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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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werden, um mit einer reduzierten Dosis wieder draufzukommen. Komplett aufhören wollte keiner von uns. Auf keinen Fall! Ziel war es, einen klaren Schnitt zu machen, um danach wieder kontrolliert drücken zu können, ohne dass uns alles aus den Händen glitt. Erfolg stellte sich bei diesem Reha-Spielchen allerdings nur ein, wenn wir erstens dem Therapeutenteam glaubhaft etwas vormachen konnten und zweitens die Therapeuten sich selbst in ausreichendem Maße belogen. Alles hing davon ab, wie gut wir uns und ihnen die Mär von dem Wunsch nach einem drogenfreien Leben verkauften.
    CLEAN SEIN. UM DANN WAS ZU TUN?
    Nur Seeker wollte etwas anderes. Er wollte eine Bude auf Teneriffa, wo die unbarmherzige Kälte nicht das Metall in seinem Körper angreifen konnte.
    Hab noch mehr über den Yorkshire-Trip mit Dad geschrieben. Das Schreiben ist meine Zuflucht. Ohne das wäre mein Leben an diesem Ort unerträglich. Um ein wenig zu experimentieren, habe ich es in Form einer Erzählung verfasst und beschrieben, wie mich diese Ereignisse geprägt haben.
    Journal-Eintrag: Die Sache in Orgreave
    Selbst diese Holzbohle von einer Couch kann nicht verhindern, dass mein Körper in einen erlösenden Schlaf sinkt. Es erinnert mich an mein Zimmer im Studentenwohnheim in Aberdeen: Ich liege im Dunkeln und bade förmlich in dem befreienden Gefühl, diese Angst los zu sein, die sich nachts in meiner Brust ansammelte wie der zähe Schleim in der seinen. Denn ganz gleich, was ich draußen höre – Autos, die nachts durch die engen Gassen der Sozialsiedlung brettern und mit ihren Scheinwerfern in dieses muffige Zimmer leuchten, Besoffene, die die Welt besingen und verfluchen, oder fürchterlich jaulende Katzen beim Liebesspiel –, ich weiß, dass ich diese Geräusche nicht hören muss.
    Kein Husten.
    Kein Schreien.
    Tag 39
    Großes Drama, als rauskommt, dass Skreel letzte Nacht ohne Abmeldung verschwunden ist. Heute früh tauchte er wieder im Reha-Zentrum auf: zugedröhnt und mit einem dämlichen Lächeln in der Visage. Aus seinem zermatschten Riesenzinken tropfte ein wenig Blut. Auf die Frage, wo er war, antwortete er mit einem gleichgültigen Schulterzucken. Es sieht alles danach aus, dass er in Kirkcaldy Stoff aufgetrieben hat, und ehrlich gesagt bin ich der Meinung, dass der Mann einen Skagorden für seine außergewöhnliche Einsatzbereitschaft verdient. Er blieb allerdings nur eine halbe Stunde bei uns, bevor die Bullen kamen und ihn ins Gefängnis abtransportierten. Meiner Meinung nach wurde er lediglich wieder ins Gebäude gelassen, um den Rest der Gruppe durch den Anblick der Polypen abzuschrecken.
    Sofort wird eine Sitzung der Prozessbegleitungsgruppe einberufen, in der wir – wie nicht anders zu erwarten – »unsere Gefühle« angesichts dieses Vorfalls diskutieren sollen. Die Emotionen kochen hoch, und Ted, der sich mit Skreel angefreundet hatte, liefert sich eine verbale Schlacht mit Len, Tom und Amelia. Irgendwann schreien sich alle an. Ted beschimpft das Therapeutentrio als »Denunziantensäue« und stürmt aus dem Gruppenraum. Molly lästert derweil weiter über Skreel, der ihrer Meinung nach »alle Reha-Teilnehmer enttäuscht hat«. Nun, um ehrlich zu sein, bin ich in der Tat ziemlich enttäuscht von Skreel. Schließlich hätte er mir ruhig verraten können, dass er stiften geht und eine lokale Skagquelle aufgetan hat – dann wäre ich nämlich zwei Sekunden nach ihm über diese beschissene Mauer geklettert. Da ich von Natur aus immer erst mal dagegen bin, nehme ich nicht an dieser »Diskussion unserer Gefühle« teil. Irgendwann ringe ich mir doch noch ein paar Floskeln ab. »Skreel ist weg. Macht meiner Ansicht nach keinen Sinn, den Fall weiter zu diskutieren oder irgendwelche Leute zu beschuldigen. Lasst uns einfach mit unserem Scheiß weitermachen.«
    Gina, der fette Neuzugang, frisch aus dem Entzug und am Klappern wie nichts Gutes, heult in einer Tour. »Ich halte das nicht aus …«, und so weiter und so fort. Dabei sitzt sie auf ihren Handflächen, die fleischigen Arme fest an die Seite gepresst, und wippt auf dem Stuhl vor und zurück. Der kleine Kerl, der mit ihr zusammen kam, hört auf den Namen Lachlan oder Lachy oder so, wie er uns schüchtern mitteilt. Da er in der Obhut einer staatlichen Einrichtung ist, werde ich ihn in Anlehnung an seinen richtigen Namen zukünftig »Lakai des Staates« nennen.
    Molly und Schwester Vierauge sind mittlerweile dicke Kumpelinen. Ms. Bloom hat sich dabei fast in einen Klon der

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