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Skalpell Nr. 5

Skalpell Nr. 5

Titel: Skalpell Nr. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Baden , Linda Kenney
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war eine drahtige, ausgesprochen kernige Frau, die im Gegensatz zu Jakes erstem Eindruck doch noch keine fünfzig zu sein schien. »Ich erinnere mich, dass Sie mit dem guten Dr. Harrigan zusammengearbeitet haben.« Sie sah Manny an. »Und Sie sind –?«
    »Philomena Manfreda. Ich bin Anwältin und vertrete die Interessen der Tochter von James Lyons, einem der Patienten, deren Knochen auf der Baustelle gefunden wurden.«
    Ms. Crespy führte sie nach oben in ihre Wohnung, ließ sie im Wohnzimmer Platz nehmen und setzte Kaffee auf. »Wir glauben, Skelett Nummer vier identifiziert zu haben«, sagte Jake. »Die Frau.«
    »Sie hieß Isabella de la Schallier«, sagte Manny und reichte ihr die Kopie des Fotos, die Jake vom Original gemacht hatte. »Auch sie war Patientin in Turner. Sie ist die Frau neben dem jungen Arzt –«
    »Dr. Harrigan!« Ms. Crespy war sichtlich perplex. »Ich hatte keine Ahnung, dass er mal in der Klinik gearbeitet hat. Meine Güte, wieso hat er denn nie was gesagt?«
    Wally meint, dass sie mit den Schmiergeldern für den Bau des Einkaufszentrums nichts zu tun hat, dachte Jake. Und das stimmt anscheinend. »Ja. Erkennen Sie die junge Frau?«
    Sie studierte das Foto. »Nein. Aber das wäre auch unwahrscheinlich. Ich hatte nie viel Kontakt zu den Patienten, und außerdem ist das Foto ja über vierzig Jahre alt.«
    »Könnte die Historical Society Informationen über sie haben?«, fragte Manny. »Vielleicht irgendwas über ihren Tod?«
    »Ich kann mich nicht erinnern, dass mir ihr Name schon mal in unseren Unterlagen begegnet ist. Aber die Academy hat mehr Akten archiviert.«
    »Da waren wir heute Morgen schon«, sagte Jake. »Von dort stammt auch das Foto.«
    Ms. Crespy betrachtete es erneut. »Ich kenne sie nicht, leider.« Plötzlich hellte sich ihre Miene auf. »Aber sehen Sie. Auf dem Weg da hinter ihr und Dr. Harrigan. Das Mädchen, das da allein spazieren geht, das kenne ich.«
    In Manny keimte Hoffnung auf. »Tatsächlich?«
    »Aber ja. Das ist Cassandra Collier – als Teenager natürlich.«
    »Lebt sie noch?«, fragte Jake mit mühsam beherrschter Stimme.
    »Ja, wenn man das Leben nennen kann. Sie ist eine Einsiedlerin. Wohnt in dem alten Haus ihres Vaters. Die Leute hier glauben, sie ist verrückt, dabei ist sie völlig normal. Ich bring ihr hin und wieder was zu essen, und dann unterhalten wir uns.«
    »Ob sie mit uns reden würde?«, fragte Manny.
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Kommt auf ihre Stimmung an.«
    »Warum war sie denn in der Klinik?«
    »Ihr Vater – der bekannte Gynäkologe Timothy Collier – hat sie nach dem Tod ihrer Mutter einweisen lassen. Mrs. Collier war Konzertpianistin, bis die Arthritis ihr die Finger verkrüppelte – ist vor Kummer gestorben, sagen die Leute.«
    Nun komm endlich zur Sache, beschwor Manny sie innerlich.
    »Jedenfalls, in jungen Jahren scheint Cassandra ein richtiger Teufelsbraten gewesen zu sein. In einer Zeit, als ein wohlerzogenes Mädchen vor der Heirat keinen Mann an sich ranließ, war sie promisk. Und Collier steckte sie in die Klinik, um sie zu zähmen, nicht weil sie verrückt war. Er hat die Klinik mit Finanzspritzen unterstützt – es gab mal eine Collier-Bibliothek auf dem Gelände –, und sie nahmen Cassandra auf, weil sie sein Geld brauchten. Der Direktor war nicht gerade der Moralischsten einer –«
    Wie recht du hast.
    »– und sie haben die arme Cassandra gegen ihren Willen dort festgehalten, bis ihr Daddy starb. Dann hatten sie nicht Eiligeres zu tun, als sie loszuwerden.«
    »Sie müsste wissen, was in der Klinik vor sich ging, als Isabella de la Schallier starb«, sagte Jake mit bemüht ruhiger Stimme.
    »Vermutlich.«
    »Aber es könnte sein, dass sie nicht mit uns reden will?«
    »Ich wette, sie tut’s, wenn ich Sie vorstelle«, sagte Ms. Crespy. Sie sprang auf und eilte zur Tür. »Kommen Sie, ich bring Sie hin. Vorher machen wir einen kleinen Abstecher zur Baustelle; die sind schon richtig weit. Ich finde, Sie sind in Ordnung, und Sie waren mit Dr. Harrigan befreundet.« Sie seufzte. »Cassandra ist ganz bestimmt zu Hause.«

    »Sie müssen entschuldigen«, sagte Cassandra, »ich habe normalerweise keine Gäste, deshalb kann ich Ihnen nur Tee anbieten.«
    Es war vonseiten Ms. Crespys nicht viel Überredungskunst erforderlich gewesen, um sie dazu zu bewegen, mit Manny und Jake zu reden, und jetzt standen die drei verlegen in dem großen Foyer eines ehemals prächtigen Hauses, das mittlerweile arg

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