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Skandal im Ballsaal

Titel: Skandal im Ballsaal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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erreichten, war er angenehm überrascht, seine Schwägerin schon dort zu finden; und er geriet eben in mildere Stimmung, als er plötzlich bemerkte, dass der Stutzer bei ihr nicht ihr Bruder, sondern Sir Nugent Fotherby war. Er erstarrte, der Ausdruck guter Laune auf seinem Gesicht wechselte blitzartig in den hochmütigen Erstaunens. Phoebe, die den heftigen Wunsch unterdrücken musste, ihm genau zu sagen, was sie von so einer abscheulichen Selbstüberschätzung hielt, konnte nur Mitleid für Sir Nugent fühlen.
    Ihr Mitleid war vergeudet. Sir Nugent wusste, dass Sylvester ihn nicht mochte, aber es kam ihm nie in den Sinn, dass Sylvester oder sonst jemand ihn verachtete. Hätte man ihn bewegen können, das zu glauben, er hätte angenommen, Sylvester sei im Oberstübchen nicht ganz richtig, und er wäre überaus entsetzt gewesen. Als Sylvester sein Monokel hob, war er durchaus nicht entmutigt, da es klar war, dass Sylvester die großartige Anordnung seines Halstuches studierte.
    Er war nicht überrascht; er wäre enttäuscht gewesen, wenn das, was ihn so viel Zeit und Geschick gekostet hatte, keine Aufmerksamkeit erregt hätte. Nicht jedermann konnte einen „Oriental" binden: Er war ziemlich sicher, Sylvester konnte es nicht; und sollte Sylvester ihn fragen, wie man es machte, so müsste er ihm sagen, dass es Jahre brauchte, die Kunst zu erlernen, und oft mehrere Stunden konzentrierter Anstrengung, um ein ansehnliches Ergebnis zustande zu bringen, wenn man es dann einmal gelernt hatte. Andere Männer mochten Sir Nugent beneiden; sie konnten ihn nicht verachten, denn seine Abkunft war untadelig, sein Vermögen überstieg sechzigtausend Pfund pro Jahr, und seine Zechge-nossen, die Lord Marlow grob als „Kletten" brandmarkte, boten Gewähr dafür, dass er, wie in allen modischen Angelegenheiten der eleganteste Vertreter der feinen Gesellschaft, in der Welt des Sportes der Nonpareil war, stets an erster Stelle, ein sicherer Tipp, allen Arten von Schwindel gewachsen, niemals zu schlagen in irgendeiner Sache.
    Die Unmöglichkeit, ihn zu beleidigen, rettete das Vergnügen des Tages vor dem Eklat. Er ergriff die erste Gelegenheit, die sich bot, seinen prächtigen Fuchs Seite an Seite von Sylvesters Reitpferd zu drängen, in der Absicht, seine Aufmerksamkeit auf den Umstand zu lenken, dass er, wie er es ausdrückte, Lady Henry gerade zur rechten Zeit ins Ziel gebracht habe.
    „Man kann Ihnen gratulieren", sagte Sylvester in entmutigendem Tone.
    „Teuflisch nett von Ihnen, das zu sagen, Herzog!", erwiderte Sir Nugent und nahm die Huldigung mit einer leichten Verbeugung zur Kenntnis. „Ich will gern gestehen, dass es nicht leicht war. Es hat mich teuflisch viel Geschicklichkeit gekostet. Wenn es etwas gibt, worauf ich stolz bin, ist es das.
    ,Lady Henry', sagte ich - nun, um ihnen nichts vorzumachen, Herzog, ich sagte es noch verdammt kräftiger! -, .Meine Liebe', sagte ich, ,wir werden Seine Gnaden nicht freundlich stimmen, wenn wir ihn beim Rendezvous ungeduldig warten lassen. Nehmen Sie mein Wort darauf!' Das tat sie."
    Gegen seinen Willen erheiterte sich Sylvesters Gesicht.
    „Das tat sie?"
    „Sie tat es", beteuerte Sir Nugent ernst! „,Mein süßes Leben', sagte ich - Sie haben doch nichts dagegen, Herzog?"
    „Nicht das geringste."
    „Sie haben keinen Einwand?", rief Sir Nugent aus, drehte sich um und starrte Sylvester an, eine Anstrengung, die die steifen Spitzen seines Kragens und die Höhe jenes orienta-lischen Gebildes notwendig machten.
    „Warum sollte ich?"
    „Sie haben den Kern der Sache getroffen, Herzog!", sagte Sir Nugent. „Warum sollten Sie? Ich kann es nicht sagen, und ich glaube, ich habe mir den Kopf zerbrochen. ,Meine Liebe', sagte ich (wenn Sie nichts dagegen haben), ,Sie haben sich eine Laune in Ihr Köpfchen gesetzt.'"
    „Und was hatte sie dazu zu sagen?", fragte Sylvester, den der Wunsch beseelte, Phoebe wäre nicht nach vorne gesprengt.

„Sie stritt es ab", sagte Sir Nugent. „Sagte, Sie wären gesonnen, uns ein Hindernis in den Weg zu legen."
    „Oh?"
    „Genau, was ich selbst sagte. ,Oh!' sagte ich."
    „Nicht,,meine Liebe'?"
    „Da nicht. Denn ich war überrascht. Sie könnten sagen, ich war wie begossen."
    „Wie eine Ente im Gewitter."
    „Nein", sagte Sir Nugent und erwog das. „Ich bilde mir ein, Herzog, wenn Sie ringsum in der ganzen Gesellschaft fragen sollten, ob Sir Nugent Fotherby jemals wie eine Art Federvieh in solch einer Lage ausgesehen hätte, wäre die Antwort, mit

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