Skagboys 01
hinüberlaufen und zum Zaun des Werks zurückkehren. Renton bleibt erneut stehen und schaut auf das Stück zwischen dem viktorianischen Bürogebäude auf der einen und dem Bahndamm sowie der Überführung auf der anderen Seite. Er scheint etwas entdeckt zu haben und zeigt es Sick Boy.
Es ist ein schmuckloses Nebengebäude mit einer kleinen, rechteckigen, grün gestrichenen Tür. Das Dach scheint mit Teerpappe beschichtet zu sein. Der Bau befindet sich neben den Resten eines älteren Gebäudes – mittlerweile nicht viel mehr als ein von Dreck und Unkraut bedeckter Haufen Steine und verrottender Bretter. Sie halten inne und schauen es sich durch den Zaun hindurch an. Als zwei Anzugträger aus dem Bürogebäude kommen und in ein Geschäftsgespräch vertieft zum Parkplatz auf der anderen Straßenseite gehen, setzen sich die beiden Freunde eiligen Schrittes in Bewegung. Sie wissen jetzt, was sie tun werden. Über die Gorgie Road gehen sie zurück ins Zentrum. Ihr Ziel ist ein Bücherladen namens Bauermeister’s auf der George IV Bridge. Dort stehlen sie eine Karte von West-Edinburgh, dem Stadtteil, der sie mit einem Mal brennend interessiert.
Als sie in die Wohnung in der Montgomery Street zurückkehren, ist Hazel verschwunden. Renton sagt nichts. Kaum haben sie sich gesetzt, hören sie ein zurückhaltendes Klopfen an der Tür. Als sie öffnen, stehen Spud und Keezbo vor der Wohnung – eine jämmerliche Version von Dick und Doof, krank und zitternd durch den fehlenden Stoff. Renton und Sick Boy beginnen im Wohnzimmer, ihren Plan darzulegen, als es plötzlich erneut an der Tür klopft. Dieses Mal ist es Matty, vollkommen fertig und kaputt.
Renton fällt auf, dass er noch nicht mal versucht hat, die ausgedünnten Stellen an seinen Schläfen zu verbergen, indem er – wie sonst immer – die vorderen Haare an die Seiten klatscht. Er riecht wie ein ausgegrabener Leichnam, und eine Seite seines Gesichts wird von einem nervös zuckenden Spasmus verzerrt. Der Entzug setzt ihm mehr zu als den anderen. Renton schaut Sick Boy an, und sie entscheiden stillschweigend, dass sie Matty nicht außen vor lassen können. Als alle wieder sitzen, fährt Renton mit seinen Erklärungen fort.
— Das ist doch Wahnsinn, Mann. Kann gar nicht funktionieren. Dafür wandern wir ins Kittchen, und zwar richtig lange. Ich sag’s euch, Leute! Richtig lange, Mann …, keucht Spud.
— So wie ich das sehe, haben wir keine andere Wahl, erwidert Renton schulterzuckend. — Ich hab schon Leute in Glasgow, London und Manchester gefragt. Die Bullen und der Zoll haben ein paar große Ladungen hochgenommen. Momentan gibt es einfach kein Braunes. Echte Dürre, verstehste?! Entweder versuchen wir unser Glück auf diese Tour, oder Cold Turkey ist angesagt. So einfach ist das.
— Ich kann auf keinen Fall Cold Turkey machen. Dafür hab ich mir viel zu viel Skag reingepfiffen, meint Sick Boy kopfschüttelnd. Allein der Gedanke an den kalten Entzug reicht aus, damit seine Poren dicke Schweißperlen ausstoßen und sein Körper zu revoltieren beginnt. — Das würde mich killen. St. Monans können wir auch vergessen. Amelia und Tom werden wohl kaum so nett sein, uns zu einer neuen Reha-Runde einzuladen, sagt er. — Nach allem, was wir wissen, kann es noch Ewigkeiten dauern, bis irgendwer den Arsch in der Hose hat, eine neue Ladung Brau nes ins Land zu schmuggeln, oder die Bullen das Zeug wieder in Umlauf bringen … und das ist eine Ewigkeit zu lang für mich!
— Was denkt ihr, Jungs? Renton schaut in die angespannten Gesichter, in denen nervöse Augen hin und her rasen.
— Wenn es ein runder Plan ist, mach ich mit, sagt Matty zögerlich.
— Ich auch, Mr. Mark und Mr. Simon, fügt Keezbo hinzu.
Alle schauen nun auf Spud. — In Ordnung, gibt er sich mit einem kaum hörbaren Krächzen geschlagen.
Renton breitet zwei Karten auf dem Boden aus: zuerst die von Bauermeister’s, auf der er mit einem Filzstift ein paar Linien eingetragen hat, dann eine Zeichnung, aus der keiner schlau wird. — Ich brauch wohl nicht extra zu sagen, dass niemand etwas davon erfahren darf. Nicht mal eure besten Kumpels. Er schaut alle nacheinander an. — Bloß gut, dass Franco im Knast ist. Der würde uns erst als komplett bekloppt abstempeln und dann aber drauf bestehen, den Chef zu spielen. Wahrscheinlich würde er auch vorschlagen, den Security-Heinis die Fresse zu polieren, anstatt ihnen aus dem Weg zu gehen.
Alle müssen leise kichern. Matty allerdings, der, wie Renton
Weitere Kostenlose Bücher