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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Reha-Nummer durchziehen zu müssen. Dass er ein Bullenspitzel sein sollte, konnte ich mir nicht vorstellen.
    Tag 16
    Heute hatte ich meine erste Einzeltherapiesitzung mit Tom Curzon – laut Schwester Vierauge der »Superstar der Drogenreha«. Glasklar, dass sie auf ihn steht.
    Offenbar hatte Tom erwartet, dass ich das Reden übernehmen würde. Aber Fehlanzeige: Ich hab sofort dichtgemacht. Wäre wahrscheinlich einfacher gewesen, ohne Werkzeug eine Kokosnuss zu öffnen, als mich zum Quatschen zu bringen. Die Sitzung war verdammt anstrengend: eine unerbittliche Willensprobe, bei der um die bessere Ausgangsposition für die folgenden Gespräche gekämpft wurde.
    Tag 17
    Wieder vom Gekreische der Vögel aufgewacht. Raus in den Garten, obwohl es regnet, die Beine vertreten. Unter einem Busch an der Gartenwand dann ein verstörendes Bild: Eine Krähe rammt ihren Schnabel wieder und wieder in die Brust einer offenbar toten Taube. Als sie zu den Innereien vordringt, zieht sie ein schleimiges Stück Gedärm heraus und macht sich darüber her. Ich bin von der Szene wie gelähmt und frage mich, ob die Taube noch am Leben war, als ihr die Krähe die ersten Löcher in die Brust bohrte.
    Der Gedanke beschäftigt mich noch während des Frühstücks und sorgt für einen empfindlichen Magen.
    Keezbo kehrt zurück, verschanzt sich aber fortan in seinem Zimmer und kommt so gut wie nie raus. Ich beschließe, ihn nicht zu besuchen, sondern der wandelnden Speckrolle etwas Raum zu geben. Sieht so aus, als wenn er das gerade nötig hat. Ted aus Bathgate erzählt mir, dass Begbie jemanden in Saughton zusammengelegt hat. Es war aber nicht Cha Morrison.
    Bin mit diesem Weedgie-Typen warm geworden. Skreel heißt er. Wurde einkassiert, weil er aus einem Taxi abhauen wollte, ohne die Fahrt zu bezahlen. Hat zuvor in verschiedenen Obdachlosenunterkünften gehaust, hier und in Glasgow. Seine Augen haben immer noch gelb-schwarze Ränder von den vielen Prügeleien. Als er in St. Monans ankam, hat man ihm als Erstes die Haare geschoren. Seine lange Mähne war voller Läuse. Wir haben ihm natürlich gleich gesteckt, dass wir von einem Weedgie nichts anderes erwartet hätten.
    Er hat Unmengen von Abszessen an seinen Händen, Füßen, Armen und Beinen und stellt sie zur Schau wie Ehrenmedaillen. Wegen eines schlimmen Sturzes hat er jetzt einen etwas verkrüppelten Gang. Auch die Tatsache, dass er sich in Ermangelung nutzbarer Venen den Junk in die Arterien drückt, trägt zu seinem schlechten Allgemeinzustand bei. Er prahlt damit, dass er letztes Jahr auf 750 mg Heroin am Tag war – was ich nicht bezweifle.
    Seine Zähne sind allesamt verrottet und bereiten ihm starke Schmerzen. Die Schuld dafür gibt er den Barbituraten, die er mindestens genauso sehr liebt wie das Skag. Vor Skreel muss man einfach Hochachtung haben. Der Kerl ist in Ordnung. Wenn man den Weedgies eine Sache zugestehen muss, dann die, dass sie keine halben Sachen machen.
    »Ich werde eh bald unter der Erde liegen, Großer«, meinte er heiter zu mir während des Mittagessens, bei dem es ungenießbaren Käsesalat für mich sowie Pastete, Pommes und Bohnen für die anderen gab. Keine Ahnung, warum er mich so nannte, schließlich ist er mit eins dreiundachtzig ein paar Zentimeter größer als ich. »Bis es passiert, will ich mir aber noch anständig die Kante geben, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Tag 18
    Als ich aufwache, grüßt mich eine goldene Sonne, die in einen blauen Himmel strahlt. Im Hof genieße ich ihre Wärme auf meinen nackten Armen und höre dem aufgeregten Gezwitscher der Vögel zu. Die Elstern krakeelen lauthals im Ahornbaum und hören sich dabei an wie die Ratschen in den Fußballstadien der Fünfziger. In mir kommt das Verlangen auf, diese großen, dunklen Mauern zu überwinden, die zusammen mit dem dichten Blattwerk der Bäume einen falschen Horizont bilden.
    Ich genieße die Arbeit mit den Hanteln mehr und mehr. Für gewöhnlich pumpen Seeker und ich morgens und nachmittags, nach Frühstück und Mittagessen. Ich mag die Disziplin, die dem Ganzen innewohnt. Man drückt die Gewichte hoch und spürt, wie das Blut durch Körper und Gehirn rauscht. Ein Gefühl von Ebbe und Flut stellt sich ein, und in meinem Inneren beginnen diese endlos scheinenden, mysteriösen Kräfte zu fließen. Seeker stemmt viel schwerere Gewichte als ich und legt anständig Muskelmasse zu. Kein Wunder, seine Physis scheint bestens dafür geeignet. Aber auch ich bemerke, wie an meinen Armen und

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