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Skalpell Nr. 5

Skalpell Nr. 5

Titel: Skalpell Nr. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Baden , Linda Kenney
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Unterbiss«, sagte Jake, »und die Haare um sein Maul herum sehen aus, als hätte er gerade einen Donut gegessen.«
    »Er ist noch zu jung für den Kieferorthopäden. Aber Sie sollten wissen, dass Mycroft ein Unternehmer ist. Sein Hundefriseur hat ein Parfüm nach ihm benannt: Mycroft Millefleurs, der Duft für den feinen Hund.« Sie warf ihm einen Blick zu. »Wenn doch alle Männer so gepflegt wären.«
    Die Fahrt zum Baxter Community Hospital dauerte knapp zwei Stunden, die Jake damit füllte, ihr von Pete Harrigan und dessen tödlicher Krebserkrankung zu erzählen. Als sie ankamen, ließen sie Mycroft mit seinem Lieblingskauknochen im Auto, während Jake direkt zur Leichenhalle ging und Manny in dem angrenzenden Warteraum Platz nahm, der für Familienmitglieder gedacht war, die ihre Angehörigen identifizieren mussten. Es war ein deprimierender kleiner Raum mit flackernden Neonlampen und ohne Fenster. Manny spürte, wie ihre Aufgeregtheit verschwand und der bitteren Realität von Tod und Trauer wich. Sie fragte sich, wie ein Mann wie Jake tagtäglich mit so etwas klarkam. Was für Tragödien hatte er schon gesehen? Wie wappnete er sich dagegen? Wenn ein Mensch eines natürlichen Todes gestorben war, so war normalerweise keine Obduktion erforderlich, das wusste sie. Also handelte es sich bei den Todesfällen, mit denen Jake zu tun hatte, um Morde, Selbstmorde, Unfälle – Menschenleben, die brutal geendet hatten. Im Rahmen ihrer Arbeit hatte sie schon einige Tote gesehen und sich immer für deren Fürsprecherin gehalten. Aber sie wirklich anzufassen, sich eingehend mit ihnen zu beschäftigen? Unvorstellbar.
    »Manny?«
    Sie schoss förmlich von der Couch hoch. »Jake! Sie haben mich erschreckt. Schon fertig?«
    »Hab noch gar nicht angefangen. Es ist kein Helfer da.«
    »Helfer?«
    »Kein Obduktionsassistent. Der bewegt die Leiche, näht sie hinterher wieder zu, fasst zwischendurch mit an.« Die Haut unter seinen Augen war grau vor Müdigkeit. »Ich habe gerade mit dem Coroner im benachbarten County gesprochen. Der ist jetzt hier verantwortlich, seit Pete … seit Baxter County keinen Gerichtsmediziner mehr hat. Er sagt, der Assistent ist in Urlaub und sie können so schnell keinen Ersatz auftreiben.«
    »Wann können Sie frühestens jemanden auftreiben?«
    Er lächelte sie zaghaft an. Sie hoffte, dass es ein Versuch sein sollte, charmant zu wirken.
    »Ehrlich gesagt –«
    Sie wusste, was jetzt kam.

6

    M anny war noch nie bei einer Obduktion dabei gewesen. Irgendwie der passende Abschluss für einen Tag, an dem sie sich todschick angezogen hatte. Sie trug von Kopf bis Fuß Chanel, sogar ihr Halstuch. Das Outfit war so elegant, dass selbst Coco dafür gestorben wäre – ein zweites Mal. Sie hatte sich selbst nie als besonders mädchenhaftes Mädchen gesehen. Da sie Einzelkind war, hatte ihr italienischer Vater sie wie einen Sohn erzogen. Er hatte ihr alles beigebracht: angeln, würfeln, Football spielen und wie man Steckdosen und Lampen anbrachte. Sie mochte Kampfsportarten, James Bond und Gruselfilme an Samstagnachmittagen. Als sie klein war, hatte sie im Sandkasten mit Jungs gespielt, jetzt trat sie in einer weit größeren Arena gegen sie an.
    »Theresa Alessis’ Tochter hat ihre Mutter tot in der Küche auf dem Boden gefunden und den Rettungswagen gerufen«, erklärte Jake. »Die Sanitäter haben versucht, sie wiederzubeleben. Vergeblich. Sie hatten über Funk Kontakt mit dem Arzt in der Notaufnahme, und der hat Theresa für tot erklärt. Anschließend wurde der Leichnam hierher gebracht. Seitdem hat sie niemand mehr angefasst. Wenn wir in New York wären, hätte der Obduktionsassistent sie schon aus dem Leichensack genommen, sie ausgezogen und für die Obduktion vorbereitet. So jedoch steckt sie noch immer im Leichensack. Da wir nicht wissen, was ihr zugestoßen ist, müssen wir die Untersuchung sehr vorsichtig durchführen.«
    Er ging vor Manny durch die Leichenhallentür, die hinter ihnen zufiel.
    »Du lieber Himmel!«
    Der Obduktionsraum war wesentlich kleiner als der, in dem Jake sonst arbeitete, aber er sah ganz ähnlich aus. In der Mitte stand ein Metalltisch, dessen Fußende über ein Waschbecken ragte. Auf dem Tisch lag ein schwarzer Leichensack, der offensichtlich enthielt, was sein Name verhieß. Zwei weiße Leichensäcke, ebenfalls gefüllt, lagen auf Bahren an der Wand.
    »Was haben Sie?«, fragte Jake.
    »In den Säcken da sind Tote, und die liegen einfach so rum.«
    Er warf ihr einen Blick

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