Skalpell Nr. 5
und dafür entschuldige ich mich.« Sie legte den Plan auf den Tisch. »Pfeifen Sie die Bullen zurück.« Falls es hier überhaupt irgendwas Erfreuliches gibt, dann ist es das Vergnügen, Parklandius um Worte ringen zu sehen.
»Dr. Harrigan kann das Foto unmöglich entwendet haben«, sagte er.
Jake zuckte die Achseln. »Es war aber in seinem Nachlass.«
Parklandius fand die Fassung wieder. »Dr. Harrigan war seit neunzehnhundertdreiundsechzig Mitglied unserer Stiftung, Dr. Rosen. Wir haben ihm sogar seine erste Anstellung vermittelt und ihn nach seiner Zeit als Assistenzarzt in Turner untergebracht. Ihm war ganz bestimmt klar, dass er sich jederzeit alles aus dem Archiv hätte ausleihen können.«
Pete hat nie erwähnt, dass er mal in Turner gearbeitet hat, und es stand auch nicht in seinem Lebenslauf, dachte Jake. Er hat das Zeitungsfoto aus der Akte genommen, und weil er nicht die Absicht hatte, es zurückzugeben, hat er das andere reingetan. Er wollte das Original für mich haben – aber warum? Jake schloss die Augen und musste daran denken, wie Pete versucht hatte, ihm etwas zu sagen, als er bei ihm zu Hause war. Eine tiefe Traurigkeit trieb ihm fast Tränen in die Augen. Natürlich, Pete hatte ihm reinen Wein einschenken wollen.
»Sie sehen also, das Ganze ist ein Missverständnis«, sagte Manny. »Wenn Sie mich nicht festnehmen lassen, verklage ich Sie nicht wegen falscher Beschuldigung. Sie haben alles zurückbekommen, ganz gleich, wer es genommen hat, und niemandem ist irgendein Schaden entstanden. So klärt sich alles wie von selbst, finden Sie nicht?« Sie hielt ihm die Hand hin, Handfläche nach unten, wie eine gezierte Aristokratin. Er sah aus, als hätte er sie am liebsten gebissen.
Leise schimpfend verließ Parklandius den Lesesaal.
»Ungehobelter Kerl«, sagte Manny. »Hat sich gar nicht richtig verabschiedet.«
»Trotzdem glaub ich nicht, dass wir noch länger bleiben können. Er will bestimmt nicht, dass wir die Akten noch einmal durchsehen.«
Manny rief Kenneth von ihrem Handy aus an. »Du wusstest nicht, dass Kenneth jetzt auch für uns arbeitet, was?«, fragte sie Jake anschließend. »Wir sind jetzt alle Schnüffler. Ist doch toll, oder?« Sie wurde wieder ernst. »Er hat sich um diese Zahnärzte von Isabella gekümmert, Iras und Lowell. Sind beide tot – beide durch einen Autounfall –, der eine zweiundsiebzig, der andere vierundachtzig.«
»Meinst du, sie wurden ermordet?«
»Kann schon sein. Sieht so aus, als würde jeder, der mal irgendwas mit dieser psychiatrischen Klinik zu tun hatte, verfrüht das Zeitliche segnen.«
»Uns eingeschlossen, wenn wir diesen Fall nicht lösen.« Er ging Richtung Tür.
Sie lief ihm nach. »Was machen wir jetzt?«
»Wir fahren nach Turner. Ich möchte Marge Crespy von der Historical Society einen Besuch abstatten.«
25
J ake saß mit hängendem Kopf im Auto und starrte gequält geradeaus. Manny wollte ihn trösten, ihn in die Arme nehmen, aber sie hielt sich zurück. Er leidet, dachte sie. Nicht nur Harrigan ist gestorben, sondern auch das Bild, das Jake sich von ihm gemacht hatte. Das muss er mit sich allein ausfechten.
»Pete hat etwas über diese Experimente gewusst, keine Frage«, sagte er schließlich. »Er hat nicht nur davon gewusst, sondern er hat sie auch durchgeführt. Nicht aus eigenem Antrieb, dafür war er noch zu jung, aber er hat mitgemacht. Mein Gott, wie muss ihn das belastet haben! Vierzig Jahre, in denen er die schlimmste Sünde verheimlicht hat, die ein Arzt überhaupt begehen kann.« Er wandte sich ihr zu. »Ich hab ihn geliebt, Manny. Er war mein Lehrer und mein Vorbild. Ich weiß nicht, ob ich ihm je verzeihen kann.«
»Er wollte dir alles gestehen«, gab sie zu bedenken. »Deshalb hat er dich angerufen. Nicht, um dir zu sagen, dass er Krebs hatte, sondern um über diese Sache zu reden.«
»Ich frage mich, ob er etwas gesagt hätte, wenn die Knochen nicht gefunden worden wären. Ihm muss sofort klar gewesen sein, von wem sie stammten, und die Bestätigung hatte er dann durch die Röntgenaufnahmen. Kein Wunder, dass er mir die Röntgenbilder nicht geschickt hat. Er muss sie beseitigt haben.«
»Und dann hat jemand ihn beseitigt«, sagte Manny leise. »Vergiss das nicht. Irgendwer muss gewusst haben, dass Pete Harrigan reden wollte.«
Wie sich herausstellte, wohnte Ms. Crespy im oberen Stockwerk des Gebäudes, das die Historical Society beherbergte. »Sie sind dieser Doktor aus New York«, sagte sie zu Jake. Sie
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