Skagboys 01
als wär’s gestern gewesen. Hintere Reihe von links nach rechts: ich, Keezbo, Tommy, Rab …, ich schaue rüber zu den Jungs mit ihren Perlen, dann wieder zu Billy, — … Franco und Deek Low. Vorne hockend ebenfalls von links nach rechts: Gav, English George, Johnny Crooks, Gary McVie. Und erinnerst du dich noch an den armen Gazbo? Daneben dann Schokofresse Dukey und Matty mit einem Torwarttrikot.
Billy schaut mich etwas verdutzt an, während unser alter Herr freudig ausruft: — Nun, wenigstens hat dieser ganze Drogendreck deinem Erinnerungsvermögen nicht geschadet!
In der Tat, das funktioniert noch spitzenmäßig. Ganz klar erinnere ich mich noch an eine bestimmte Adresse in der Albert Street und die dazugehörige siebenstellige Telefonnummer, die mir Seeker gegeben hat. Ich gehe zu Hazel rüber und lege meinen Arm um ihre schlanke Taille. Sie riecht wunderbar und sieht mit ihrem freundlichen Lächeln, diesem gelben Kleid und den farbigen Socken einfach fabelhaft aus – ein bisschen wie ein amerikanisches Vorstadtmädchen aus den Fünfzigern, das gerade ins Kino gehen will. In meiner Hose regt sich was, und ich denke über meine Optionen nach. Entweder verziehe ich mich mit Hazel in die Wohnung in der Monty, um schlechten Sex zu haben, oder ich versuche, Johnny, Spud, Matty, Keezbo und Konsorten aufzuspüren … oder aber ich gehe meinen guten Kumpel und persönlichen Fitnesscoach Seeker besuchen.
Avanti
W enn ich sage, dass der beschaulichste Ort in diesem Kaff der Bahnhof ist, kriegt man eine ungefähre Vorstellung von der Attraktivität dieses Drecksnests. Natürlich würde ich den Kollegen in Leith niemals verraten, dass die Heimatstadt meiner Mutter ein kleines Kackdorf ist, das einerseits weit entfernt von den atemberaubend schönen Landstrichen der Toskana liegt und andererseits nicht der Geburtsort von Fußballgenies wie Sandro und Valentino Mazzola ist – wie ich diesen Einfaltspinseln jahrelang weisgemacht habe. In der Nation mit den sehr wahrscheinlich sensationellsten Landschaften auf Gottes weitem Erdenrund ist dieser Ort wie eine Distel in einem Beet voller Rosen. Selbst die beschissensten Käffer in dieser trostlosen Gegend schauen noch auf dieses Dorf herab. Kein Wunder, dass die Familie meiner Mutter sogar einen Ort wie Schottland diesem Landstrich vorzog.
Als ich noch ein Kind war, kam mir das alles gar nicht so schlimm vor. Sicherlich war mir auch damals nicht entgangen, dass ein großer Teil der Stadt seit einem Erdrutsch in den Sechzigern unter einem Haufen Dreck und Schlamm begraben lag. Als kleiner Steppke sah ich aber nur den geheimnisvollen Ort, die eingebildete Stadt unter der Erde, und erkannte nicht die Realität einer von Selbstgefälligkeit und Korruption zerfressenen Stadtverwaltung. Auch wenn das alte Bauernhaus der Familie schon damals keinen Künstler mehr zu Meisterwerken inspirieren konnte, erschien es mir doch irgendwie romantisch und war keinesfalls die zugige Bretterbude inmitten einer ländlichen Armensiedlung, die ich heute sehe. Ähnlich verhält es sich mit dem riesigen Schrottplatz voller rostiger Fiats, der immer noch die kleine Ortschaft dominiert: Für uns war er ein geschätzter Spielplatz und nicht dieser unheimliche Schandfleck in der Landschaft, der er in Wirklichkeit ist. Mit meinen Kinderaugen sah ich nicht, dass der Boden um die Ortschaft trocken und unfruchtbar war und die Einwohner des Kaffs abstoßend und deprimiert genug aussahen, um die Gorgie Road bevölkern zu können.
Es gibt nur zwei Orte, an die ich mit Wohlwollen denke: zum einen die Café-Bar im Bahnhof, in der ich gerade sitze und einen fantastischen Kaffee schlürfe. Zum anderen die alte Scheune, in der mein Cousin Antonio in weiser Voraussicht einen Stapel aus der Kirche geklauter Betkissen deponierte, bevor er nach Neapel ging, um eine Stelle als unbedeutender Staatsbeamter anzutreten. Gemäß der Familientradition war die Scheune auch der Ort, an dem ich es endlich mit Massima trieb.
Bevor ich schließlich das Siegel brechen durfte, musste ich mich zwei frustrierende Wochen lang mit Küssen, Grabbeleien und amateurhaften Blowjobs zufriedengeben. Glücklicherweise war ich abgehärtet, denn ich kannte derartiges Theater schon zur Genüge. Früher hatte ich es bei diversen Girls aus der katholischen Mädchenschule in Edinburgh erdulden müssen. (Zum Glück hatte mich mein Vater auf eine nicht-konfessionsgebundene Schule geschickt. Eine der wenigen Sachen, für die ich ihm wirklich
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