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Skandal

Titel: Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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»Das hat Miss Inglebright auch schon gesagt.«
    »Der Junge und seine Mutter sind fortgegangen, nachdem der Vater gestorben ist. Eine sehr betrübliche Situation, das kann man wohl sagen.« Mrs. Ludlow wirkte, als würde sie noch mehr dazu sagen, doch dann überlegte sie es sich abrupt anders. Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Machen Sie sich nichts daraus, meine Liebe. Das ist alles viele Jahre her, und sicher hat es heute keine Bedeutung mehr. Nun, Emily, Sie werden dann morgen abend wohl Ihr bestes Kleid tragen, nicht wahr?«

Emily lächelte und fragte sich, ob jetzt die Strafpredigt und die Warnung folgen würden. »Das habe ich vor«, sagte sie mit einem winzigkleinen Anflug von Trotz.
    »Gut so. Sehr gut. Junge Leute sollten ihren Spaß haben, wenn es irgend geht. Und jetzt fort mit Ihnen. Ich bin sicher, daß die Armen von Little Dippington äußerst dankbar für die Kleider sein werden, die Sie heute nachmittag vorbeigebracht haben.«
    Es kam also nicht zu einer Warnung. Emily seufzte vor Erleichterung tief auf, als sie sich an den Ort begab, an dem sie ihre Stute festgebunden hatte. Dennoch war es verwunderlich. Niemand schien das Gefühl zu haben, sie sollte das Flirten mit dem Earl unterlassen. Anscheinend fühlte sich auch niemand genötigt, Blade zu warnen und ihm den unseligen Vorfall zu berichten.
    Emily fing schon an, sich zu fragen, ob die braven Bürger von Little Dippington tatsächlich hofften, die Romanze würde einen glücklichen Ausgang nehmen. Aber früher oder später würde irgend jemand sich gezwungen sehen, ihm etwas zu sagen.
    Als Simon am kommenden Donnerstag nachmittag zum Treffen des Literarischen Zirkels erschien, war Emily endgültig gezwungen zuzugeben, daß die Dinge allmählich in ein peinliches Stadium gerieten. In ihrem tiefsten Innern wußte sie, daß sie es Simon einfach nicht gestatten durfte, so offen um sie zu werben, wenn doch alles so hoffnungslos war.
    Schuldgefühle begannen an ihr zu nagen. Sie wußte, daß sie nicht viel länger einfach zusehen und den Dingen ihren Lauf lassen konnte. Skandale kamen immer ans Licht, früher oder später. Wenn niemand anderes das sagen würde, was gesagt werden mußte, dann würde sie die schreckliche Aufgabe eben selbst übernehmen müssen.
    Ihr graute mehr vor dem Augenblick der Wahrheit, als ihr je in ihrem ganzen Leben vor etwas anderem gegraut hatte. Aber sie rief sich ins Gedächtnis zurück, daß sie von Anfang an gewußt hatte, daß die Liebe, die sie für den Earl of Blade verspürte, dem Untergang geweiht war. Es war jetzt an der Zeit, diesem romantischen Theater ein Ende zu setzen.

4
    Als der schottische Reel endete, hatte Emily das Gefühl, daß sie zu fröhlich lachte und sich zu glücklich fühlte. Sie war unnatürlich heiter gestimmt, und sie kannte den Grund dafür. Sie sammelte Kräfte und wappnete sich gegen die Aufgabe, die ihr bevorstand.
    Ihr Gewissen erlaubte es ihr nicht länger, es vor sich herzuschieben. Sie mußte Simon von dem Skandal berichten.
    Als sie sich an jenem Abend für den Ball der Gillinghams angekleidet hatte, hatte sie sich gelobt, daß sie ohne weiteren Aufschub tun würde, was getan werden mußte. Wenn sie die Phantasiewelt, in der sie lebte, auch noch so sehr genoß, dann wußte Emily doch, daß sie sich nicht länger damit abfinden konnte, tatenlos abzuwarten, bis die Axt auf ihren Nacken fiel. Je länger es so weiterging, desto mehr würde sie sich selbst bemitleiden, wenn Simon schließlich hinter die Wahrheit kam und sich voller Abscheu von ihr abwendete.
    Sie hatte sich bewußt entschieden, ihr bestes Kleid zu tragen, das die Näherin der Ortschaft für sie geschneidert hatte. Heute abend trug sie zum ersten Mal das zartgrüne Musselinkleid, das mit gelben Bändern und etlichen Reihen von breiten Rüschen eingefaßt war. Ihr Lorgnon baumelte unauffällig an einem der Bänder ihres Kleides.
    Das Lorgnon war lästig, aber Emily war nicht bereit, an jenem Abend ihre Brille zu tragen.
    Der tiefe Ausschnitt des Kleides mit der hochangesetzten Taille war so geschnitten, daß er einen prächtigen Busen zeigte. Als sie es bestellt hatte, hatte sich Emily irgendwie erhofft, es würde ihre alles andere als beeindruckenden Kurven größer erscheinen lassen. Als sie sich am frühen Abend angekleidet hatte, hatte sie jedoch bekümmert festgestellt, daß es dem Kleid lediglich gelang, die Aufmerksamkeit auf ihre kleine Gestalt und ihre wenig ausgeprägten Formen zu lenken.
    »Ganz und gar

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