Skandal um Lady Amelie
nun sollten wir endlich etwas unternehmen, damit wir sie finden, ehe ihr etwas Schlimmes zustößt.“
Er sprang auf und fasste Amelie bei den Ellenbogen, damit sie ihm nicht ausweichen konnte. „Hör zu, das hättest du nicht tun müssen. War es wegen Hurst? Hat Elyot diese … Sache … mit Josiah herausbekommen?“
„Er weiß von dem Duell, ja. Hurst ist jetzt in London.“
„Ah! Ich hätte schon eher kommen sollen. Ich hätte nie gewollt, dass du an einen Mann wie Elyot gebunden bist, einen Mann, der Frauen benutzt und sie dann fallen lässt. Es muss für dich sehr schmerzlich sein – nach Josiah. Er war so …“
„Ja, Stephen, ich weiß. Aber ich musste Lord Elyots Schweigen erkaufen, mir blieb keine Wahl, denn er konnte Hurst Paroli bieten. Der wird uns nicht mehr belästigen. Aber jetzt müssen wir nach Caterina suchen. Du hast auf dem Weg hierher nicht zufällig ein einsames weibliches Wesen gesehen?“
„Nein. Wo wohnt dieser Gesangslehrer? Vielleicht ist sie bei ihm.“
Doch auch da war Caterina nicht, und der Rest des Tages ging dahin, indem sie die Umgebung Baths absuchten – vergebens. Kehrte einer der ausgesandten Diener zurück, wurde er gleich erneut in eine andere Richtung fortgeschickt, während Amelie, krank vor Sorge, im Hause blieb, um etwaige Neuigkeiten entgegenzunehmen. Sie konnte nicht essen, nicht trinken und hastete von einem Fenster zum anderen, hinter denen der Regen niederpeitschte, während langsam die Nacht hereinbrach. Schließlich warf sie sich einen warmen Schal um und wartete in stummem Gebet an der offenen Haustür, ob das Mädchen, das ihr ans Herz gewachsen war, nicht doch auf wundersame Weise erscheinen werde.
Abgehärmt von den fruchtlosen Anstrengungen, kehrte Stephen schließlich zurück. „Nichts“, murmelte er, „keine Spur“, und schwankte erschöpft die Stufen zum Portal hinauf, wo Amelie den Arm um ihn legte, mehr um sich selbst als um ihn zu trösten.
„Komm herein, du zitterst ja“, sagte sie.
Als sie Hufschlag und Räderrumpeln hörte, schaute sie resigniert über seine Schulter die Straße entlang. Wahrscheinlich nur ein Nachbar. Dann rief der Kutscher schon herüber: „Ist dies Lansdown, Madam? Lady Chesters Wohnsitz?“
„Hier!“, rief Amelie schrill. „Hier ist es!“ Sie stieß Stephen zur Seite und flog förmlich die Stufen hinab, über das Pflaster zum Wagen und wollte den Schlag aufreißen, der jedoch von innen geöffnet wurde. Heraus sprang Lord Seton, noch ehe die Räder der Kutsche völlig still standen.
„Gehen Sie hinein!“, rief er barsch. „Sie werden völlig durchnässt! Caterina ist bei uns. Wir bringen sie ins Haus. Nick ist auch hier.“
„Caterina?“, keuchte sie mit sich überschlagender Stimme.
„Ja. Gehen Sie hinein.“ Er beugte sich in den Wagen, nahm das Mädchen auf die Arme und trug es eilig an Amelie vorbei in die Halle, wo verblüfft und sprachlos Caterinas Vater und die Haushälterin standen.
Die Anspannung wich aus Mrs. Braithwaites Zügen. Erleichtert seufzte sie: „In ihr Zimmer, Mylord. Dort hinauf.“
9. KAPITEL
Die Erleichterung, dass Caterina heil wieder da war, war groß, doch es blieb Amelie und Lord Elyot nur Zeit, einen sprechenden Blick auszutauschen, denn sie musste sich den beiden erschöpften Chesters widmen. An seiner grimmigen Miene erkannte sie allerdings, dass er bald nach einer Erklärung verlangen würde. Dennoch erfreute sie seine Anwesenheit in Bath sehr – doch das würde sie erst zugeben, wenn sie wusste, dass er ihretwegen gekommen war.
Aus Caterina war zuerst einmal nichts herauszubekommen. Träge und benommen murmelte sie nur, dass sie zu Pferde nach Richmond aufgebrochen war, um Lord Seton zu suchen, da er nicht zu ihr gekommen war. Sie war überzeugt gewesen, dass ihr das ein Leichtes sein müsste – eine grobe Selbstüberschätzung, die natürlich der hohen Dosis Laudanum zuzuschreiben war. Wieso sie ausgerechnet von dem, den sie gesucht hatte, aufgelesen und zurückgebracht worden war, fragte Amelie vorerst nicht. Vermutlich war es reiner Zufall.
Zwar war Caterina sehr benommen, und von Zeit zu Zeit überfiel sie ein heftiges Zittern, ansonsten war sie jedoch unversehrt, wusste aber nicht, welcher Tag war und wo sie sich befand. Nur der Anblick ihres Vaters ließ ihr Gesicht in einem engelhaften Lächeln erstrahlen.
Amelie überließ sie der Fürsorge der beiden Zofen und kehrte in den Salon zurück, wo trotz der Erleichterung über Caterinas glückliche
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