Skagboys 01
sein.
Während sie weitergehen, erklärt Renton seine Gedankengänge. — Das hier muss das Werk sein, wo Seeker, Swanney und Co. ihr Skag herbekommen haben … die Produktionsstätte von dem obergeilen Weißen. Seeker wird irgendeine arme Sau erpresst haben, die hier gearbeitet hat.
— Ja! Von hier muss das ganze Zeug kommen, meint Sick Boy. Ein nervöses Zucken huscht über sein Gesicht. — Lass uns ihn noch mal anrufen, fordert er, aber Renton verwirft den Vorschlag seines Freundes sofort. Sein Gehirn arbeitet auf Hochtouren und versucht, die Puzzleteile zusammenzusetzen. Seeker und Swanney mussten beide Kontakte im Werk gehabt haben: irgendwelche armen Schweine, die sie dazu zwangen, große Risiken einzugehen und den Stoff rauszuschmuggeln. Aber damit war jetzt Schluss. Die Kontaktleute der beiden waren entweder im Knast gelandet oder davongelaufen. Möglicherweise war ihnen noch Schlimmeres zugestoßen. In jedem Fall hatte das Unternehmen von der Schmuggelei erfahren und die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Damit war es für Mitarbeiter unmöglich geworden, den Stoff aus der Fabrik zu schmuggeln. In der Folge rutschten Swanney und Seeker in der Dealer-Hackordnung nach unten und mussten sich in eine nationale Lieferantenkette integrieren, die das Braune aus Afghanistan und Pakistan einführte. Vorbei waren die Tage, in denen sie als lokale Superdealer das heiß begehrte Weiße verkauften. Mit finsterer Miene schaut Renton durch den Maschendrahtzaun ins Innere der Fabrik. — Da drinnen liegt er … der reinste weiße Shit, den wir jemals kriegen können. Hinter diesen Toren, Zäunen und Mauern …
— Und, was machen wir jetzt? Sollen wir die Typen da drinnen etwa fragen, ob sie uns was verticken?, spottet Sick Boy.
Renton ignoriert ihn erneut und setzt seinen raschen Gang um das Werk fort. Sick Boy bleibt nichts anderes übrig, als ihm nachzulaufen. Als er seiner Blickrichtung folgt, öffnet sich ein Fenster zu der Gedankenwelt seines Freundes.
Das kann der Arsch doch nicht ernst meinen …
Aber Renton ist noch nie zuvor etwas so ernst gewesen. Die logische Seite seines Gehirns hat sich dem Suchtdruck unterworfen. Seine angespannten Muskeln, die schmerzenden Knochen und die geschundenen Nerven schreien allesamt: JA, JA, JA …
Die Opiumfabrik. Ein paar Eisenbahnstrecken bestimmen das Werk – ein Gleis trennt den Komplex von der angrenzenden Brennerei, ein anderes verläuft mitten durch die Anlagen. Sie gehen an dem Mitarbeiterparkplatz vorbei und schauen über den Zaun auf das imposanteste Gebäude unter den Industriebauten: ein großer, silberfarbener Kasten, aus dessen Seiten eine Unmenge glänzender Rohre und Leitungen herausragen und steil in den Himmel emporsteigen. — Das sieht nach Verarbeitung aus … chemische Prozesse, meint Renton. — Das muss der Ort sein, an dem sie das verdammte Skag herstellen!
— Aye … aber … aber wir können doch nicht in die beschissene Fabrik einbrechen!
Als Nächstes erfasst Rentons Auge die Laderampe, wo große Plastikkisten aufeinandergestapelt sind. — Da lagern sie den Scheiß. Frag mich echt, was in diesen Kisten drin ist!
Ehrfürchtig starren sie die Behälter an, die auf der anderen Seite des Stacheldrahtzauns und der Sicherheitskameras aufgetürmt sind. Mit dem Inhalt nur eines dieser Container würden sie für eine verdammt lange Zeit ausgesorgt haben. — Aber wir können doch nicht einfach …, beginnt Sick Boy mit dünner Stimme zu protestieren.
Als sie an der angrenzenden Industriebrache vorbeilaufen, an der ein großes Schild auf die bevorstehende Errichtung eines neuen Supermarkts hinweist, versuchen sie, die Sache zu durchdenken. — Hier stellen sie es her, und hier lagern sie es auch …, murmelt Sick Boy und merkt, dass ihn Renton angesteckt hat. Sie leiden wie Hunde unter dem Entzug. Es gibt keinen anderen Ausweg.
— Zuerst müssen wir überlegen, wie wir reinkommen, sagt Renton nickend. — Dann, wie wir an das Morphin gelangen.
— In diesem Werk werden alle möglichen Arzneimittel hergestellt, nicht nur Skag. Is wahrscheinlich leichter, einen dreistelligen IQ in Tynecastle zu finden, meint Sick Boy frustriert. — Wenn wir doch nur Insider-Infos hätten!
— Nun, Swanney oder Seeker können wir wohl kaum fragen, erwidert Renton.
— Auf keinen Fall.
Sie schleichen weiter um das Werk herum und gelangen auf die betriebsame Western Approach Road, auf der die Autos in Richtung Innenstadt vorbeischießen. Früher gehörten diese
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