanne auf der Union Street begegnet, als ich mal wieder, abgerissen wie ein obdachloser Penner, auf dem Weg zu Dons Bude war. Sie war damals mit einem anderen Mädchen unterwegs gewesen und hatte mich partout nicht ansehen, ja nicht mal wahrnehmen wollen. Stattdessen hatte sie die Kapuze ihres Sweatshirts über ihren Kopf gezogen und die Straßenseite gewechselt.
    Ma starrt in die Ferne und schüttelt den Kopf. Eine Tränenschicht legt sich über ihre Augen. Dann glotzt sie mich zornig an. — Das hättest du sein können … mit diesem netten Ding, dieser Fiona, sagt sie schniefend. — Oder mit der kleinen Hazel. Sie dreht sich zu meinem alten Herrn, der nur nickt und ihre Hand drückt.
    — Aye, noch mal mit knapper Not entkommen …, spotte ich.
    — Lass es, Mark! Lass es lieber bleiben! Du weißt ganz genau, was deine Mutter damit meint, schimpft mein Dad.
    Sicher doch! Was ich ganz genau weiß, ist, dass ich jetzt lang genug hier herumgehangen habe. Da die Sache mit dem Heroin nun aus dem Sack ist, schwinden auch meine Böcke, mir weiter diese langweiligen Was-haben-wir-bloß-falsch-gemacht-Diskussionen anzuhören. Im Grunde haben sie ja nur eine Sache falsch gemacht: Sie haben ihren selbstsüchtigen Launen nachgegeben und drei neue Leben in diese drecksbeschissene Welt gesetzt. Meines Wissens habe ich nicht darum gebeten, geboren zu werden, und dementsprechend habe ich auch keine Angst zu sterben. Es wird genauso sein wie die Zeit vor meiner Geburt: nicht sonderlich toll, aber auch nicht ganz und gar beschissen – sonst würde ich mich ja dran erinnern. Verdammt, dabei wollte ich doch nur meine bescheuerten Schallplatten holen. Billy schaut mich an und weiß ganz genau, was läuft, sagt aber nichts.
    Ich gehe noch schnell ins Badezimmer, um mir die Valium von meiner Ma einzustecken, und mach mich dann raus, den Walk hoch. Die Platten in meiner alten Sealink-Tasche sind verdammt schwer. Glücklicherweise treffe ich Matty und Sick Boy am Kirkgate. Die zwei sehen mindestens so scheiße aus, wie ich mich fühle. Keiner von beiden ist sonderlich erpicht darauf, mir beim Schleppen der Tasche zu helfen. Matty lässt sich schließlich doch breitschlagen, auch wenn es nur deshalb ist, weil er rausbekommen will, was drinnen ist. In diesem Moment macht es Klick bei mir: Bowie, Iggy, Lou … ich würde sie alle hergeben.
    — Alter, das wird ein schwerer Verlust, spricht Matty meine Gedanken aus.
    — Ich nehm mir die Alben auf Kassette

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