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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Ich muss ziemlich mitleiderregend auf die Krankenschwester – eine schmucke Freundin von Ali namens Rachael – gewirkt haben, da sie zu mir meinte: — Du bist der Nächste auf der Liste, Mark. Halt noch ein wenig durch!
    So saß ich in der Bude rum, las Bücher und dachte über Matty nach. Er konnte einfach kein Denunziant sein. Entweder hat man diese Schäbigkeit in sich, die es braucht, um einer dieser Anscheißer, Spitzel, Streikbrecher und Petzen zu sein, oder man hat sie nicht in sich. Matty hatte sie nicht. Das wusste ich. Es war eine ziemliche Überraschung, als er eines Abends mit einem recht bedrückten Ausdruck auf seiner sonst so aalglatten Fresse in unserer Bude auftauchte. Er fragte mich wegen Keezbo, und ich erzählte ihm von dem Reha-Projekt. — Da scheiß ich drauf, Alter, meinte Matty. — Ich mach keinen Entzug. Cold Turkey? Die spinnen wohl!
    — Die geben einem da aber Sachen, um klarzukommen.
    — Einen Scheiß geben sie dir da, Alter! Sie nehmen dir das Methadon weg! Und diese beschissenen Schlaftabletten, diesen Paracetamoldreck und den ganzen anderen Rotz, den sie da haben, kannste inne Tonne kloppen! Sie erzählen dir zwar was anderes, aber unterm Strich isses trotzdem n kalter Entzug, Mann! Das mach ich auf keinen Fall, ließ er mich wissen. — Hättest die Haftstrafe nehmen sollen, Alter. Ich hab nur vier Tage drin gesessen. Mit Methadon! Dann haben sie mich mit sechs Monaten auf Bewährung gehen lassen. Vier Tage U-Haft hättest du auch hinbekommen, Alter! Besser als eine Woche Cold Turkey und fünf Wochen Gehirnfick in diesem verkackten Reha-Schuppen!
    Ich geb’s nur ungern zu, aber nach dieser Ansage ging mir mächtig die Muffe. Das Methadon war zwar alles andere als eine perfekte Lösung, aber die Vorstellung, ohne Sirup und ohne Skag auskommen zu müssen, war nicht sonderlich angenehm. Obwohl ich an diesem Punkt verdammten Schiss vor der Reha hatte, war ich keineswegs bereit, es auf eine Knaststrafe ankommen zu lassen. Selbst ein paar Tage U-Haft schienen mir unmöglich.
    Matty blieb nicht lange. Ich erzählte ihm, dass ich keinen Stoff hätte, aber das war gelogen. Ich wollte ihm nur nichts abgeben. Nach einer Weile zischte er ab und drückte mir zum Abschied den üblichen Mist von wegen »Ruf mich an« auf.
    Ein paar Tage nach Keezbos Abgang tauchten meine Alten in unserer Bude auf. Sie hatten spitzgekriegt, dass ich neuerdings allein dort wohnte, und meinten, dass ich mich bei ihnen einquartieren sollte, bis ich den Platz im Reha-Projekt kriegen würde. Ich war nicht sonderlich angetan von dieser Idee, aber sie bestanden drauf. Machten sich offensichtlich Sorgen wegen einer Überdosis oder sonstigen Unfällen. Da just in diesem Moment das Methadon seine Wirkung tat, verfiel ich in eine lustlose Passivität und ließ mich von ihnen nach Hause schleppen. Außer Schlafen, Lesen und Fernsehglotzen passierte da nicht viel.
    Irgendwann rief Nicksy an und erzählte, dass Giro bei seiner Ma untergekommen war. Er selbst langweilte sich ziemlich. Deshalb überlegte er, mit Tony zusammenzuziehen. Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie er sich fühlte.
    Nachdem ich ein paar Tage in meinem alten Zimmer mit James Joyce abgehangen hatte, sagten mir meine Eltern plötzlich, dass ich meine Sachen packen sollte. Mein Vater meinte, dass ich einen Platz in der Reha bekommen hätte. Er klang fast so wie damals, als er den Bekannten und Nachbarn mit stolzgeschwellter Brust erzählt hatte, dass ich für die Uni zugelassen worden war. Die Aufregung in seiner Stimme war nicht zu überhören.
    Der erste große Nachteil an dieser Situation war natürlich, dass zur Vorbereitung auf den Entzug meine Methadon-Dosis gesenkt wurde. Die Leute in der Klinik hatten erfahren, dass ich in die Reha ging. Ich packte ein paar Klamotten und Bücher zusammen und steckte auch etwas von dem Briefpapier mit dem Kopf der Stadtverwaltung ein. Das hatte ich mal von Norrie Moyes für eine Racheaktion gegen die Currans bekommen, aus der aber nie etwas wurde.
    Wir fahren nach Norden – mitten ins Nirgendwo der oberhalb von Edinburgh gelegenen Grafschaft Fife. Es pisst ohne Ende. Ich sitze hinten, mein Vater fährt und sagt kein Wort. Dafür quasselt meine Mutter nervös irgendwelches Zeug und qualmt eine Zigarette nach der anderen. Als wir endlich ankommen, müssen wir erst durch dieses bescheuerte Kaff mit ein paar Häusern, einer Kirche, einem Pub und einem Park fahren, um zu unserem Ziel zu gelangen. Wir parken vor

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