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Skandal im Ballsaal

Titel: Skandal im Ballsaal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Er konnte freundlich sein, aber nur wenn er es wünschte. Nun, es war alles sehr geheimnisvoll, und was sie betraf, so war sie völlig bereit, ihm jede Hilfe, die er immer brauchte, zu gewähren. Man sah einem geschenkten Gaul nicht ins Maul und bestimmt nicht einem geschenkten Gaul, den Sylvester lieferte.

    Die Begegnung im Park entschied die Angelegenheit: Sylvester konnte nicht sofort zurückgewiesen werden. Er hatte es zweifellos für Phoebe unmöglich gemacht, aber das war eine Überlegung, die ihr erst einfiel, nachdem sie ihre Entscheidung getroffen hatte. Ohne im geringsten Gefahr zu laufen, ihr Herz an ihn zu verlieren, fand sie seine Gesellschaft angenehm, und es hätte ihr leidgetan, sie zu missen. Wenn er ihr zu dienen versuchte, wie er der unbekannten Miss Wharfe gedient hatte, konnte es keinen besseren Weg geben, ihn aus der Fassung zu bringen, als seine Anträge in der Haltung kühler Freundlichkeit anzunehmen. Das war ein ausgezeichneter Grund, Sylvester zu ertragen; innerhalb sehr kurzer Zeit hatte Phoebe einen weiteren gefunden.
    Mit der Rückkehr so vieler Mitglieder der guten Gesellschaft nach London kam eine ganze Anzahl von Einladungen in die Green Street; und Phoebe, die Gesellschaften mit einigem Zittern besuchte, entdeckte rasch die Vorteile, die sich an ihre Freundschaft mit Sylvester knüpften. Ihre zweite Season war völlig verschieden von der ersten! Damals hatte sie keine Bekannten in der Stadt gehabt; sie hatte Qualen der Schüchternheit ertragen; und sie hatte keinerlei Aufmerksamkeit erregt. Nun, obwohl die Schar ihrer Bekannten nicht groß war, erweckte sie sehr viel Aufmerksamkeit, denn sie war Salfords letzte Eroberung. Leute, die früher Phoebe als nachlässig gekleidet aburteilten, ohne annehmbare Schönheit oder Lebensart, entdeckten nun, dass ihr Antlitz ausdrucksvoll war, ihre ungezwungenen Äußerungen unterhaltend und ihre Einfachheit erfrischend. Ungewöhnlich: das war das Beiwort, das man für Miss Marlow gebrauchte. Es rührte von Lady Ingham her, aber keiner erinnerte sich daran. Ein stilles Mädchen ohne Anspruch auf Schönheit musste ungewöhnlich sein, um Sylvesters Zuneigung fesseln zu können. Es gab natürlich viele, die sich nicht vorstellen konnten, was er an ihr fand; sie würde es nie mit den anerkannten Schönheiten aufnehmen können oder sich mehr als eines mäßigen Erfolgs erfreuen. Glücklicherweise war sie schon damit zufrieden, sich in der Gesellschaft heimisch zu fühlen, sich ein paar angenehme Freunde erworben zu haben und auf einem Ball niemals Mangel an einem Partner zu leiden. Keine Dame, die von Sylvester an einem Abend zweimal zu einem Tanz aufgefordert wurde, brauchte dieses Schicksal zu fürchten. Noch war Sylvester in Gefahr, abgewiesen zu werden, während er fortfuhr, sie mit gerade dem richtigen Grad schmeichelnder Aufmerksamkeit zu behandeln. Sein Beweggrund mochte hinterlistig sein, aber man konnte nicht leugnen, dass er ein angenehmer Gesellschafter war; und darüber hinaus einer, bei dem es nicht notwendig schien, dass man seine Zunge im Zaum hielt. Auch sein Sinn für Humor war auffallend: Oft, wenn eine alberne Bemerkung geäußert wurde oder irgendwer sich in einer eindeutig lächerlichen Art benahm, pflegte Phoebe instinktiv zu ihm hinzublicken, da sie wusste, dass er ihr Ergötzen teilen müsse. Es war seltsam, wie man sich auf der dümmsten Gesellschaft unterhalten konnte, weil jemand anwesend war, dessen Augen man für den Bruchteil einer Sekunde begegnen konnte, in wortloser Würdigung eines Scherzes, an dem die anderen nicht Anteil hatten: beinahe so seltsam wie die Langeweile bei Gesellschaften, auf denen diese Person nicht anwesend war. Oh nein! Miss Marlow hatte, obwohl sie sich seiner Arroganz, seiner Selbstsüchtigkeit und seiner verabscheuungswürdigen Eitelkeit völlig bewusst war, nicht die Absicht - nicht die unmittelbare Absicht -, Sylvester zurückzuweisen.
    Außerdem hatte er für sie eine kleine spritzige Stute mit einem seidigen Maul besorgt, die in all ihren Gangarten vollkommen war und so voll Mutwillen wie nur möglich. Phoebe hatte unwillkürlich aufgeschrien, als sie Firefly zum ersten Mal gesehen hatte: Wie konnte es Mrs Newbury ertragen, dass jemand anderer auf ihrer schönen Stute ritt? Mrs Newbury wusste das nicht, aber sie zog ihren lieben alten Jupiter vor. Phoebe verstand sofort: Sie selbst besaß einen Deckhengst, dessen Glanzzeit längst vorbei war, der aber noch immer ihr Lieblingsreitpferd

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