Skandal
Mädchen.
»Simon?« Emily sah ihn mit einem fragenden Blinzeln an.
»Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, aber ich glaube, es gibt ein oder zwei Dinge, die ich dringend in der Bibliothek zu erledigen habe«, sagte Simon geistesabwesend und erhob sich.
Er hatte sich dreiundzwanzig Jahre lang an seine Vergangenheit geklammert. Das hatte ihm Willenskraft und Festigkeit verliehen. Aber jetzt ging ihm plötzlich auf, daß er an dem Tag, an dem er Emily geheiratet hatte, in der Zukunft Fuß gefaßt hatte, ob er es nun wollte oder nicht.
Simon kämpfte immer noch mit der Vorstellung einer Emily, die von seinen Kindern umgeben war, und er fühlte sich immer noch verwirrt und unsicher, als er am Abend einen seiner Clubs betrat.
Wie das Schicksal es so wollte, waren die beiden ersten Männer, die er sah, Canonbury und Peppington.
Vor seinem inneren Auge sah er Canonburys alberne Enkelin, die in einem Ballsaal in Ohnmacht fiel, und er dachte an Peppingtons ernsten jungen Enkel und malte sich aus, daß er sich mit der Verwaltung von Land beschäftigen wollte. Mit einem tiefen Seufzen durchquerte er den Raum und ging auf seine beiden alten Feinde zu.
Simon machte Canonbury und Peppington das Angebot, ihnen den Kanal zu verkaufen, ehe er sich noch einmal Gelegenheit dazu gab, darüber nachzudenken. Die Betäubung und Verblüffung auf den Gesichtern der beiden älteren Männer war extrem befriedigend.
Canonbury stand mit quälender Langsamkeit auf. »Ich bin Ihnen zutiefst dankbar, Sir. Mir ist durchaus bewußt, daß Sie noch vor kurzem ganz andere Absichten hatten. Absichten, mit denen Sie Peppington und mich ruiniert hätten. Darf ich fragen, was Sie bewogen hat, es sich doch noch anders zu überlegen?«
»Das ist doch nicht etwa wieder einer Ihrer Tricks, Blade?« fragte Peppington argwöhnisch. »Sie haben uns sechs Monate lang zittern lassen. Weshalb sollten Sie uns jetzt erlösen?«
»Meine Frau sagt mir, ich sei von Natur aus nobel und großmütig«, sagte Simon mit einem kalten Lächeln.
Canonbury setzte sich abrupt hin und griff nach seinem Portwein. »Ich verstehe.«
Peppington erholte sich soweit von seinem Erstaunen, daß er Simon abschätzend mustern konnte. »Ehefrauen sind außerordentlich seltsame Geschöpfe, nicht wahr, Sir?«
»Sie neigen jedenfalls bestimmt dazu, das Leben eines Mannes komplizierter zu gestalten«, stimmte Simon ihm zu.
Peppington nickte und schaute nachdenklich. »Ich danke Ihnen für Ihre Großzügigkeit, Sir. Canonbury und ich sind uns durchaus bewußt, daß wir sie nicht verdient haben. Was vor dreiundzwanzig Jahren passiert ist, war... von uns beiden unrecht.«
»Wir stehen in Ihrer Schuld, Blade«, murmelte Canonbury.
»Nein«, sagte Simon. »Sie stehen in der Schuld meiner Frau. Vergessen Sie das besser nicht.« Er machte auf dem Absatz kehrt und ließ die beiden alten Männer stehen, die er dreiundzwanzig Jahre lang gehaßt hatte.
Als er in die Nacht hinaustrat, nahm er vage wahr, daß sich in seinem Innern etwas gelöst hatte, daß er sich freier, ungezwungener und weniger beklommen fühlte. Es war, als hätte er gerade eine rostige alte Kette gelöst und einen Teil von sich selbst freigelassen, der sehr lange Zeit eingesperrt gewesen war.
Die verzweifelte Nachricht von Broderick Faringdon traf am nächsten Tag ein. Emily war gerade dabei, sich mit Simons Koch zu besprechen. Die Beratung war in eine ziemlich lautstarke Diskussion übergegangen.
»Ich habe nichts dagegen, wenn ein paar von Ihren wunderbaren exotischen Spezialitäten aus Südostasien auf dem Büffet stehen«, sagte Emily streng zu dem fremdartigen kleinen Mann, der einen goldenen Ohrring an einem Ohr trug. »Aber wir müssen auch daran denken, daß die meisten Gäste mit solchen ausländischen Delikatessen nicht vertraut sind. Die Engländer sind in ihren Eßgewohnheiten nicht gerade furchtbar experimentierfreudig.«
Smoke richtete sich auf und nahm eine stolze Haltung ein. »Seine Lordschaft hat sich nie über meine Kochkünste beschwert.«
»Nein, natürlich hat er sich nie darüber beklagt«, sagte Emily begütigend. »Sie kochen phantastisch, Smoke. Aber ich fürchte, der Gaumen Seiner Lordschaft ist bei weitem verwöhnter und anspruchsvoller als der von vielen Leuten, für die Sie bei der Soiree kochen werden. Wir reden hier von Menschen von der Sorte, die eine Mahlzeit nicht als komplett empfinden, wenn sie nicht jede Menge gekochte Kartoffeln und ein großes Stück Rinderbraten vorgesetzt
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