Skeleton Key: Alex Riders Dritter Fall
Kartons gestürzt und hatte viele unter sich zerquetscht. Er war bewusstlos, halb unter einer Schicht Erdbeeren begraben, und sein Kopf ruhte auf einem blutroten Erdbeerkissen. Alex stand an der Tür, stützte sich mühsam gegen den Türrahmen und ließ die kalte Luft über sich strömen. Im Kühlraum, direkt neben der Tür, war ein Thermostat angebracht. Draußen war es heiß; die Erdbeeren mussten gut gekühlt werden.
Alex warf einen letzten Blick auf den Mann, der versucht hatte, ihn umzubringen.
»Kaltgestellt«, murmelte er.
Dann stellte er den Thermostat neu ein, sodass die Temperatur unter Null absinken würde.
Kalt. Kälter. Eiskalt.
Er schlug die Tür zu und humpelte mit schmerzverzerrtem Gesicht zum Ausgang.
Der »Cribber«
D er Mechaniker brauchte nur ein paar Minuten, um den Wasserautomaten auseinanderzunehmen. Er griff hinein und löste vorsichtig ein dünnes Glasröhrchen aus dem Gewirr von Kabeln und Schaltkreisen.
»Das war in den Filter eingebaut«, sagte er und hielt das Röhrchen hoch. »Es hat ein Ventilsystem. Sehr clever.«
Er reichte das Glasröhrchen einer streng aussehenden Frau, die es ins Licht hielt und den Inhalt prüfte. Es war etwa zur Hälfte mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt. Sie schüttelte es leicht, ließ einen Tropfen auf ihren Zeigefinger fallen und roch daran. Ihre Augen wurden schmal. »Librium«, verkündete sie. Ihre Stimme klang knapp, präzise und sachlich. »Eine heimtückische Droge. Ein Kaffeelöffel voll reicht, um einen Menschen auszuschalten. Aber wenn es nur ein paar Tropfen sin d … nun, man wäre wahrscheinlich nur ein wenig verwirrt, nicht ganz auf der Höhe.«
Das Restaurant und der gesamte Millennium-Bau waren für die Nacht geschlossen worden. Neben der Frau standen drei Männer, einer von ihnen war John Crawley. Neben ihm stand ein Polizist in Uniform, offensichtlich bekleidete er einen höheren Rang. Der dritte Mann war weißhaarig und sehr ernst; er trug die Krawatte des Wimbledon-Clubs. Alex saß abseits. Er war plötzlich sehr müde und fühlte sich fehl am Platz. Abgesehen von Crawley wusste niemand, dass er für MI6 arbeitete. Die anderen Männer hielten ihn nur für einen Balljungen, der irgendwie zufällig in diese Sache hineingestolpert war.
Alex trug jetzt seine eigene Kleidung. Er war noch einmal umgekehrt und hatte den Thermostat der Kühltruhe höher gestellt. Schließlich sollte der Chinese nicht erfrieren. Dann hatte er Crawley angerufen, eine heiße Dusche genommen und sich umgezogen. Seine Balljungen-Uniform hing im Schrank. Irgendwie hatte er geahnt, dass er sie an diesem Tag zum letzten Mal getragen hatte. Aber er fragte sich, ob man ihm erlauben würde, die Shorts, das Hemd und die Hightech-Trainers mitzunehmen, auf deren Zungen das Clublogo mit den Rackets gestickt war. Gewöhnlich durften die Balljungen und -mädchen die Uniform anstelle einer Bezahlung behalten.
»Dürfte ziemlich klar sein, was hier vor sich ging«, sagte Crawley gerade. »Sie erinnern sich vielleicht, dass ich mir wegen des Einbruchs Sorgen machte, der hier stattfand, Sir Norman.« Er sprach nun zu dem Mann mit der Clubkrawatte. »Nun, offenbar hatte ich Recht. Sie wollten gar nichts stehlen, sondern die Wasserspender manipulieren. Im Restaurant, in der Lounge, wahrscheinlich sogar überall im Gebäude. Ferngesteuer t … stimmt’s, Henderson?«
Henderson war der Mann, der den Wasserautomaten auseinandergenommen hatte. Auch er arbeitete für MI6. »Richtig, Sir«, bestätigte er. »Der Automat funktioniert absolut normal und gibt gekühltes Wasser aus. Sobald er aber ein Funksignal empfäng t – das von unserem Freund mit dem falschen Handy ausgelöst wurd e –, werden ein paar Milliliter von dieser Droge, Librium, in das Wasser gespritzt. Zu wenig, um bei einer Blutprobe festgestellt zu werden, falls ein Sportler eine Stichprobe abliefern muss. Aber doch genug, um seine Spielfähigkeit herabzusetzen.«
Alex erinnerte sich, wie der deutsche Spieler, Jamie Blitz, nach seiner Niederlage vom Platz geschlichen wa r – benommen und irgendwie ein wenig daneben. Also war es wohl doch mehr gewesen. Blitz hatte unter Drogen gestanden.
»Das Zeug ist farblos«, fügte die Frau hinzu, »und praktisch geruchlos. In einem Becher voll eisgekühltem Wasser ist es nicht zu bemerken.«
»Aber ich verstehe die Sache trotzdem nicht!«, mischte sich Sir Norman ein. »Wozu das alles?«
»Ich glaube, ich kann die Frage beantworten«, sagte der Polizist.
Weitere Kostenlose Bücher