Skandal In Belle Terre
leise. „Achtzehn lange verlorene Jahre.”
„Gut.” Yancey strich sich das schwarze Haar zurück. „Du hattest Maria seit achtzehn Jahren nicht gesehen, und dann kommt sie gleich mit dir nach Hause?” Yancey schüttelte ungläubig den Kopf. „Das passt nicht zu der Maria, an die ich mich erinnere.”
„Maria Elena ist meine Frau”, sagte Jericho leise. „Wir hatten ein paar Wochen, bevor sie damals überfallen wurde, geheiratet.”
Yancey stieß einen leisen Pfiff aus. „Ach so. Das erklärt manches. Ihr habt euch ja immer sehr gut verstanden. Die hübsche intelligente Maria und der große ritterliche Jericho, der immer auf sie aufpasste.”
Als Jericho den Freund erstaunt ansah, musste Yancey lachen.
„Natürlich ist mir das damals aufgefallen. Ich war vielleicht älter und das schwarze Schaf der Stadt, aber ich hatte doch Augen im Kopf. Jeder wusste es. Aber keiner von uns wäre wohl auf die Idee gekommen …” Er setzte sich gemütlich in seinem Sessel zurecht.
„Umso neugieriger bin ich jetzt und möchte die ganze Geschichte hören. Und bitte von Anfang an.”
Wieder seufzte Jericho leise. „Du hast Recht. Ich hätte dir schon längst alles erzählen sollen.”
Es klopfte, und ohne ein „Herein” abzuwarten, trat Molly O’Brian ein. Mit einem schnellen Hüftschwung stieß sie die Tür hinter sich zu und setzte das Tablett auf Jerichos Schreibtisch ab. Sie warf Yancey einen vorwurfsvollen Blick zu und baute sich vor Jericho auf. „Die Mittagszeit ist längst vorbei, und zum Frühstück haben Sie auch nichts gehabt!”
Obwohl Jericho ihr Vorgesetzter war und sie um einiges überragte, sprach sie mit ihm wie eine Mutter mit ihrem unartigen Kind. „Hier sind ein paar Sandwiches und Kaffee für Sie und Mr. Hamilton. Außerdem noch Zuckerkekse mit besten Grüßen von Ihrer Grandmere. Und ich bestehe darauf, dass Sie alles bis auf den letzten Krümel aufessen. Denn dann funktioniert auch das Gehirn besser.” Sie drehte sich zu Yancey um. „Sie sind verantwortlich dafür, dass er tut, was ich sage. Außerdem könnten Sie selbst etwas mehr Fleisch auf den Rippen vertragen, Yancey Hamilton.”
Als sich die Tür hinter ihr wieder mit einem leisen Klicken geschlossen hatte, sah Yancey den Freund ehrfürchtig an. „Das war Molly O’Brian!”
„Ich weiß.”
„Sie ist doch schon ewig bei der Polizei.”
„Ja.”
„Sie hasst Männer im Allgemeinen.”
„Ich weiß.”
„Aber nicht Jericho Rivers.”
„Nein.”
Yancey musste lachen. „Das ist ja wieder typisch. Mich haben die Frauen gehasst, oder sie waren scharf auf mich. Aber Jericho Rivers haben sie immer nur geliebt. Und Molly ist da keine Ausnahme.”
Jericho hob langsam die Schultern. „Und dennoch habe ich immer nur Maria Elena geliebt. Als sie die Stadt verlassen hatte, habe ich sie gesucht, viele Jahre lang. Und als ich sie nicht finden konnte, habe ich versucht, sie zu hassen. Ich habe den Ehering auf der falschen Hand getragen, als sei ich nur mal verlobt gewesen, und habe versucht, einen Ersatz für sie zu finden. Aber ohne Erfolg.”
Yancey starrte ihn überrascht an. Das war es also. Er wusste, dass viele Frauen hinter Jericho hergewesen waren, früher schon, als er noch Profi-Football-Spieler gewesen war, aber auch später, als er den Sheriffposten übernahm. Er war oft mit Frauen ausgegangen, hatte sie zu Konzerten begleitet, ins Kino und zum Essen ausgeführt. Aber keine hatte ihn je zu einem späten Kaffee in ihrer Wohnung verführen können, und selten kam es zu einem Abschiedskuss. Jericho Rivers war ein eingefleischter Junggeselle.
„Das hatte zumindest jeder geglaubt”, bemerkte Yancey leise.
„Du warst also kein unbeirrbarer Junggeselle, sondern Maria treu.”
Jericho nickte nur und spielte mit dem goldenen Reif.
„Und warum, Jericho?” fragte Yancey. „Ich glaube, da musst du mir noch einiges erklären.”
„Ja”, erwiderte Jericho leise.
Der Kaffee war längst kalt geworden und die Sandwiches durchgeweicht, als Jericho mit seiner Geschichte zu Ende gekommen war und nun schweigend da saß und den Freund abwartend ansah.
„Ein kleines Mädchen?” stieß Yancey wütend hervor. „Diese widerlichen Kerle!”
„Jetzt wird doch alles klarer, oder?”
„Nicht unbedingt. Ich weiß nicht, ob mir deine Geschichte weiterhelfen kann, aber ich werde es versuchen.” Yancey stand auf, griff nach dem Becher und stürzte den kalten Kaffee hinunter. „Und zwar sofort. Ich ruf dich an.” Er zog die
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