Skandal In Belle Terre
dass deine Lady warten wird.” Als Jericho ihn überrascht ansah, fuhr er fort: „Ich habe sie oft in den Nachrichten gesehen. Sie hat schon Mut gezeigt, als sie mitten aus Kampfgebieten berichtete. Und ich weiß, dass sie in Belle Terre nie zur so genannten Oberschicht gehörte. Dabei sollte diese versnobte Kleinstadt verdammt stolz auf Miss Delacroix sein.”
Und bevor Jericho noch etwas sagen konnte, grinste Yancey noch einmal kurz. „Bis später.”
Jericho drehte sich mit seinem Drehsessel zum Fenster um und sah auf die Stadt. Irgendwo da draußen war der Mann, der als Jugendlicher sein, Jerichos, Kind getötet und sein Leben mit Maria Elena zerstört hatte, bevor es überhaupt angefangen hatte.
5. KAPITEL
Lautlos glitt die Tür des Aufzugs auf, und Jericho trat in den geräumigen Flur der Wohnung im zweiten Stock. In den zwei Wochen seit dem Brand von Marias Mietwagen war er ein häufiger Besucher des Hotels geworden.
Den Fahrstuhl konnte man nur noch mit einem Passwort und einem Schlüssel benutzen, so dass Cullen nicht mehr neben der Fahrstuhltür vor dem Apartment Wache schieben musste, in dem Maria wohnte.
Court und seine Leute sorgten allerdings immer noch dafür, dass kein Unbefugter ungesehen in das Hotel kam. Jerichos Leute waren im Garten verteilt und beobachteten den Teil des Flusses, an den das weitläufige, abgeschiedene Gelände grenzte.
Cullen war für Marias Sicherheit verantwortlich und war immer in der Nähe. Er war groß und kräftig und hatte Maria in sein Herz geschlossen, was bedeutete, dass er sie mit derselben Zärtlichkeit behütete, die er sonst nur für Eden übrig hatte. Wenn man ihn zusammen mit den zwei Frauen sah, wirkte er wie eine Glucke mit zwei Küken.
Als Maria darauf bestanden hatte, in Belle Terre zu bleiben, war Jericho dagegen gewesen. Er wollte anfangs auch nicht, dass sie in dem Hotel wohnen blieb, aber später war ihm klar geworden, dass sie dort am sichersten aufgehoben war.
Sein eigenes Haus lag einsam auf einer kleinen Landzunge zwischen hohen Palmen und niedrigen Büschen. Der nächste Nachbar war weit entfernt. Der Strand gehörte zwar zu Jerichos Grundstück, aber er war nicht für Fremde gesperrt.
Immer noch wünschte Jericho sich um Marias Sicherheit willen, dass sie Belle Terre verlassen würde. Auf der anderen Seite freute er sich jeden Abend auf sie.
Er blieb in der Tür zum Wohnzimmer stehen und lauschte. Es war merkwürdig still. Eden hatte ihn unten begrüßt und ihm versichert, dass Maria ihn erwartete. Normalerweise war das große Zimmer hell erleuchtet und Musik spielte. Und sobald Maria den Aufzug hörte, stürzte sie an die Tür, um ihn zu begrü
ßen.
Heute war nur ein kleiner Teil des Zimmers erleuchtet. In diesem Raum, der üblicherweise voller Leben war, herrschte eine eigenartige Ruhe. Jericho spürte plötzlich, wie sein Herz klopfte.
Instinktiv legte er die Hand an den Griff des Revolvers.
Dieses war Marias Lieblingszimmer, und normalerweise achtete sie auf eine gewisse Ordnung. Jetzt aber war alles mit Stapeln von Büchern und Papieren belegt. Es sah auf den ersten Blick chaotisch aus, auf den zweiten allerdings bemerkte Jericho, dass das Ganze Methode hatte und nicht nach einem Einbruch aussah.
Er atmete auf und nahm die Hand von der Waffe. Auf dem Couchtisch lagen ein Skizzenblock und ein Stift. Auf dem Blatt waren Linien und Schattierungen zu sehen, aber bevor er noch erkennen konnte, was es sein sollte, hörte er ein Geräusch und ging in Marias Schlafzimmer.
„Jericho”, rief sie, als er hereinkam, „ich habe dich gar nicht kommen hören.” Sie trug einen Stapel Kleidung auf den Armen, ging aber auf ihn zu, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. „Bist du heute früh dran?”
„Nein, ich bin eigentlich eher spät.” Er sah von Maria zu dem Bett, auf dem offene Koffer lagen. „Es ist schon nach sieben, Maria Elena.”
„Du meine Güte. Ich habe wirklich die Zeit vergessen.” Sie blickte auf ihre Jeans und das T-Shirt. „So kann ich wirklich nicht essen gehen. Ich werde schnell duschen und …” Sie sah seine unbewegliche Miene und stockte. „Oder bist du zu hungrig, um zu warten?”
Jericho sah wieder auf die offenen Koffer und dann auf Maria.
„Im Augenblick habe ich keinen besonderen Appetit.” Seine Stimme klang heiser und angestrengt. „Wir können uns doch das Essen heraufbringen lassen, und dann kannst du mir erzählen, was das alles hier bedeutet.”
„Das sieht wie ein
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