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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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einem einstöckigen weißen Gebäude. Ich bin ziemlich am Klappern und krampfe heftig. Mir tut alles weh, und meine Glieder fühlen sich verdammt steif an. Die Senkung der Methadon-Dosis macht sich langsam bemerkbar. Mein alter Herr öffnet die Tür, aber ich kann nicht mal allein aus dem Auto steigen. Als der kalte Luftzug von draußen in den Wagen weht, ergreift mich ein schweißtreibender Horror vor dem, was jetzt kommt. — Ich will das nicht machen!
    Während meine Mutter etwas von einem Neuanfang faselt, meint mein Vater nur, dass die Sache jetzt nicht mehr in meiner Hand liegen würde. Er greift meinen Arm und zerrt mich aus dem Wagen.
    Ich halte mich am Rücksitz fest. — Was gibt euch eigentlich das Recht, mich zu diesem Reha-Programm zu zwingen?
    Meine Ma schaut mich an, verdreht ihre irren Augen und versucht, meine Hand von dem Sitz loszureißen. — Wir lieben dich, Junge. Das gibt uns das Recht … jetzt lass endlich die Lehne los! Mein Dad zieht noch einmal kräftig an meinem Arm, und schon fliege ich quasi aus dem Auto. Ich stolpere und falle fast hin, aber mein alter Herr greift meine Jacke und hält mich wie eine willenlose Stoffpuppe auf den Füßen. — Komm schon, Junge, jetzt reiß dich zusammen, sagt er mit einer fürsorglichen und ermutigenden Strenge in der Stimme.
    Als ich da so auf meinen wackeligen Beinen stehe, merke ich, dass meine Augen jucken. Im nächsten Moment stehen sie unter Wasser. Ich wische die Tränen und den Rotz an meinem Ärmel ab. Meine Ma steigt nun auch aus dem Auto aus. Sie schüttelt den Kopf. — Ich verstehe wirklich nicht, warum ausgerechnet uns das passieren musste …
    — Vielleicht ist es ja wieder Gott, sage ich, als ich merke, dass sich der Griff meines Vaters löst. — Eine weitere Prüfung für euch, verstehst du?!
    Sie schaut mich an, hastet auf unsere Seite des Autos und wendet sich empört an meinen Dad. — Hast du das gehört, Davie?! Hast du das gehört?! Was für ein gehässiger Kommentar! Sie zeigt mit dem Finger auf mich. — Hör nur, wie du redest, du undankbares, kleines …
    — Das sind die Drogen, die da reden, Cathy. Der Entzug …, erklärt mein Dad mit finsterer Strenge und starrt mich dabei mit blinzelnden Augen an. Jetzt, da meine Ma abdreht, kann er den guten Cop spielen. Mein alter Herr ist ziemlich temperamentvoll, aber er hasst es, die Beherrschung zu verlieren. Meine Mutter hingegen ist normalerweise ziemlich relaxed. Bisher bestand meine Taktik darin, sie in Rage zu versetzen, was eigenartigerweise oftmals den Ärger meines alten Herrn entschärfte. Jetzt allerdings bin ich total am Klappern und habe keine Zeit mehr für derartige Ränkespielchen. Ich niese zweimal – erdbebenartige Erschütterungen, die meinen ganzen Körper durchrütteln –, und mein Alter schaut mich mit besorgter Miene an.
    Ich blicke mich um, sehe aber keine Fluchtmöglichkeit. — Komm, Junge, kommandiert mein Dad mit Ungeduld in der Stimme. Wir gehen auf dem Kieselsteinweg zur Eingangstür des weißen Gebäudes und treten ein. Innen schreit alles nach einer staatlich geführten Zwangsinstitution. Nach Kontrolle. Magnolienfarbene Wände, brauner Teppich, krasse Leuchtstoffröhren an den Decken.
    Wir werden von der Leiterin der Einrichtung begrüßt – einer dürren Frau mit hinten zusammengebundenem, dunklem Lockenhaar, roter Brille und filigranen Zügen. Sie ignoriert mich, schüttelt dafür aber die Hände meiner Eltern. Ein großer Kerl mit nach gesundem Lebensstil schreiendem Erscheinungsbild und blondem Pony lächelt mich an. — Ich bin Len. Er nimmt meine Sporttasche. — Ich bring das hier schon mal in dein Zimmer.
    Mein alter Herr rotiert mit dem Kopf wie ein Kuckuck und schaut sich alles aufmerksam an. — Scheint hier doch gar nicht so schlecht zu sein, oder? Er nimmt meine Hand und drückt sie. Seine Augen sind feucht. — Halt durch, Großer, flüstert er. — Wir glauben an dich.
    Schwester Vierauge labert derweil meine Ma voll, die ganz besorgt dreinschaut. — St. Monans ist ein Gemeinschaftsprojekt von zwei Gesundheitsämtern und drei Abteilungen für Sozialarbeit. Nach einer vollständigen Entgiftung führen wir hier eine patientenzentrierte Individualtherapie durch, zu der aber auch Gruppentherapiesitzungen gehören.
    — Das hört sich gut an.
    — Die Gruppe ist ein elementarer Aspekt unseres Therapieansatzes. Denn mit der Gruppe bekämpfen wir die Peer-Strukturen, die draußen das Substanzabhängigkeit fördernde Verhalten des

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