Skandal um Prinzessin Natalia (Julia) (German Edition)
…“
„Natalia“, korrigierte sie steif.
„Ein normaler Büroangestellter hat einfach keine zweistündige Lunch-Pause inklusive Hummer und Champagner.“
„Wein.“
Seine Miene verfinsterte sich. „Solange Sie hier arbeiten …“
„Aber ich bin hier nicht angestellt“, erinnerte Natalia ihn spröde. „Ich absolviere nur ein Praktikum.“
„Und für diese Zeit bin ich Ihr Boss und werde es nicht akzeptieren, dass Sie mein Büro in einen Prinzessinnen-Zirkus verwandeln!“
„Die Geister, die ich rief …“, murmelte sie herausfordernd. „Vielleicht hätten Sie darüber nachdenken sollen, bevor Sie mir diese alberne Wette aufgezwungen haben.“
Sekundenlang starrte er sie nur stumm an, und erst jetzt wurde Natalia bewusst, wie gefährlich nahe sie sich waren. Hätte sie sich nur wenige Zentimeter vorgebeugt, könnte sie ihn küssen. Wie sich seine strengen Lippen wohl auf ihren anfühlen mochten? Hart und fordernd? Zärtlich und voller Verlangen? Und ob er beim Küssen endlich einmal seine verdammte Kontrolle verlieren würde?
Neugierig war sie schon. Wenn ihr Herz nur nicht so laut schlagen würde. Ob er es auch hörte? Es wäre so einfach … und gleichzeitig völlig unmöglich. Sie spielte jetzt schon viel zu lange mit dem Feuer und sollte …
„Verstehe“, sagte Ben hart. „Sie wollen Ihre Revanche.“
Innerlich seufzend zuckte sie mit den Schultern. Was sie zu ihrem absurden Verhalten trieb, konnte sie sich selbst nicht erklären. Dabei war sie heute Morgen voller guter Absichten hierhergekommen und hatte sich einzig und allein vorgenommen, Ben Jackson mit echter Leistung zu überzeugen. Und wo stand sie jetzt, nach gerade mal einem halben Tag?
Plötzlich verspürte Natalia so etwas wie Scham, hauptsächlich gegenüber ihren Kollegen. Dabei hatte sie das Geplauder mit ihnen genossen und sich quasi nur für ihre Freundlichkeit revanchieren wollen, als sie die anderen zum Essen eingeladen hatte. Erst als Ben dazukam, geriet alles irgendwie in ein schiefes Licht. Und sie selbst führte sich unmöglich auf, nur um ihm eins auszuwischen.
Wenn sie ihn ansah, wie er sie voller Missbilligung, ja fast Verachtung, musterte, fühlte sie sich von einer Flut widerstreitender Gefühle heimgesucht: Reue, Widerstand, Stolz und Kränkung. Alles war durcheinander. Er brachte alles durcheinander!
„Soll ich jetzt zurück an meine Arbeit gehen?“
Ben lachte humorlos. „Sie meinen, in Ihrem Praktikum fortfahren? Na los, verschwenden Sie ruhig weiter jedermanns Zeit, Prinzessin !“
Zurück an ihrem Platz hielt Natalia den Kopf gesenkt, um ihre Tränen vor den anderen zu verbergen. Francesca reichte ihr stumm einen weiteren Stapel zum Kopieren. „Danach kannst du sie dort drüben einsortieren“, sagte sie freundlich und wies auf einen grauen Stahlschrank in einer Ecke.
„Ihr habt ja schon so viele Unterlagen!“, staunte Natalia. „Wofür braucht ihr noch mehr? Ich dachte, dieses Büro existiert nur für ein paar Wochen.“
„Einen Monat“, bestätigte Francesca. „Aber es gibt eine Menge unterschiedlichen Papierkram zu bewältigen. Rechtliche Angelegenheiten, Versicherungspolicen …“
„Verstehe …“, Natalia schnappte sich den bereits kopierten Stapel und wandte sich dem Schrank zu. „Wo kommen diese hier hin?“
„Alles ist in alphabetischer Reihenfolge geordnet. Siehst du die Kennzeichnung an den einzelnen Fächern? Es sortiert sich quasi von allein.“
„Tatsächlich.“ Es war ein einfaches, gängiges System, das wusste Natalia. Trotzdem spürte sie die vertraute Panik in sich aufsteigen. Francesca kehrte an ihren Arbeitsplatz zurück, und Natalia legte die Kopien oben auf den Schrank. Dann schluckte sie trocken und wischte die feuchten Hände unauffällig an ihrem Rock ab. Sie musste sich konzentrieren und diesen ersten Stapel langsam und überlegt ablegen. Alles andere würde dann wie von selbst gehen.
Doch allein die Papiere auf dem Schrank liegen zu sehen, war wie am Fuß des Mount Everest zu stehen und sich mit einer Lawine konfrontiert zu sehen, die sie zu überrollen drohte.
Nach dem missglückten Lunch war die Stimmung im Büro ziemlich gedämpft, was nicht gerade dazu beitrug, Natalias wankendes Selbstvertrauen zu stärken. Dann kam auch noch Ben aus seinem Büro und warf ihr einen vernichtenden Blick zu, bevor er das Gebäude verließ. Danach war die allgemeine Stimmung spürbar lockerer, und besonders die Frauen fanden schnell zum leichten Ton vom Vormittag
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