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Skandal um Lady Amelie

Skandal um Lady Amelie

Titel: Skandal um Lady Amelie
Autoren: Juliet Landon
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noch nicht unter die Augen gekommen.“
    Trotz ihrer lang gehegten Hoffnungen hätte Caterina nie geglaubt, dass sie an diesem Abend auf die hochmütigen Bewohner Richmonds einen so tiefen Eindruck machen könnte, noch je die Wonne vorausgesehen, zu jedem einzelnen Tanz aufgefordert zu werden.
    Am Nachmittag war in aller Eile eine Robe ihrer Tante, eine schlichte, aber elegante Kreation aus weißer, perlenbestickter Seide, für sie umgearbeitet worden, und als sie nun, einige Schritt hinter Amelie und Lord Elyot, von Lord Seton geführt, den Saal betrat, wandten sich alle Köpfe zu ihr um. Kaum hatte sie ihr blausamtenes Abendcape abgelegt, ließ der Strom junger Herren nicht mehr nach, die, von ihrer Schönheit und Lebhaftigkeit angetan, hier einen neuen Stern am gesellschaftlichen Himmel Richmonds aufgehen sahen.
    Wie zu erwarten, bemerkte sie nur sehr nebenher, dass auch ihre Tante sich gut unterhielt, doch es wäre auch schwierig gewesen, sich zu ihr durchzudrängen, denn Amelie war, wenn sie nicht gerade tanzte, permanent von einer dichten Traube männlicher Bewunderer umgeben. Jedenfalls war es ein äußerst vielversprechender Anfang, auch was die Fürsorge Lord Setons um sie anging. Er erwies sich als der perfekte Kavalier.
    Obwohl das Castle Inn leicht zu Fuß hätte erreicht werden können, hatte Lord Elyot sie in seiner Kutsche abholen lassen; natürlich war es auch viel romantischer, dass einem ein Herr sorgsam beim Einsteigen in eine Kutsche half, als dass man prosaisch mit Überschuhen versehen, die bei der Ankunft erst abgelegt werden mussten, in den Gesellschafts-räumen ankam.
    Die spaßhafte Bemerkung Lord Setons, dass die Herren keine Stiefel tragen würden, hatte Amelie als Hinweis verstanden, eher überelegant als zu einfach gekleidet aufzutreten, was sie und Caterina beherzigt hatten. Dementsprechend erschienen die beiden jungen Lords in Kniehosen, weißen Strümpfen und Frackrock aus feinstem Tuch, und wäre Caterina nicht schon bis über beide Ohren in Lord Seton verliebt gewesen, hätte sie sich glatt in Lord Elyot verguckt, der allerdings ihrer Tante weniger strahlend begegnete als ihr selbst und sogar hin und wieder sehr ernst dreinschaute.
    „Ist Ihr Bruder mit der Erscheinung meiner Tante nicht einverstanden, Lord Seton?“, wisperte Caterina, während sie der Begrüßung durch Mr. Newbrook, den Zeremonienmeister, entgegensahen.
    Der junge Mann tätschelte ihr beruhigend die Hand, was Caterina als ein wenig herablassend empfand, und meinte: „Lächeln sagt nicht immer alles. Ich kann Ihnen versichern, dass mein Bruder Lady Chester kaum höher schätzen könnte.“
    Ob Lord Elyot nun lächelte oder nicht, Amelie konnte sich in der Bewunderung sonnen, die sie seit Sir Josias Tod vermisst hatte. Bereits auf dem Weg zum Castle Inn hatte sie in den Blicken ihres Begleiters unmissverständlich und zutiefst verwirrend sein Verlangen gelesen, die Kutschfahrt länger andauern zu lassen – und zwar nur zu zweit. Dass er sie beim Aussteigen länger als nötig stützte, hatte ihren Verdacht bestätigt, und zur eigenen Überraschung hatte sie gespürt, wie ihr Körper verhalten darauf reagierte, und sich sofort ermahnt, sich niemals mit genau diesem Mann anfreunden zu dürfen.
    Mr. Newbrook begrüßte die illustren Gäste dankbar; ein seltener Besuch, wie er sagte, er fühle sich geehrt, und welch glücklicher Zufall, sie seien rechtzeitig zum Eröffnungstanz eingetroffen; wären Lady Chester und Lord Elyot wohl geneigt, dabei die Führung zu übernehmen?
    Seit mehr als zwei Jahren hatte Amelie nicht mehr getanzt, doch das hätte niemand erraten können, so graziös versank sie in dem ersten Knicks der Tanzfigur, um dann die langsamen, getragenen Bewegungen des Menuetts aufzunehmen. Als sie aller Augen auf sich und ihren Partner gerichtet fühlte, wusste sie, dass sie mit ihrer perlgrauen Seidenrobe von schlichtem, elegantem Schnitt die richtige Wahl getroffen hatte. Statt des für eine Witwe angemessenen Kopfputzes in Form eines Turbans oder Spitzenhäubchens trug sie ihr glänzendes Haar in hoch aufgetürmten, mit Perlenschnüren durchflochtenen Locken, und ihr einziger Schmuck war ein Collier mit einem großen, von Perlen umgebenen Brillanten, ein exquisites Kleinod, das funkelnd die Aufmerksamkeit auf ihr Dekolleté lenkte. Hocherfreut nahm sie zur Kenntnis, dass Lord Elyot kaum den Blick von ihr abwandte.
    Als der Tanz endete, führte Lord Elyot sie, noch ehe jemand anders sich um sie bemühen
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