Skandal um Lady Amelie
verstehe. Aber brachtest du damit nicht ein großes Opfer?“
„Nick, ich war noch sehr jung, voller Ideale, eine ihrer Pflicht bewusste Tochter. Ich wollte einem so gütigen Mann wie Josiah nicht wehtun. Weißt du, er betete mich an, und da mir die Liebe noch nicht begegnet war, wusste ich nicht, worauf ich verzichtete, außer auf leibliche Kinder.“ Ihr versagte die Stimme, dann fügte sie rau hinzu: „Dieser Verzicht jedoch schmerzte mich sehr.“ Sie wandte den Kopf ab, doch sanft zog Nick sie zu sich heran und schaute sie an. Ihre Züge waren vor Qual verzerrt, und in ihren schönen Augen standen Tränen. „Ich hielt es für meine Pflicht, Nick“, hauchte sie, „und er bot mir so viel, denn er bot mir die Möglichkeit, meinen nicht mehr jungen Eltern gefällig zu sein.“
Vier Jahre lang, zuerst als Ehefrau, dann als Witwe, hatte sie diese Bürde getragen, doch nun, da sie zum ersten Mal darüber sprach, Worte dafür fand, wurde ihr verzweifelt bewusst, wie sehr sie unter ihrer Kinderlosigkeit litt und wie stark die Vorstellung sie bedrückte, bei allem, was sie unternahm, nur versagt zu haben. „Nick“, schluchzte sie, „Nick … ich will dir sagen … ehe du … ehe du gehst … ich … ich liebe dich. Das sollst du wissen.“
Sanft wiegte er sie an seiner Brust, schob ihr mit einer zärtlichen Geste das wirre Haar aus der Stirn und tupfte ihr die Tränen ab. „Still, still, mein Herz, was redest du? Warum sollte ich gehen? Ich weiß, dass du mich liebst. Ich muss dir doch nur in die Augen schauen, dort kann ich es lesen. Na, na, still jetzt … ich verlasse dich nicht. Dir macht deine Abkunft Kummer, nicht mir, meine Süße. Ich habe die Frau gefunden, die ich liebe, die ich heiraten werde, mit der ich Kinder haben will, und es schert mich den Teufel, wer ihre Eltern sind. Übrigens glaube ich, dass dein gütiger Josiah dir nicht ganz die Wahrheit sagte, um den Ruf deiner leiblichen Mutter nicht zu schädigen. Komm, Liebste, hör auf zu weinen. Was immer du an Ausreden findest, du wirst mich nicht los. Sag mir noch einmal, dass du mich liebst.“
„Ich liebe dich, Nick, mein Liebster, mein Herz“, sagte sie unter Schluchzen. „Ich liebe dich, und ich kann den Gedanken kaum ertragen, dich zu verlieren.“
„Du wirst mich nicht verlieren, mein Engel. Sagte ich nicht von Anfang an, dass diese Verlobung halten würde?“ „Und du hast wahrhaftig in mir die Frau gefunden, die du liebst?“ „Ja, wahrhaftig. Soll ich dir etwas sagen? Als ich dich damals in London zum ersten Mal sah, hätte ich mich dir beinahe zu Füßen geworfen. Vom ersten Augenblick an bin ich zutiefst und unsterblich in dich verliebt gewesen; ich hätte jede, aber auch jede List eingesetzt, um dich zu gewinnen, meine widerspenstige Witwe. Außer dir wusste jedermann, wie sehr ich dich liebe, also nutzt es nichts, deinen windigen Stammbaum vorzuschieben, um mich zu vergraulen.“
„Aber offensichtlich weiß auch jedermann, wie wichtig dem Adel die richtige Abstammung ist. Dein Vater wird mich nicht akzeptieren, wenn er es erfährt, Nick, und ich würde ihn nicht belügen wollen. Außerdem hast du selbst mir gesagt, dass deine Mutter einen Skandal nicht dulden würde.“
Als er schweigend aus dem Bett schlüpfte, glaubte Amelie, er ringe um eine Antwort, doch im nächsten Moment hatte er sie in die seidene Bettdecke gehüllt und trug sie auf seinen Armen zum Feuer, wo er sich mit ihr auf dem Schoß in einen Sessel sinken ließ.
„Was sagten Sie doch gleich, Mylady?“, fragte er gespielt harmlos.
„Ah, das war alles nur Unsinn, nur vorgeschoben, nicht wahr, Mylord ? Aus verlässlichem Munde hörte ich, dass gegen das skandalöse Betragen deiner Mutter die Chesters nachgerade achtbar daherkommen. Wie konntest du mir solchen Schwindel auftischen, nur um mich ins Bett zu bekommen?“
Da er gerade zärtlich an ihrem Nacken knabberte, klang seine Antwort ein wenig undeutlich. „Ich gestehe, ich tat es, um dich mir zu verpflichten. Und ich wollte dich ja nicht nur fürs Bett, da ist eine kleine List wohl erlaubt. Verzeih mir, mein geliebtes Herz, irgendwie musste ich dich halten, da du so entschlossen warst, mich abzuweisen. Sag, vergibst du mir?“
Sie konnte kaum glauben, wie ihr geschah. „Du Schuft“, flüsterte sie, sich liebevoll an ihn schmiegend. „Wundert es dich, dass ich dir auswich, nachdem mir dein Ruf zu Ohren kam? Wäre Caterina nicht gewesen, hätte ich deinem schimpflichen Verlangen nie nachgegeben.
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